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Industrie warnt Regierung vor Aktionismus

15. Juni 2009

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, hat den Staat zur Zurückhaltung bei der Rettung von Firmen aufgerufen und die Opel-Hilfen kritisiert. Kanzlerin Angela Merkel widersprach dem.

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BDI-Präsident Hans-Peter Keitel (Foto: dpa)
BDI-Präsident Hans-Peter Keitel fordert Sozial-ReformenBild: dpa

Zum Auftakt der BDI-Jahrestagung sagte Keitel am Montag (15.06.2009) in Berlin: "Der Staat kann nicht jedes Unternehmen retten. Er würde sich dramatisch überheben." Zugleich kritisierte er das Opel-Rettungspaket. Im Fall Opel zeige die Politik Verhaltensmuster, die sie den Unternehmen vorwerfe: "Sie verhält sich kurzfristig, interessengetrieben und riskant." So habe etwa ein Mittelständler kein Verständnis dafür, dass ein Opel-Arbeitsplatz mit 200.000 Euro gerettet werde, während er selbst keinen Kredit in dieser Größenordnung bekomme, kritisierte Keitel.

Warnung vor der Kreditklemme

Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf drängte die Regierung deshalb dazu, die Liquidität der Unternehmen zu sichern. Noch in dieser Woche, aber auf jeden Fall vor Beginn der Sommerpause müsse das Problem der Kreditversicherung gelöst werden. "Die Gefahr wächst, dass an sich gesunde Unternehmen in eine Liquiditätsklemme geraten und damit ganze Teile der Lieferkette weg brechen", sagte Schnappauf.

Merkel verteidigt Opel-Hilfe

Industrie-Arbeiter vor Hochofen (Foto: dpa)
Nach Ansicht des BDI ist die Krise noch lange nicht vorbeiBild: picture-alliance/ dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält im Gegensatz zu Keitel angesichts der Wirtschaftskrise staatliche Hilfen in den nächsten Monaten weiter für notwendig. "Die Kreditvergabe wird so beschränkt sein in diesem Sommer, dass wir das Bürgschaftsprogramm weiter brauchen", sagte sie beim "Tag der Wirtschaft" des BDI. Es werde aber bei der Vergabe von Hilfen klare Richtlinien geben.

Merkel verwies zugleich auf die verweigerte Bürgschaft für den Kaufhauskonzern Arcandor und verteidigte erneut die Opel-Hilfen. Das Unternehmen habe offenbar unter dem Missmanagement der Mutter General Motors gelitten, aber gute Produkte. Auch wenn es Überkapazitäten am Automarkt gebe, könne es nicht sein, "dass wir die Marktbereinigung für die Welt" machen, sagte sie. "Ich kann nicht die Augen verschließen, was andere Länder für ihre Arbeitsplätze machen."

Auch Steinmeier und zu Guttenberg nehmen teil

Neben Merkel nehmen auch SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und viele Top-Manager an der Jahrestagung teil. Angesichts einer Rekordneuverschuldung und rückläufiger Steuereinnahmen mahnte Keitel die Regierung zu einer "wirklichen Reform unserer Sozialsysteme". Der BDI-Präsident erwartet auch im nächsten Jahr keinen Aufschwung. Die Industrie müsse sich auf einen "Mittelstreckenlauf" einstellen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie vertritt in seinen 36 Mitgliedsverbänden mehr als 100.000 Unternehmen mit acht Millionen Beschäftigten. (mm/wl/dpa/ap/rtr)