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Straffreie CIA-Folter: Obama in der Kritik

17. April 2009

Entsetzen über die Entscheidung von US-Präsident Obama: Mitarbeiter des CIA werden für die Folter bei Verhören nicht bestraft. Immerhin: Er macht den völkerrechtswidrigen Umgang mit Terror-Verdächtigen öffentlich.

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Obama (Foto: ap)
US-Präsident Obama will CIA-Folterer nicht belangenBild: AP

Enttäuschung über US-Präsident Barack Obama: Er hatte angekündigt, dass Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA, die Folter bei Verhören einsetzten, sich nicht vor US-Gerichten verantworten müssen. Zwar haben sich unter Obama die Verhörmethoden gewandelt - er untersagte Folter sofort nach seinem Amtsantritt. Eine Aufklärung der Vergangenheit wird es aber nicht geben. Damit bricht Obama nur halbherzig mit der Bush-Ära. Er begründete seine Entscheidung damit, jemanden für vergangene Ereignisse zur Verantwortung zu ziehen, bringe keinerlei Nutzen. "Dies ist die Zeit für Überlegungen, nicht für Rache", so Obama.

Bürgerrechtler protestieren

Menschenrechtsaktivisten demonstrieren in Washington an einem Freiwilligen das simulierte Ertränken (Foto: dpa)
Menschenrechtsaktivisten demonstrieren an einem Freiwilligen das simulierte ErtränkenBild: picture-alliance/ dpa

Es werde wegen der unter der Vorgängerregierung von Präsident George W. Bush autorisierten Foltertechnik keine Gerichtsverfahren geben, erklärte auch Justizminister Eric Holder. In Anbetracht der damaligen Rechtsauslegung durch die Regierung, wäre es ungerecht, CIA-Mitarbeiter heute vor Gericht zu stellen, sagte Holder. Die Regierung werde sich vor die CIA-Mitarbeiter stellen, sollte im In- oder Ausland ein Prozess angestrebt werden.

Amerikas Linke und Bürgerrechtler kritisieren die Entscheidung als unhaltbar. Wenn Verbrechen begangen worden seien, müssten die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen worden. Vor den Fehlern von einst dürfe die Regierung nicht die Augen zu verschließen. "Wir müssen erst einmal zurückblicken, bevor wir als Nation nach vorne marschieren können», mahnt Anthony Romero, der Direktor der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU. Obama aber schaue lieber nach vorne als in die Vergangenheit.

Kritik aus muslimischer Welt

Die Entscheidungen der US-Regierung stießen auch in der muslimischen Welt auf Kritik. Die zugesagte Straffreiheit sei "ein falsches Signal an die internationale Gemeinschaft", sagte beispielsweise die Ägyptische Organisation für Menschenrechte am Freitag (17.04.2009). "Die CIA-Mitarbeiter haben das Leben von Menschen zerstört. Leider kommen sie jetzt ungeschoren davon", sagte Chaled Almaina, Herausgeber der saudischen Zeitung "Arab News" am Freitag. Die Internationale Juristenkommission in Genf erklärte, ohne dass die für die damalige Folter Zuständigen zur Verantwortung gezogen würden, "kann es keine Rückkehr zu Recht und Gesetz geben".

"Den Gefangenen auslaugen"

Justizminister Eric Holder (Foto: AP)
Justizminister Eric HolderBild: AP

Immerhin: Washington veröffentlichte zugleich am Donnerstag vier interne Memos, die von der Vorgängerregierung unter George W. Bush aus den Jahren 2002 und 2005 stammen. So solle "ein dunkles und schmerzvolles Kapitel unserer Geschichte" aufgearbeitet werden, sagte Obama. Aus Sicherheitsgründen wurden einige Stellen geschwärzt.

14 brutale Verhörmethoden, darunter auch Schlafentzug über elf Tage und das Einsperren von Gefangenen in kleine Kisten, sind in den Geheimpapieren präzise beschrieben. Da heißt es zum Beispiel: Der Verhörexperte "stößt das Individuum schnell und fest an die Wand". Das Ziel der Methode: "Den Gefangenen auslaugen und seine Verunsicherung erhöhen."

Unter Bush erlaubt: das simulierte Ertrinken

Zum "Waterboarding" ist in Dokumenten vom August 2002 und Mai 2005 zu lesen: "Während 20 bis 40 Sekunden wird Wasser kontinuierlich aus einer Höhe von 30 bis 60 Zentimetern zugeführt." Die Absicht: "Das Gefühl des Erstickens und aufkommende Panik zu erzeugen." "Waterboarding" gilt international als Folter: Die Opfer werden bei Vernehmungen immer wieder unter Wasser gedrückt, so dass sie glauben, ertrinken zu müssen.

Ex-Präsident George W. Bush erlaubte diese Folter - unter Missachtung der Genfer Konventionen - als Verhörmethode, unter anderem im Gefangenenlager Guantanamo.

CIA hätte Memos großflächiger geschwärzt

George W. Bush am Rednerpult vor US-Flagge (Foto: AP)
Der ehemalige US-Präsident Bush hatte die Folter-Methoden erlaubtBild: AP

Von der CIA gab es Kritik an der Veröffentlichung der internen Memos aus der Bush-Zeit: Der Geheimdienst hätte gerne größere Passagen der Papiere geschwärzt gesehen. Der frühere CIA-Direktor Michael Hayden sagte, die Mitarbeiter seien nun ängstlicher - und Verbündete würden eher überlegen, ob sie dem US-Geheimdienst Informationen weitergeben würden.

Ernüchterung über Obama

Der Jubel über den Neuanfang beim Thema Menschenrechte war groß gewesen, als der neue Präsident Obama antrat. Kaum im Amt, verkündete er als erstes die Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo Bay auf Kuba. Kurz danach die erste Ernüchterung: Es folgte eine Erklärung mit mehreren konkreten Probleme. Es müssen Aufnahmeländer für Gefangene gefunden werden, die vor der Entlassung stehen. Zudem sind weder Militär- noch Bundesgerichte auf Prozesse vorbereitet, bei denen es um sensible Sicherheitsfragen geht.

Ebenso zweischneidig verhält es sich mit den Verhörmethoden. Selbst die schärfsten Kritiker der Bush-Verhörpolitik haben Bedenken, ein völliger Verzicht auf "harsche Verhörmethoden" könne sich als falsch erweisen - zum Beispiel im Falle eines unmittelbar bevorstehenden Terrorangriffs. Niemand will sich vorwerfen lassen, die strikte Ablehnung habe einen Anschlag ermöglicht.

Entsprechend legt auch Obamas Team seine Anti-Terror-Politik dar. CIA-Chef Leon Panetta machte kürzlich klar, dass man zwar die umstrittenen Geheimgefängnisse komplett schließe. Jedoch behalte die CIA behält die Autorität, Individuen für kurze Zeit und vorübergehend festzuhalten, schrieb er seinen Mitarbeitern. Und: "Die entschlossene und weltweite Jagd der CIA auf El Kaida und ihre Verbündeten geht unvermindert weiter."

Spanische Justiz lehnt Folter-Prozess ebenfalls ab

Unterdessen wurde bekannt: Auch aus Spanien drohen den Verantwortlichen der Bush-Regierung keine rechtlichen Folgen. Der spanische Generalstaatsanwalt lehnte am Donnerstag die Untersuchung von Foltervorwürfen im US-Gefangenenlager Guantanamo ab. Dies müsse in einem Gericht in den USA geschehen, sagte Cándido Conde-Pumpido.

Richter Baltasar Garzón hatte im März auf Antrag von Menschenrechtsorganisationen eine Prüfung des Verfahrens gegen sechs US-Bürger eingeleitet, darunter auch den früheren Justizminister Alberto Gonzales. Die spanische Justiz arbeitet bei Folter oder Kriegsverbrechen nach dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit und kann daher auch über die Landesgrenzen hinaus tätig werden.(heb/je/ako/se/dpa/ap/rtr)