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Bis es dunkel wird

12. Juni 2009

Die indische Wirtschaft hat in den vergangenen fünf Jahren unglaubliche Wachstumszahlen von bis zu 9 Prozent verbucht. Doch noch immer ist die aufstrebende Wirtschafsmacht Indien das Land mit den meisten Kinderarbeitern.

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Nach Angaben der Regierung arbeiten rund 13 Millionen Kinder zwischen 5 und 14 Jahren in Indien. Sie arbeiten und leben in Steinbrüchen, um mit einem Hammer aus einem Gesteinsbrocken kleine Kiesel für die Bauindustrie zu machen. Der kleine Raj Kumar und seine Geschwister kennen nichts anderes. "Ich mag das nicht. Aber wenn wir hart arbeiten, verdienen wir Geld für unsere Eltern. Ich arbeite bis es dunkel wird." Zwischen 8 und 10 Euro im Monat für einen Knochenjob.

Andere Kinder schuften bis zu zwölf Stunden am Tag versteckt in der Streichholz- und in der Teppichindustrie. Oder sie arbeiten mit Feuer, Blech und Metall, und stellen in Hinterhöfen Werkzeuge, Schlösser und Schmuck her. Viele Kinder sind Glasbläser. Und setzt man die Altersgrenze höher an als 14 Jahre, steigt die Zahl der Kinderarbeiter sogar noch mal rapide an. Hilfsorganisationen sprechen von bis zu 100 Millionen.

Wirtschaftsfaktor Kinderarbeit

BdT Indien, Demo gegen Kinderarbeit
Bild: AP

Weil die allermeisten Kinder außerhalb der organisierten Wirtschaft arbeiten, ist es schwierig, sie zu erreichen. Sie schuften als Diener in privaten Haushalten. Sie ackern in der Landwirtschaft – entweder für die eigene Familie oder für einen Großgrundbesitzer. Viele Eltern verpfänden ihre Kinder als Arbeitskräfte, um Schulden abzubezahlen. Ein ganzes Heer von Kindern sammelt Müll wie Rajesh. "Ich hatte nichts zu essen und kein Geld. Da habe ich angefangen Flaschen zu sammeln. Pro Flasche gibt mir der Müllhändler ein bis zwei Rupien. Davon kaufe ich mir was zu essen. Da vorne an der Kreuzung schlafe ich."

Gesetze ohne Wirkung

Andere Kinder betteln auf der Straße. Es gibt professionelle Bettlerringe, die Kinder aushungern oder absichtlich verletzten, damit sie mehr Mitleid erregen. In Indien existieren seit mehr als 20 Jahren Gesetze gegen Kinderarbeit, und speziell in der Teppichindustrie gibt es auch Fortschritte. Aber nach wie vor fällt es dem Staat schwer, Verbote durchzusetzen. Rund 300 Millionen Menschen des Milliardenvolkes leben immer noch unterhalb der Armutsgrenze. Viele Familien sind auf die Arbeit ihrer Kinder angewiesen, um ihr Überleben zu sichern. Den betroffenen Eltern und den lokalen Behörden fehlt häufig das Unrechtsbewusstsein.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Mathias Bölinger