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Gesetz zwingt Frauen zum Sex

3. April 2009

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat ein Gesetz unterzeichnet, das die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs regelt. "Extrem frauenfeindlich", kritisieren Menschenrechtler. Auch die US-Regierung ist besorgt.

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Verschleierte Frauen (Foto: dpa)
Müssen Frauen in Afghanistan wieder wie unter den Taliban leben?Bild: picture-alliance/dpa

Mindestens alle vier Tage. So oft müssen Frauen mit ihren Ehemännern laut einem neuen Gesetz schlafen, das Afghanistans Präsident Hamid Karsai unterzeichnet hat. Das Gesetz gilt für die afghanischen Schiiten, die rund 20 Prozent der Bevölkerung stellen. "Solange der Mann nicht auf Reisen ist, hat er jede vierte Nacht das Recht auf Geschlechtsverkehr mit seiner Frau", heißt es dort in Artikel 132. Ausnahmen seien nur möglich "wenn die Frau krank ist oder irgendeine Krankheit hat, die sich bei Geschlechtsverkehr verschlimmert".

Menschenrechtler reagierten empört. Das Gesetz erinnere an Bestimmungen der Taliban, sagte die oppositionelle Abgeordnete Fausia Kufi. Dadurch werde die Vergewaltigung von Frauen durch ihre Ehemänner legalisiert, kritisierte der UN-Entwicklungsfonds für Frauen (UNIFEM). Das Gesetz sei "extrem frauenfeindlich", sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, in Genf.

Auch bei Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer stößt das afghanische Ehegesetz auf wenig Gegenliebe. Am Rande des NATO-Gipfels in Baden-Baden und Straßburg, bei dem es um eine Verstärkung des westlichen Engagements in Afghanistan gehen soll, sagte er der britischen BBC: "Wie kann ich das verteidigen, und wie können die Briten das verteidigen, wenn unsere Jungen und Mädchen dort bei der Verteidigung der Menschenrechte sterben, und da gibt es ein Gesetz, das die Menschenrechte fundamental verletzt?" Dies beunruhige ihn sehr.

Kritik der US-Regierung

Hamid Karsai (Foto: dpa)
Die Internationale Afghanistan-Konferenz stützte Karsai noch am DienstagBild: picture-alliance/ dpa

Beobachter gehen davon aus, dass Karsai sich mit der umstrittenen Entscheidung die Unterstützung der Schiiten bei den Präsidentschaftswahlen im Sommer sicher will. Das Gesetz war offenbar auch Thema bei der Afghanistan-Konferenz in Den Haag am vergangenen Dienstag - allerdings nur hinter den Kulissen: Vertreter der US-Regierung hätten die afghanische Regierung darauf angesprochen, sagte US-Außenamtssprecher Robert Wood.

Außenministerin Hillary Clinton habe außerdem gegenüber einer afghanischen Abgeordneten versichert, dass Frauenrechte zentraler Bestandteil der amerikanischen Außenpolitik seien. "Wir sind sehr besorgt", sagte Wood. "Wir bitten Präsident Karsai dringend, den Rechtsstatus des Gesetzes zu überprüfen." Ob Clinton bei ihrem Treffen mit Karsai in Den Haag das damals noch geplante Gesetz angesprochen hat, konnte ihr Sprecher freilich nicht sagen.

Entmündigte Frauen

Clinton (Foto: dpa)
Keine öffentliche Kritik an Karsai - Clinton in Den HaagBild: picture-alliance/ dpa

Laut Agenturberichten enthält das Gesetz übrigens auch eine Regelung, wie oft Ehemänner mit ihren Frauen schlafen müssen. Sie können bis zu vier Monate am Stück enthaltsam leben.

Doch damit nicht genug: Neben dem Zwang zum Geschlechtsverkehr gibt es für Frauen noch jede Menge Einschränkungen. So können Männer ihren Frauen zum Beispiel verbieten, einer Arbeit nachzugehen. Das Heiratalter wird von 18 Jahre auf 16 gesenkt.

Taliban erstarken

Unterdessen hat US-General David Petraeus gewarnt, dass sich die Lage in Afghanistan weiter verschlechtere. "Die Taliban und andere Aufständische werden immer stärker und führen einen zunehmend heftigeren Kampf gegen die Truppen der Verbündeten", sagte Petraeus am Mittwoch bei einer Senatsanhörung. Petraeus ist der Chef des für Afghanistan zuständigen Central Command und war bis 2008 kommandierender US-General im Irak.

In Pakistan bauen die Taliban ihre Herrschaft im Nordwesten des Landes aus. Laut einem Bericht der Zeitung "Daily Times" haben am Mittwoch etwa 70 radikal-islamische Kämpfer eine Smaragd-Mine im Distrikt Shangla unweit des Swat-Tals eingenommen. Die Taliban begannen umgehend damit, wieder Edelsteine abzubauen. Die Arbeiten waren wegen der Sicherheitslage vor einiger Zeit eingestellt worden. Im Swat-Tal und den umliegenden Distrikten wie Shangla gilt mittlerweile das islamische Gesetz der Scharia. Darauf hatten sich pakistanische Behörden und lokale Taliban Mitte Februar geeinigt. (det/se/HF/kle/ap/epd/reuters)

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