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Opposition in Georgien will Machtwechsel

9. April 2009

Westliche Kaukasus-Experten können nur ahnen, wie die Proteste der Opposition ausgehen. Aber sie sind sich sicher, dass ein möglicher Rücktritt von Saakaschwili die Annäherung Georgiens an den Westen nicht stoppen wird.

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Proteste in TiflisBild: AP

Die Hoffnungen der Georgier nach der Rosenrevolution im Jahr 2003 wurden zum größten Teil von Präsident Micheil Saakaschwili nicht erfüllt. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wachse rasant, sagt Iris Kempe, Leiterin des Büros der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung in Tiflis. Die Lage sei sehr angespannt. Eines der Hauptprobleme ist die marode Wirtschaft des Landes. Die Modernisierung ist trotz großzügiger westlicher Finanzhilfen misslungen. Gerade hat der Internationale Währungsfonds vor großen Risiken wirtschaftlicher Art in Georgien gewarnt. Ohne fremde Hilfe würde das Land vor dem Ruin stehen.

Die ehemaligen Weggefährten, die zur Opposition übergelaufen sind, können Saakaschwili nicht verzeihen, dass er kein Demokrat im westlichen Sinne ist. Sie beklagen sich über seine autoritäre Amtsführung. Im November 2007 hatte Saakaschwili eine regierungskritische Demonstration in Tiflis mit Gewalt aufgelöst. Der Präsident verhängte für einige Tage den Ausnahmezustand, gleichzeitig wurden kritische Medien ausgeschaltet.

Kann Opposition Machtwechsel erreichen?

Ambitionen auf Saakaschwilis Nachfolge haben unter anderem Ex-Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse und der ehemalige Botschafter Georgiens bei den Vereinten Nationen, Irakli Alassanija, angeblich einer der populärsten georgischen Politiker. Doch die Opposition ist heute nicht so schwach wie vor anderthalb Jahren, glaubt Gerhard Mangott, Professor an der Universität Innsbruck. Er ist überzeugt, dass die Wahrscheinlichkeit eines Machtwechsels noch nie so groß war wie jetzt: "Wenn wir uns an November 2007 erinnern, dann war ein Problem der Opposition, dass sie sehr fragmentiert war und keine wirklich charismatischen Führungspersönlichkeiten hatte. Die Opposition ist zwar immer noch fragmentiert, aber es gibt inzwischen Personen, die sehr viel stärker den Anspruch stellen können, Führungsrollen zu übernehmen."

Saakaschwili stecke in einer Legitimationskrise, sagt Uwe Halbach von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. Doch Saakaschwilis Herausforderern, die seine Entscheidungen jahrelang mitgetragen hätten, fehle ein klares Programm. Die Forderung nach einem Rücktritt des Präsidenten sei das einzige, was die Regierungsgegner vereine. Die Opposition sei innerlich zerrissen und noch nicht stark genug, um ihn aus dem Amt zu drängen, glaubt der Kaukasus-Experte: "Was bislang fehlt, ist eine wirklich führende Oppositionsfigur, die in der Bevölkerung auf ungeteilte Zustimmung stößt." Ob Politiker wie Alassanija die Opposition hinter sich einen und zu einer Alternative zu Saakaschwili werden können, bleibe abzuwarten, so Halbach.

Westannäherung Georgiens wird weiter gehen

Von Barack Obama bekomme Georgien sogar mehr Unterstützung als von George Bush, sagte Saakaschwili nach der Europa-Reise des US-Präsidenten. Das Weiße Haus werde die Regierung in Tiflis weiterhin unterstützen, glaubt auch Halbach. Als Beispiel nennt er ein neues Trainingsprogramm für die georgischen Streitkräfte. "Sicherlich bekundet auch Deutschland die weitere Unterstützung Georgiens, auch wenn Deutschland eine sehr nüchterne Position angenommen hat, was die schnelle Erteilung eines Aktionsplans für den NATO-Beitritt Georgiens betrifft. Aber prinzipiell wird die Solidarität für Georgien, jetzt nicht unbedingt für Saakaschwili, aber für das Land auch von europäischer und deutscher Seite bekundet", erläutert Halbach.

Professor Mangott meint hingegen, Saakaschwili sei im Westen diskreditiert. Das schwäche ihn viel stärker als der Umstand, dass die Opposition inzwischen attraktivere Führungspersonen habe. Einen Kurswechsel in der georgischen Außenpolitik werde es aber auch nach einem möglichen Rücktritt von Saakaschwili nicht geben. Die Annäherung an den Westen könnte sogar rascher voranschreiten, glaubt Mangott: "Denn Saakaschwili ist in gewisser Weise ein Hindernis für die georgische Westannäherung. Wenn es hier einen Nachfolger gibt, der einigermaßen integer ist, dann wird der Westen ihn mit offenen Armen empfangen." Saakaschwilis Herausforderer hätten alle ein Interesse an einer engen Anbindung an den Westen. Der Vorteil sei nur, so Mangott, dass viele dieser Führungspersonen auch für eine pragmatischere Politik gegenüber Russland stünden.

Autor: Viacheslav Yurin/Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann