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"Grüne Pause"

24. März 2009

Die Umweltbildung in Bulgarien steckt noch in den Kinderschuhen. Eine Schule in Sofia leistet mit ihrem Projekt "Grüne Pause" hier Pionierarbeit und will ihre Schützlinge mit dem Thema vertraut machen.

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Zeichung zum Thema Umweltbildung (Foto: Vessela Vladkova)
Abfalltrennung in der Klasse 3bBild: DW/Vessela Vladkova

"Erst, wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann." Diese Weisssagung des Indianervolkes Cree hängt neben der Tafel im Klassenzimmer der 3B in der Sofioter Petko-Karawelow-Schule.

Es ist halb eins am Mittag, und obwohl es Zeit für die Mittagspause ist, sitzen die 26 Mädchen und Jungen noch im Klassenzimmer. Sie sind in der so genannten "grünen Pause". So nennt sich das neue Projekt, in dem die Kinder durch Basteln und Spielen an Naturliebe und Umweltschutz herangeführt werden sollen. Einmal in der Woche treffen sich die Schüler und Schülerinnen in ihrer Mittagspause, um mehr über Luftverschmutzung, Wasserknappheit und Tierschutz zu erfahren.

Umweltschutz als Teil des Alltags

Kinder im Klassenzimmer (Foto: Vessela Vladkova)
Die Kinder verkürzen ihre Pause gerne für den UmweltschutzBild: DW/Vessela Vladkova

Aus dem Fenster des Klassenzimmers sind die Folgen der boomenden Millionenstadt Sofia für die Kinder immer sichtbar. Jeden Tag können sie von dort aus die Blechlawine der Autos auf der naheliegenden Stadtautobahn, die ganzjährig verschmutze Luft und eine gelbliche Smogglocke über der Stadt sehen. "Es gibt zu viele Autos und Fabriken, die die Luft verpesten", weiß Joanna, die während der "grünen Pause" die Luftverschmutzer kennen gelernt hat.

Dass die Menschen die größten Natursünder sind, darüber sind sich alle Schüler einig. Das fängt schon im Kleinen an, stellt Todor fest, z.B. "wenn der Motor läuft, während Papa die vereisten Scheiben kratzt". Seine Mitschülerin Nia fügt hinzu, dass sich der Schnee braun verfärbe und nicht mehr so schön weiß sei, wie in den Bergen.

Kindliche Neugier als "Lerntreibstoff"

Collage ueber unsere Umwelt (Foto: Vessela Vladkova)
Collage über unsere UmweltBild: DW/Vessela Vladkova

Die Klassenlehrerin Katja Wandowa stellte zu Beginn des Schulprojektes überraschend fest, wie aufmerksam und kritisch die Neunjährigen ihre Umwelt beobachten. "Ihnen entgeht gar nichts", stellt sie zufrieden fest. Die Schüler und Schülerinnen seien so offen für alle neuen Dinge. Auch würde ihnen alles, was sie im Rahmen des Projektes lernten, im Alltag sehr hilfreich sein. "Heute wissen die Kinder, warum wir den Abfall trennen. Sie wissen, woher das Papier kommt, auf dem sie schreiben und wie viele Bäume gerettet werden, wenn das Papier recycelt wird", meint Wandowa. Das mache ihre Klasse sehr kritisch gegenüber jeder Verschwendung und das wirke sich auch im eigenen zu Hause aus.

Die kleine Kati weiß, was in den eigenen vier Wänden zu tun ist, um die Umwelt zu schonen. Sie erzählt, dass sie den Wasserhahn abdrehe, wenn sie sich die Zähne putzt. Einmal habe sie auch gesehen, dass das Wasser lief, während ihre Mutter telefonierte. "Ich habe den Wasserhahn zugedreht und meiner Mama gesagt, sie soll bitte nicht mehr das Wasser laufen lassen, während sie etwas anderes zu tun hat", erzählt sie.

Grün denken lernen in der Mittagspause

Basteln zum Thema Umwelt (Foto: Vessela Vladkova)
Basteln zum Thema UmweltBild: DW/Vessela Vladkova

Umweltschutz wird in Bulgarien selbst nach dem EU-Beitritt und trotz der strengen Richtlinien aus Brüssel immer noch nicht groß geschrieben. Grün leben und nachhaltig konsumieren – für viele Bulgaren ist das noch nicht Teil des Alltags. Die Schuldirektorin Radost Petkowa ist überzeugt: "Grünes Bewusstsein muss anerzogen werden." Deshalb engagiert sie sich stark dafür, dass erstmals ein Umweltschutzprojekt an ihrer Schule startet. Die Inhalte würden aber hauptsächlich außerhalb des regulären Unterrichts vermittelt, weil den Schülern der Umweltschutz-Unterricht schnell langweilig werden würde, meint sie. So nähmen die Schüler das Thema ganz anders auf, wenn sie beispielsweise etwas aus Abfällen bastelten und sich so mit dem Thema ganz praktisch auseinander setzten.

Im Sommer die Natur draußen erleben

Derzeit - im kalten und regnerischen Frühling - verbringen die Schüler der 3B die "grüne Pause" derzeit noch im Klassenzimmer. Wenn es wärmer geworden ist, möchte die Klasse die raus, auf den Pausenhof. In einer von Sträuchern eingerahmten Ecke werden sie dann mit Klassenlehrerin Katja Wandowa ihr wöchentliches Praxisprojekt verbringen. "Um unseren gemeinsamen Garten müssen wir uns dann alle kümmern", erklärt Wandowa, denn "wir sind ein Teil der Mutter Natur". Es sei zu schade, dass alle ihrer Schüler als typische Großstadtkinder aufwüchsen. Umso wichtiger sei daher die Umweltbildung, mit der man fast schon recht spät dran sei: "Man müsste noch im Kindergartenalter mit der Erziehung für Naturliebe und Umweltschutz anfangen."

Autor: Vessela Vladkova
Redaktion: Mareike Röwekamp