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Größenwahnsinnige Vision: "Henners Traum"

30. März 2009

Der Film mutet wie eine fiktive Geschichte an; allerdings ist nichts erfunden - weder die Handlung, noch die Personen.

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Blick auf das "Dornröschenschloss" Sababurg, in dessen Nähe ein riesiger Freizeitpark entstehen soll.
Märchenlandschaft: Schloss SababurgBild: AP

Die nordhessische Landschaft mit ihren sanften Hügeln und den kleinen beschaulichen Ortschaften hat einen gewissen herben Charme. Reich war diese Gegend nie. Doch ab 2005 herrschte plötzlich Goldgräberstimmung in der strukturschwachen Region: Heinrich Sattler, der Bürgermeister der kleinen Stadt Hofgeismar, hatte die Idee hier einen riesigen Freizeitpark aufzubauen. Beim Gedanken daran, dass hier bis zu 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten, waren alle begeistert von dem Projekt. Wioderstand oder gar Zweifel gab es nicht; die aber überkamen den Dokumentarfilmer Klaus Stern, als er von dem Traum des Hofgeismarer Bürgermeisters erfuhr.

Zum Mitdenken animieren

Stern, Jahrgang 1968, ist auf Umwegen zum Film gekommen. Zunächst arbeitete er bei der Post als Briefträger und studierte später in Kassel Wirtschaftspädagogik und Politik. Ab 1999 begann Stern autodidaktisch eigenständige Dokumentarfilme zur neueren deutschen Geschichte und über aktuelle Themen zu drehen. Dabei bevorzugt der Regisseur in erster Linie Personen oder Geschichten, die exemplarisch für gesellschaftliche Brüche stehen. Sein 2005 gedrehter Dokumentarfilm "Weltmarktführer - Die Geschichte des Tan Siekmann", der den Aufstieg und den Fall des New Economy Unternehmens Biodata AG schildert, wurde mit dem höchsten deutschen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet und erhielt 2006 den Adolf-Grimme-Preis. Wichtig bei seinen Arbeiten ist Stern, dass seine Filme immer eine Dialektik haben müssen, die dem Zuschauer das Denken nicht abnimmt.

Filmidee aus der Zeitung

Porträt des Regisseurs Klaus Stern (dpa)
Autor und Filmemacher Klaus SternBild: picture-alliance/ dpa

Als er Ende 2005 von dem ambitionierten Projekt des Hofgeismarer Bürgermeisters las, war die nächste Filmidee geboren. "Ich komme aus der Neugierecke und ich bin jemand, der sich für ganz viele Sachen interessiert, aber nicht oberflächlich, sondern wenn mich was interessiert, versuche ich der Sache sehr tief auf den Grund zu gehen", sagt Klaus Stern, "ich kriege immer Ausschlag, wenn ich Dokus im Fernsehen sehe, wo man den eigenen Bildern nicht traut und wo nochmal betextet wird, was man im Bild schon sieht. Da könnte ich durchdrehen".

Millionenschwere Träume

Mit seinem Kamerateam begleitete Klaus Stern auch Henner alias Heinrich Sattler bei der Umsetzung seiner Idee. Und die hat gigantische Ausmaße: die rund 450 Millionen Euro teure Anlage ist das größte Tourismusprojekt in Europa - zumindest in der Planungsphase. Entstehen soll es in der Nähe des "Dornröschenschlosses" Sababurg im Reinhardswald, den schon die Gebrüder Grimm liebten. Mit der Planung des Projektes befasst sich der Architekt Tom Krause, der zusammen mit dem Bürgermeister nun nach Investoren sucht. Immerhin müssen die geplanten Luxushotels und Golfplätze noch finanziert werden. Und das gestaltet sich mittlerweile als immer schwieriger. Darum geht es auch in "Henners Traum": "Es ist exemplarisch für die Weltwirtschaftskrise, wo man mit ganz vielen Leergeschäften in den Abgrund gefahren ist", findet der Regisseur, "und hier werden auch imaginäre Dinge verkauft und angeboten, die noch keine Entsprechung haben. Und es wird auch mit Träumen gehandelt."

Doch möglicherweise wird sich der Traum des Bürgermeisters und des Architekten nicht erfüllen: denn nach der ersten Begeisterung keimt langsam auch Skepsis von Bürgern und Politikern gegenüber dem Projekt auf. Und ein wirklich potentieller Investor ist immer noch nicht gefunden.

Autorin: Renate Heilmeyer/kg/jk