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Mit Social Business die Armut bekämpfen

18. März 2009

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus und seine Grameen-Gruppe starten mit dem deutschen Chemie-Konzern BASF ein Social Business. Was verbirgt sich dahinter?

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Verteilung von Reis in Bangladesch (Quelle: AP)
Bessere Ernährung und Gesundheitsvorsorge sind die Ziele beim Joint Venture in BangladeschBild: AP
Dr. Jürgen Hambrecht, Vorsitzender des Vorstands der BASF, und Dr. Muhammad Yunus, Friedensnobelpreisträger und Geschäftsführer der Grameen Bank, präsentieren in Ludwigshafen ein Moskitonetz (Foto: BASF)
BASF-Vorstandschef Jürgen Hambrecht und Muhammad Yunus präsentieren ein MoskitonetzBild: BASF

Die BASF und der Grameen Healthcare Trust gründen ein gemeinsames Unternehmen zum Vertrieb von Vitaminpulver und Moskito-Netzen in Bangladesch. Diese Meldung klingt zunächst wenig spektakulär. Doch verbirgt sich dahinter ein Geschäftsmodell, das die Entwicklungszusammenarbeit revolutionieren könnte: Die Rede ist vom Social Business im Sinne des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus und seiner Grameen-Organisation.

Revolutionäre Geschäftsidee

"Yunus ist der Meinung", erläutert Saskia Bruysten vom Grameen Creative Lab mit Sitz in Wiesbaden, "dass es neben dem normalen traditionellen Business auch ein soziales Business geben soll - und zwar komplett gleichwertig." Wie soll so ein sozial-orientiertes Geschäftsmodell laut Bruysten aussehen?

  • Ein Social Business verfolgt ein soziales Ziel.
  • Ein Investor gibt das Startkapital, verlangt aber keine Zinsen dafür.
  • Ein Social Business erwirtschaftet Profit und zahlt so bald wie möglich dem Investor das Startkapital wieder zurück. Weitere Gewinne dienen dann dem Ausbau des Geschäfts.

Zum konkreten Fall: Grameen will sich beim neuen Joint Venture mit der BASF in erster Linie um den Vertrieb kümmern und bringt Marktkenntnisse sowie die Vertriebsstrukturen in Bangladesch mit ein. Die BASF steuert die Ware bei: Nämlich eine Million Portionsbeutel Vitaminpulver und 100.000 Moskito-Netze. Dazu ein Startkapital von 200.000 Euro.

Bescheidenes Investment

Kunden der Grameen Bank (Quelle: Grameen Bank)
Kunden der Grameen Bank haben sich mit Hilfe von Mikrokrediten selbständig gemachtBild: picture-alliance / Godong

Allerdings: Auch wenn das in Bangladesch ein nennenswerter Betrag sein mag - für den größten Chemiekonzern der Welt ist es ein verhältnismäßig bescheidenes finanzielles Engagement. Rund 65 Millionen Euro gebe die BASF-Gruppe insgesamt jährlich aus, um Sozialprojekte zu fördern, sagt Ulrich von Deessen. Er ist Leiter des BASF-Kompetenzzentrums für Umwelt Gesundheit und Sicherheit am Stammsitz des Konzerns in Ludwigshafen. "Für uns ist das Projekt aber auch ein Versuch. Und ich glaube, wenn man einen Versuch wagt, dann geht man zunächst mal mit einer überschaubaren Menge Geld und einer überschaubaren Menge an Produkt da rein."

Mikrokredite für Frauen

Dass solche Projekte funktionieren können, hat Muhammad Yunus mit seiner Grameen Bank und der Mikrokredit-Finanzierung bereits hinlänglich unter Beweis gestellt. Für das Konzept wurde er 2006 sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet: Die Bank vergibt sehr kleine Kredite im Volumen zwischen zehn und hundert Euro in ländlichen Gebieten Bangladeschs, meistens an Frauen. Die Verzinsung ist mit rund zwanzig Prozent eher hoch, dennoch bleibt die Kredit-Ausfallquote extrem niedrig.

Der Hauptsitz von BASF in Ludwigshafen (Quelle: AP)
Hauptsitz der BASF in Ludwigshafen - der Konzern steigt als erstes Dax-Unternehmen ins Social Business einBild: AP

So kauft sich beispielsweise eine Frau mit dem geliehenen Geld eine Nähmaschine, beginnt sofort mit Schneider-Arbeiten und zahlt den Kredit in kürzester Zeit wieder zurück.Alleine in Bangladesch hat die Grameen Bank bereits mehr als acht Millionen Kunden. Das Geschäftsmodell hat sich so erfolgreich entwickelt, dass es Mikrofinanzinstitute mittlerweile in rund zwei Dutzend Ländern der Welt gibt. Nun gilt es, dieses Prinzip auch auf andere Branchen zu übertragen. " Wir investieren in den unternehmerischen Geist des Menschen", beschreibt BASF-Manager Ulrich von Deessen den Ausgangspunkt. "Wir wollen aus passiven Spendenempfängern aktive Kleinunternehmer machen. Das ist natürlich zunächst mal ein Versuch. Aber die Erfahrungen zeigen uns, dass bei reinen Spenden, die nicht an Bedingungen geknüpft sind, die Wirkung leider verpufft."

Danone als Vorbild

Der französische Konzern Danone hat es bereits vorgemacht: Seit 2007 betreiben die Franzosen zusammen mit Grameen ein Social Business in Bangladesch. "Dort steht inzwischen eine kleine Fabrik. 20.000 mit besonderen Nährstoffen angereicherte Joghurts werden da pro Tag produziert", so Saskia Bruysten.

Die BASF ist der erste deutsche Großkonzern, der ins Social Business einsteigt. Ziel der Verantwortlichen ist es, mit dem neuen Unternehmen in Bangladesch ab 2013 pro Jahr mehr als 200.000 Moskitonetze und mehr als 15 Millionen Tagesrationen Vitaminpulver abzusetzen. Aber auch wenn sich das Geschäft zunächst lediglich selber tragen würde, wäre das für die Verantwortlichen schon ein beachtlicher Erfolg.

Grameen will nach dem Prinzip des Social Business die Armut in der Welt bekämpfen. Über Mohammad Yunus wird sogar gesagt, er wolle den Begriff der Armut bis zum Jahr 2030 'museumsreif' machen. Saskia Bruysten von Grameen-Deutschland: "Die Ziele sind hoch, aber die Probleme sind auch groß. Also, insofern ist es meiner Meinung nach genau der richtige Ansatz."

Autor: Klaus Ulrich

Redaktion: Insa Wrede