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Disziplin und Respekt

21. Mai 2009

Immer mehr Kinder und Jugendliche bewegen sich immer weniger. Um ihnen Sport schmackhaft zu machen, gibt es in Hamburg seit einiger Zeit das Projekt "Box out". Es dient auch der Gewaltprävention und sozialen Integration.

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Jugendliche Boxer im Ring
Mit Boxen sollen Kinder von Gewalt abgehalten werdenBild: dpa/picture-alliance

Bisher kannte man Box-Szenen in der Schule eigentlich nur, wenn halbstarke Kinder und Jugendliche Streitigkeiten in handfesten Keilereien klärten. In Hamburg gibt es seit gut einem Jahr das Projekt "Box out“. Hier lernen etwa 400 Schüler an 17 Schulen unter professioneller Anleitung die Box-Grundlagen. Die Macher wollen dabei aber keine blauen Augen bei den Schülern hinterlassen. Sie wollen vielmehr deren Bewegung fördern, Aggressionen abbauen und zur Gewaltprävention beitragen.

Prügelnde Kinder
Gerade das soll verhindert werdenBild: picture-alliance/ dpa

An jedem Mittwoch um 14 Uhr kommt Olaf Jessen in diesem Schulhalbjahr in die Grund-, Haupt- und Realschule in der Arnkielstraße in Hamburg-Altona, einem der als sozial schwach geltenden Stadtteile der Millionen-Metropole. 90 Minuten gibt der Boxtrainer einer Gruppe von bis zu 30 Schülerinnen und Schülern der Klassen fünf bis zehn, die meisten von ihnen mit Migrationshintergrund, spielerische Einblicke in den Sport.

Spielerische Übungen bringen Schüler in Bewegung

Einen Boxring sucht man in der lichtdurchfluteten Turnhalle vergeblich. Denn richtig gekämpft wird hier nicht, auch wenn Ercan, Dragana, Malik und all die anderen sich gleich zu Beginn die dicken blauen Boxhandschuhe über die Fäuste streifen dürfen. "Selbst die Bundesregierung sagt, dass sich Kinder mehr bewegen müssen. Wir wollen sie mit dem Boxsport erreichen und sie motivieren, überhaupt Sport als Freizeitgestaltung zu nutzen“, so Jessen zum Trainingskonzept.

Los geht es mit dem Aufwärmen, bevor erste Schlagübungen folgen. "Deckung bleibt oben, dann rechte Faust vor“, hallen die Kommandos von Olaf Jessen durch die Halle. Die Kinder wissen: Wenn der Trainer etwas sagt, müssen sie still sein und zuhören, sonst kann es zur Strafe schnell mal zehn Liegestütze geben. Denn neben dem sportlichen Aspekt verfolgt das Projekt noch andere wichtige Ziele. Die Kinder sollen Disziplin erlernen, Regeln befolgen und gegenseitigen Respekt zeigen. "Wenn ich beruflich weiterkommen will, brauche ich Disziplin, denn ich muss immer weiter lernen. Und ich muss Regeln einhalten, um mich in der Gesellschaft bewegen zu können“, sagt Jessen.

Gewaltbereitschaft nimmt ab

Kinder beim Boxtraining
Trockentraining ist angesagtBild: dpa

Die 14-jährige Ilejna ist mit ihren Freundinnen mit Eifer bei der Sache. Sie hat verstanden, worum es bei „Box out“ eigentlich geht: "Man lernt, Respekt vor anderen zu haben. Und das nimmt man ja auch mit ins Leben.“ Befürchtungen einiger Kritiker, die Jugendlichen würden zu Prügeleien animiert, sind schnell zerstreut worden. Erste Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie der Uni Kassel zeigen, dass das Projekt die Kinder nicht nur fitter macht und ihr Sozialverhalten steigert, sondern auch zur Gewaltprävention beiträgt.

"Wer sich mit dem Sport auseinandersetzt, braucht sich nicht zu hauen. In den Trainingsstunden lernen die Schüler, ihre Kraft zu kanalisieren und auch, sie in Grenzen zu halten“, so Jessen. Schulleiter Gunnar Wetzel sieht die Erfolge des Projektes jeden Tag auf dem Pausenhof: "Die Schüler der unterschiedlichen Klassen gehen netter miteinander um. Sie erlangen mehr Selbstbewusstsein und das zeigt sich in ihrem Auftreten und der Körpersprache.“

Ein Projekt mit Vorbildcharakter

Nach der positiv verlaufenen Pilotphase im vergangenen Schuljahr bekommt das Projekt, das auch von der Stadt Hamburg gefördert wird, immer mehr Anfragen. Sogar Kindergärten und Horte haben schon bei dem privaten Verein von Jessen und seinem Kollegen Christian Görisch angerufen. "Mittlerweile kommen auch andere Bundesländer auf uns zu und fragen, wie wir das machen und ob sie einsteigen können.“ Neben Hamburg gibt es ein vergleichbares Projekt bisher nur in Niedersachsen.

Autor: Uli Petersen

Redaktion:Wolfgang van Kann