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Europa hat verloren

8. Juni 2009

Die Konservativen bleiben stärkste Kraft. Die Europagegner legen zu, werden im Parlament aber keine große Rolle spielen. Erschreckend niedrig war die Wahlbeteiligung.

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Europäische Flagge unzufrieden (Peter Steinmetz)
Europa kann wählen - tut es aber nicht

Europa hat gewählt und nicht einmal die Hälfte der Wähler geht hin. Die Wahlbeteiligung sank auf ein Rekordtief. In Osteuropa ging nur jeder Fünfte zur Wahlurne. Das ist beschämend. So wenig Engagement für die einzig demokratisch gewählte Institution der Europäischen Union ist erschreckend.

Einmalig - und nicht erkannt

Bernd Riegert (August 2004)
"Wahlverlierer ist Europa"

Das übernationale Parlament für 27 Staaten ist weltweit einmalig. Diese einmalige Chance scheint den Europäer aber herzlich egal zu sein. Schuld an dem Debakel sind aber nicht die faulen Wähler allein, sondern auch die europäischen Politiker haben einen großen Anteil. Nach wie vor finden 27 nationale Wahlkämpfe statt, übergreifende europäische Wahlkampagnen gibt es kaum. Zuhause schimpfen Politiker gerne auf die da in Brüssel, obwohl sie die Entscheidungen in den EU-Gremien oft mitgetragen haben.

In den jungen Demokratien in Osteuropa ist die Lage am schlimmsten. Dort scheint überhaupt noch nicht angekommen zu sein, wie wichtig das Europäische Parlament in allen möglichen Lebensbereichen ist. So setzte sich der Trend fort, den es auch bisher bei Europawahlen gab. Amtierende Regierungen wurden abgestraft bis auf wenige Ausnahmen.

Europagegner mit Stimme, aber ohne Einfluss

Das Ergebnis der Europawahlen selbst deutet auf Kontinuität. Die konservativen und bürgerlichen Parteien gewinnen. Die Sozialisten bleiben zweitstärkste Kraft und die Liberalen bleiben drittstärkste Fraktion. Die Europagegner und die Rechtsradikalen haben zwar in einzelnen Ländern für Aufsehen gesorgt, spielen aber im Gefüge des Europaparlaments keine große Rolle. Selbst wenn sie eine gemeinsame Fraktion bilden sollten, werden sie keinen großen politischen Einfluss haben.

Freuen kann sich EU-Kommissionspräsident Jose Barroso. Der Konservative kann voraussichtlich weitere fünf Jahre im Amt bleiben, denn der Kommissionspräsident kommt üblicherweise aus der derselben politischen Familie wie die Mehrheitsfraktion des Parlaments.

Übliches Tagewerk nach der Wahl

Im größten Mitgliedsland der Europäischen Union, in Deutschland, war es nicht anders als im Rest der EU. Nationale Themen bestimmten das Bild. Die Wahlsieger Konservative, Linke, Liberale und Grüne erklärten die Wahl zum Test für die Bundestagswahl im September. Die Wahlverlierer, die Sozialdemokraten, reden jetzt davon, dass von einem Test keine Rede sein kann. Das übliche Spiel nach solchen Wahlen. Wegen der ungeheuer niedrigen Wahlbeteiligung ist es aber in der Tat schwer verlässliche Vorhersagen für die nationale Wahl in Deutschland abzuleiten.

Fest steht nur: Wahlverlierer war Europa, weil sich für europäische Politik viel zu wenige Wähler interessieren.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Mareike Röwekamp