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Rücktritt in Bosnien

28. Mai 2009

Der Premier der Föderation Bosnien-Herzegowina ist zurückgetreten. Damit reagierte Nedzad Brankovic auf die Wiederwahl eines Parteikollegen zum Parteivorsitzenden. Gegen Brankovic ermittelt unterdessen die Justiz.

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Ex-Premier Nedzad BrankovicBild: FENA

Premierminister Nedzad Brankovic hat die Konsequenzen gezogen und seinen Rücktritt eingereicht. Damit reagierte er auf die Wiederwahl von Suljeman Tihic zum Vorsitzenden seiner Partei für Demokratische Aktion (SDA), der größten bosniakischen Partei des Landes. Brankovic begründete seinen Rücktritt mit dem Votum der Delegierten für Tihic. Er wolle auf den Mehrheitswillen seiner Partei Rücksicht nehmen, hieß es in einer Erklärung der Regierung.

Tihic gilt als gemäßigt und kompromissbereit. Den Vorsitz der SDA hat er zum dritten Mal bekommen. In den vergangenen Wochen hatte Tihic wiederholt Brankovic zum Rücktritt aufgefordert. Auch Opposition und Nicht-Regierungsorganisationen meinen, dass Brankovic längst seinen Rücktritt hätte einreichen müssen. Damir Masic von der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (SDP) sagte: „Die Tatsache, dass Brankovic seinen Rücktritt nicht eingereicht hat, als dies die Bürger von ihm forderten, sondern erst, als seine Politik auf dem Kongress der SDA keinen Zuspruch bekam, spricht Bände über sein Verhältnis zur Partei, zu den Bürgern, zum Staat und zur Föderation Bosnien-Herzegowina.“

Anklage wegen Veruntreuung

Gegen Brankovic wird wegen Veruntreuung von Staatsgeldern ermittelt. Es wurde bereits vor einem Gericht Anklage gegen ihn erhoben. Dem Ex-Premier wird vorgeworfen, eine Eigentumswohnung aus Budgetmitteln bezahlt zu haben. Dies soll im Einvernehmen mit dem früheren Premier der Föderation und Mitangeklagten Edhem Bicakcic geschehen sein. Brankovic war im Jahr 2000, als der Kauf getätigt wurde, Direktor des Energieunternehmens „Energoinvest“ in Sarajewo. Der Anklage zufolge soll er durch den Erwerb der Wohnung die Firma um 75.000 Euro und das Budget der Föderation um 67.000 Euro geschädigt haben.

Brankovic wird außerdem vorgeworfen, er habe sozialschwachen Bürgern unrealistische Versprechen gemacht, die das Budget der Föderation zum Zusammenbruch gebracht hätten. Auch deswegen müsse die Entität nun nach einer Übereinkunft mit dem Internationalen Währungsfond einen Nachtragshaushalt verabschieden, um über 200 Millionen Euro einzusparen.

Öffentlicher Druck

Der Vorsitzende der Bürgerbewegung Dosta! („Es reicht!“), Demir Mahmutcehajic, meint, der Rücktritt von Brankovic sei insbesondere auch ein Erfolg von Bürgerinitiativen und Verbänden. Diese hätten bereits seit langem seinen Rücktritt gefordert, so Mahmutcehajic. „Dies ist meines Erachtens der Beweis, dass eine konzentrierte und ausdauernde Kampagne gegen verantwortliche Politiker Früchte tragen kann. Die ständigen Hinweise auf Brankovics Untätigkeit, Unmoral und Kriminalität hat sich bestimmt auf das Wahlklima beim Kongress der SDA ausgewirkt“, so Mahmutcehajic.

Ermutigt durch den Rücktritt will sich die Bürgerbewegung Dosta! nun dafür einsetzen, dass auch die Justiz ihren Teil beiträgt und „endlich den kriminellen Machenschaften von Politikern ein Ende setzt und ihnen wenigstens ein Teil von dem weggenommen wird, das sie während ihrer Amtszeit gestohlen haben“, sagte Mahmutcehajic.

Autor: Samir Huseinovic / Mirjana Dikic

Redaktion: Bernd Johann