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Denkzettel zum Auftakt

5. Juni 2009

Briten und Niederländer waren am Donnerstag als erste EU-Bürger zu den Wahlurnen für die Europawahl gerufen. Doch die Wahlbeteiligung blieb gering. Das Ergebnis der Stimmauszählungen bleibt bis zum Sonntagabend geheim.

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Schild mit der Aufschrift Wahlraum und einem Pfeil, der nach rechts zeigt
Niederländer und Briten haben als erste abgestimmtBild: AP

Als erstes Land haben die Niederlande am Donnerstagabend(04.06.2009) die Stimmabgabe für das neue Europaparlament beendet. Bis zum Nachmittag hatten lediglich 16 Prozent der Wahlberechtigten den Weg an die Urnen gefunden. Nach einer ersten Nachwahlbefragung, die von der niederländischen Nachrichtenagentur ANP kurz nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht wurde, ist die rechtsextreme PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders zur zweitstärksten politischen Kraft geworden. Mit ihrem erklärten Ziel, die Einwanderung von Muslimen nach Europa zu stoppen und den Einfluss der EU zu beschränken, gewann sie nahezu 15 Prozent der Stimmen. Das entspricht vier der insgesamt 25 Sitze des Königreichs im Europäischen Parlament. Die regierende Christlich Demokratische Allianz (CDA) von Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende gewann demnach mit rund 20 Prozent fünf Sitze im EU-Parlament. Balkenendes Koalitionspartner, die sozialdemokratische Partei der Arbeit (PvdA), landete der Nachwahlbefragung zufolge mit gut 13 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz.

Geert Wilders, Chef der niederländischen Rechtspartei PVV. (Foto:dpa)
Hat gut Lachen! Geert Wilders, Chef der niederländischen rechtsextremen PVVBild: picture-alliance/ dpa

In Großbritannien zeichnete sich Umfragen zufolge eine bittere Niederlage für Premierminister Gordon Brown ab, der wegen eines Spesenskandals unter Druck steht. In dieser Woche haben bereits drei seiner Minister ihren Rücktritt angekündigt, zuletzt Arbeitsminister James Purnell unmittellbar nach Schließung der Wahllokale, so dass eine Kabinettsumbildung ansteht. In seinem Rücktrittsgesuch rief Purnell Regierungschef Brown ebenfalls zum Rücktritt auf. Würde er im Amt bleiben, wäre ein Sieg der oppositionellen Konservativen bei der nächsten Parlamentswahl wahrscheinlicher als ohne ihn, hieß es in dem Schreiben. Medienberichten zufolge wollen 75 Labour-Abgeordnete einen Brief unterzeichnen, der Brown zum Rücktritt auffordert. Nach einer Umfrage des "Daily Telegraph" liegt Labour bei der Europawahl in der Wählergunst abgeschlagen auf dem dritten Platz mit nur 16 Prozent der Stimmen. Die Konservativen liegen mit 26 Prozent vorne, gefolgt von der EU-feindlichen britischen Unabhängigkeitspartei mit 18 Prozent.

Der britische Ex-Arbeitsminister James Purnell. (Foto:AP)
Auch er kehrt Gordon Brown den Rücken, der britische Ex-Arbeitsminister James PurnellBild: AP

Konservative im Aufwind

Für viele EU-Bürger spielen europapolitische Themen eine geringere Rolle als nationale. Einige Regierungen müssen nicht zuletzt wegen der Wirtschaftskrise mit einem Denkzettel rechnen. Laut einer letzten Prognose vor der Europawahl werden die konservativen Parteien auch im neuen EU-Parlament die stärkste Fraktion stellen. Die von der PR-Agentur Burson-Marsteller finanzierte Forschungsgruppe Predict.EU teilte am Donnerstag (04.06.2009) mit, auf Grundlage nationaler Umfragen in den 27 EU-Staaten sei ein klarer Sieg der Europäischen Volkspartei (EVP) zu erwarten. Die EVP, der unter anderem CDU und CSU angehören, könne mit 262 von insgesamt 736 Sitzen rechnen. Trotz der angekündigten Abspaltung der britischen Konservativen von der EVP wäre das gegenüber der aktuellen Sitzverteilung nur ein Rückgang um zwei Prozent, heißt es in der Prognose. Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) würde mit 194 Sitzen erneut zweitstärkste Kraft. Den Liberalen sagt Predict.EU 85 Sitze voraus, den Grünen 50 und der Linken 40 Sitze. Die von Wissenschaftlern der London School of Economics und dem Trinity College in Dublin getragene Forschungsgruppe stützt ihre Prognosen auf eine Analyse nationaler Umfragen, die nach einem komplizierten mathematischen Modell gewichtet und miteinander verrechnet werden.

Ein Frau fährt mit dem Fahrrad am Europaparlament-Strasburg vorbei(Foto:AP)
Das EU-Parlament in Strasburg. Platz für 736 AbgeordneteBild: AP

Nach dem Votum in Großbritannien und den Niederlanden setzen am Freitag Iren und Tschechen die Europawahl fort. In Irland müssen die Wahllokale mindestens zwölf Stunden öffnen; geschlossen werden sie spätestens um 23.30 Uhr MESZ. Die Tschechen sind von 14 bis 22 Uhr an die Urnen gerufen. Sie können ihre Stimme auch noch am Samstag abgeben - von acht bis 14 Uhr. In fünf anderen Ländern findet die Wahl ebenfalls am Samstag statt. In den meisten Mitgliedsländern, darunter Deutschland, wird erst am Sonntag gewählt. Wahlberechtigt sind rund 375 Millionen Bürger in den 27 EU-Staaten. Umfragen zufolge könnte allerdings mehr als die Hälfte von ihnen den Urnen fern bleiben. Zu vergeben sind in der für fünf Jahre gewählten Volksvertretung 736 Sitze, von denen 99 an Abgeordnete aus der Bundesrepublik gehen.(fg/dpa/AP/AFP/Reuters)