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Abrafaxe auf Erfolgskurs

7. April 2009

Abrax, Brabax und Califax, die Helden der Comiczeitschrift "Mosaik", gab es schon zu DDR-Zeiten. Heute zählen die legendären Hefte zu den auflagenstärksten deutschen Comics überhaupt.

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Die Abrafaxe als Spielfigur (Foto: AP)
Schon ihre Haarfarbe spricht Bände: schwarz, rot gold!?Bild: picture-alliance/ZB

Der blonde Abrax, der rothaarige Brabax und Califax mit seiner schwarzen Sturmfrisur - für viele waren sie in der DDR echte Helden. Ein gewitztes und abenteuerlustiges Trio, eine Art Ost-Variante von Tick, Trick und Track. Während ihre Leser das Land nicht verlassen durften, erkundeten die Abrafaxe die Welt. Seit 1976 sind 400 Hefte erschienen.

Von Digedags zu Abrafax

Die Vorläufer der Abrafaxe hießen Digedags. Sie entstanden in den 1950er Jahren, als die DDR-Oberen nach einer Antwort auf Micky Maus suchten. 1955 erschien dann das erste "Mosaik"-Heft. Auf 32 Seiten, farbig koloriert und gedruckt auf holzhaltigem Papier, hat Zeichner Hannes Hegen - losgelöst von politischer Doktrin – mit den Digedags einen wirklichen Volkscomic entwickelt, den noch heute im Osten nahezu jeder kennt. Zu DDR-Zeiten waren die Comics mit den Abenteuern der Abrafaxe und deren Vorgängern, den Digedags, Bückware– wie es damals hieß - und nur unterm Ladentisch zu bekommen.

Gallier des Ostens

Zeichner Andreas Pasda zwischen seinen Schöpfungen (Foto: AP)
Zeichner Andreas Pasda zwischen seinen SchöpfungenBild: AP

In der Welt des Comiczeichners Hannes Hegen gab es keine Propaganda, keinen grauen Alltag. Die Welt der Digedags, der ostdeutschen Gallier, war bunt, wild und voller Visionen. Bereits die erste Sprechblase gibt das Ziel forsch vor: "Na, die haben die Rechnung aber ohne uns gemacht." 1975 war Schluss mit der Didgedags-Serie. Im Januar 1979 entstanden unter der Federführung von Lothar Dräger und Lona Rietschel die Abrafaxe. Auch sie sind wilde Kerle, aber längst nicht so gewitzt wie ihre Vorgänger: sie waren viel pragmatischer und deutlich linientreuere Helden. Sie wollten den unterdrückten Massen helfen und die historischen Freiheitskämpfer Europas besuchen.

Propagandafreie Zone

Dennoch wurde auch aus den Abrafaxen eine Erfolgsgeschichte, denn auch sie haben die Wünsche und Sehnsüchte der Leser befriedigt: Den Traum von einem wilden Leben jenseits der Mauern. Peter Lang, der frühere Künstlerische Leiter des Berliner Kunsthauses Bethanien und Sammler von "Mosaik"-Originalzeichnungen erinnert sich daran, dass schon die Digedags mit der DDR-Welt wenig zu tun hatten. In den Heften sei eine normale Sprache gesprochen worden. "Das 'Mosaik' ist auch kein Lernheft gewesen, da hätte es auch nicht den Erfolg gehabt. Sondern es war ein Parcours de Force durch die Bildung, durch die Technikgeschichte, durch die naturwissenschaftliche Geschichte. Und alles war wahnsinnig mit Emotionen verbunden. Und man war selbst Teil dieser Welt" beschreibt der Kenner der Ostberliner Comic-Szene das Markenzeichen der Hefte.

"Abbild der Träume"

Abrafaxe als Briefmarke (Foto: AP)
Bild: AP

Der Zeichner Hannes Hegen, mit bürgerlichem Namen Johannes Hegenbarth, studierte Kunst in Wien, später in Leipzig. Mit 30 Jahren zeichnet er sein erstes "Mosaik"-Heft, ein "Abbild seiner Träume", wie er es selbst mal formuliert hat. Er vermeidet es konsequent, seine Helden als fröhliche Pionieren und agile Agitprop-Helden zu gestalten. In den Heften erscheinen immer wieder gigantische, intergalaktische utopische Städte, in die es die Digedags einst verschlagen hat. In bunten Farben sind Zukunftsvisionen zu sehen. Schwebebahn, Hochbahn, vierstöckiges Straßenkreuz. Schifffahrtstunnel, Röhrenbahn, U-Bahn. Oder man begibt sich auf Zeitreisen nach Rom oder Venedig. Herausgekommen sind keine Karikaturen, keine schnellen Zeichnungen, sondern wilde, Bilderbögen mit Slapstick-Charakter. Die Originalzeichnungen werden heute als Kunstwerke teuer gehandelt, und sind unter Sammlern sehr begehrt.

Verdienter Einzug in den Olymp des Comics

Das Magazin hat Mitte der 1970er Jahre eine Auflage von 660.000 Exemplaren. Trotzdem war es ständig ausverkauft und nur schwer zu bekommen. Dieses Jahr noch kommen die Digedags und Abrafaxe zu höheren Weihen. Geplant ist eine Ausstellung über die Comic-Helden in Brüssel, der Welthauptstadt des Comics. Denn die "Mosaik"-Hefte brauchen sich hinter dem berühmten belgischen Comicautor Hergé und seinen Schöpfungen Tim und Struppi oder der Serie Asterix und Obelix nicht zu verstecken. Doch in den alten Bundesländern bleibt das "Mosaik" bis heute weitgehend unbekannt, obwohl es nach Verlagsangaben Leser und Fans in mehr als 15 Ländern findet.

Autor: Christoph Richter

Redaktion: Sabine Oelze