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Auf der Suche nach dicken Fischen <br>- wie Steuerfahnder arbeiten

31. März 2009

Durch Steuerhinterziehung gehen dem deutschen Fiskus Milliardenbeträge verloren. Die Gilde der Steuerfahnder versucht, säumigen Zahlern auf die Schliche zu kommen - zum Teil mit unkonventionellen Mitteln.

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Dienstmarke eines Steuerfahnders (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Vielen Steuersündern in Deutschland tritt schon beim bloßen Gedanken an die Steuerfahndung der Angstschweiß auf die Stirn. Das weiß natürlich auch Georg Schmidt, Vorsteher der Steuerfahndung Düsseldorf. Und er zeigt sogar fast ein wenig Verständnis für die Emotionen seiner zumeist unfreiwilligen Kunden: "Es ist nicht völlig gewöhnlich, dass man Besuch von der Steuerfahndung bekommt." Der Kontakt mit der normalen Finanzverwaltung dagegen, also etwa mit der Betriebsprüfung bei Gewerbetreibenden, Freiberuflern oder Firmen, ist zwar auch nicht unbedingt angenehm, aber zumindest doch alltäglich.

Steuerhinterziehung hat nichts mit dem Einkommen zutun

Georg Schmidt, Vorsteher der Steuerfahndung Düsseldorf, in seinem Büro (Foto: Gazon)
Georg Schmidt, Vorsteher der Steuerfahndung DüsseldorfBild: Frank Gazon

Dennoch hält sich das Mitgefühl des Steuerexperten durchaus in Grenzen. Denn für Steuerhinterzieher wie zum Beispiel den ehemaligen Postchef Klaus Zumwinkel ist der Reiz, den einen oder anderen Euro am Fiskus vorbeizuschleusen, anscheinend größer als die Angst, erwischt zu werden – und das in allen Gehaltsklassen. "Es gibt den kleinen Steuerhinterzieher und es gibt den großen Steuerhinterzieher. Das Motiv ist bei allen wahrscheinlich das gleiche", sagt Georg Schmidt. "Man kann nicht sagen: 'Da, wo viel Geld verdient wird, werden häufiger Steuern hinterzogen.' Das wäre falsch!"

Da sich die schwarzen Schafe kaum freiwillig den Finanzbehörden zu erkennen geben, sind die rund 1200 in Deutschland aktiven Steuerfahnder auf anonyme Hinweise aus dem Umfeld des Steuerdelinquenten oder ihre gute Spürnase angewiesen. Immer häufiger kommt es darauf an, Steuersünder in Eigeninitiative zu enttarnen, wie zum Beispiel durch den Ankauf einer CD mit Bankdaten aus Lichtenstein. Dabei bedienen sich Schmidt und seine Kollegen ab und an auch unkonventioneller Hilfsmittel. Dazu zählen auch Zeitungen oder das Internet. "Wir haben eine kleine Abteilung, die sich mit dem E-Commerce beschäftigt. Da kommen natürlich auch Hinweise an", berichtet der 59-jährige Steuerexperte. "Wenn etwas in der Zeitung oder im Internet auftaucht, was besonders exemplarisch, besonders groß oder dreist ist, dann kann es schon mal sein, dass sich die Steuerfahndung damit beschäftigt." Aber das ist nicht das tägliche Geschäft der eher ungeliebten Behörde, die übrigens nicht in jedem der rund 140 nordrhein-westfälischen Finanzämter vertreten ist.

Gute Investition

Georg Schmidt vor Aktenregalen (Foto: Frank Gazon)
Die Akten tausender Steuersünder werden hier gelagertBild: Frank Gazon

Der wesentliche Teil der Arbeit ist unspektakulär und wenig glamourös. Die meiste Zeit sitzen Steuerfahnder geradezu in sich gekehrt in ihrem kleinen Büro über traditionellen Akten oder vor dem Computer. Im Schnitt schafft jeder Mitarbeiter acht bis zehn Fälle pro Jahr. Das lohnt sich: Bei einem Gehalt von rund 80.000 Euro erwirtschaftet ein Steuerfahnder in der Regel bis zu 1,5 Millionen Euro im Jahr. Doch die Dunkelziffer ist hoch: Schmidt beziffert den EU-weiten Verlust allein bei der Umsatzsteuer auf 50 bis 70 Milliarden Euro.

Erst wenn sich ein Fahnder seiner Sache wirklich sicher ist, schreitet er zur Tat: Der Hausdurchsuchung, wozu Steuerfahnder laut Strafprozessordnung übrigens berechtigt sind, denn Steuerfahnder sind Polizisten. Allerdings arbeiten sie unbewaffnet, was nicht wirklich ein Problem darstellt, denn nur in den seltensten Fällen brauchen sie die Unterstützung der uniformierten Polizei.

Es kann jeden treffen

Grundsätzlich müssen nur die "dicken Fische" mit einem Besuch der Steuerfahndung rechnen, erklärt Georg Schmidt. Zwar muss im Prinzip jedermann darauf gefasst sein, überprüft zu werden, aber Steuerfahnder verfahren nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. "Die Steuerfahndung wird nicht wegen 1000 Euro einen Durchsuchungsbeschluss beantragen und einen festnehmen", erklärt Schmidt.

Auch Steuerfahnder seien nicht ausschließlich zahlengesteuert, sondern hätten - sehr zur Beruhigung ihrer nicht kleiner werdenden Kundschaft - auch ein moralisches Gewissen, betont Schmidt. "Es kann sich keiner davon freimachen, dass ihn in bestimmten Situationen eine persönliche Betroffenheit befällt, die ein professioneller Steuerfahnder natürlich niemals nach außen hin zeigen wird." Bisweilen sind die Verhältnisse, in die Schmidt und seine Kollegen von Berufs wegen ihre Nase stecken müssen, recht beklemmend. "Da kann es natürlich auch schon mal sein, dass man Abends ein Bier trinken muss, um das zu vergessen", gesteht Georg Schmidt.

Autor: Frank Gazon

Redaktion: Dеnnis Stutе