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Aussterben abgesagt

15. Februar 2009

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen kann eine frohe Botschaft verkünden: Die Lust am Kinderkriegen wächst in Deutschland wieder, die Geburtenzahlen steigen weiter. Ein Grund: Die Krise.

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Schaukelnde Kinder
Es gibt wieder mehr Kinder in DeutschlandBild: AP

Jahrelang war zu hören: Deutschland sei Schlusslicht bei den Geburten, sogar vom absehbaren Aussterben der Deutschen war die Rede. Doch die Zahl der Geburten in Deutschland steigt jetzt wieder: Das Statistische Bundesamt schätzt Berichten zufolge die Gesamtzahl der Geburten im Jahr 2008 auf bis zu 690.000. 2007 erblickten hierzulande rund 685.000 Kinder das Licht der Welt. Das bedeutet, dass die durchschnittliche Kinderzahl je Frau bei 1,37 lag. Nach 1,33 ein Jahr zuvor war das erstmals seit 2004 wieder ein leichter Anstieg, der sich nun offenbar weiter fortgesetzt hat. Wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf den Familienreport 2009 des Bundesfamilienministeriums berichtet, kamen von Januar bis September vergangenen Jahres 517.549 Kinder zur Welt, 3400 mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Der Familienreport soll am Montag (16.2.2009) in Berlin vorgestellt werden.

"Familie hat Konjunktur"

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen besucht eine Kita (2008)
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen besucht eine Kita (2008)Bild: AP

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach in einem Interview von einer Trendwende. Vor allem bei den Männern steige der Kinderwunsch. "Besonders bei Frauen zwischen 30 und 40 Jahren hat die Zahl der Kinder zugenommen. Also in Partnerschaften, in denen genau überlegt wird, ob sie ein Leben mit Beruf und Familie meistern können", sagte von der Leyen. Junge Menschen hätten das Gefühl, die Gesellschaft lasse sie als Eltern nicht alleine. Nach Einschätzung von der Leyens verstärkt die Wirtschaftskrise den Wunsch nach einer Familiengründung. In raueren Zeiten suchten viele Menschen Halt in der Familie. "Wenn die Wirtschaft wankt, hat die Familie Konjunktur", sagte sie.

Eine Umfrage für den Report ergab dem Zeitungsbericht zufolge, dass 90 Prozent der Deutschen Familie für wichtig halten. 2002 seien 86 Prozent dieser Meinung gewesen. Die Hälfte der Deutschen sind der Meinung, die Familienpolitik der Bundesregierung habe die Situation der Familien verbessert. Nur fünf Prozent sehen demnach eine Verschlechterung. 34 Prozent hielten die Situation für unverändert. 56 Prozent der nicht berufstätigen Mütter möchten gern arbeiten.

Kinder sind kein Hindernis

Jedes fünfte Elternteil in Deutschland ist laut Familienreport allein erziehend. Von der Leyen: "Aber Alleinerziehende sind im Schnitt nur drei Jahre ohne festen Partner. Nach einer Scheidung wird viel selbstverständlicher als früher wieder geheiratet. Was mich freut: Kinder sind dabei kein Hindernis."

Familie beim Spaziergang
90 Prozent halten Familie für wichtigBild: dpa - Bildfunk

Die bereits mehrfach von der Ministerin geforderte Ausweitung der so genannten Vätermonate beim Elterngeld-Bezug will von der Leyen im Spätsommer zum Thema im Wahlkampf machen. "Die Ausweitung der Vätermonate steht in der nächsten Legislatur ganz oben auf der Tagesordnung", sagte sie. Und bei der geplanten Steuerreform müsse es eine starke Kinderkomponente geben.

Das Elterngeld war zum 1. Januar 2007 eingeführt worden. Ein berufstätiger Elternteil erhält ein Jahr lang 67 Prozent seines bisherigen Nettoeinkommens, höchstens aber 1.800 Euro im Monat, wenn er wegen der Kinderbetreuung im Job pausiert. Wenn auch der Partner, in den meisten Fällen der Vater, das Kind mindestens zwei Monate betreut, wird das Elterngeld 14 Monate gezahlt.

Der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Johannes Singhammer (CSU), betonte: "Die Zahl der Geburten ist für Deutschlands Zukunft wichtiger als Verschuldungsquote und Arbeitslosenzahl."

Der absolute Tiefpunkt

2006 war mit 673.000 Geburten der absolute Tiefpunkt seit Kriegsende registriert worden. Sogar im ersten Nachkriegsjahr 1946 lag die Geburtenzahl mit rund 922.000 um 27 Prozent höher als 2006. Bevölkerungsstatistiker verweisen darauf, dass wegen des Altersaufbaus der Gesellschaft die Zahl der potenziellen Mütter seit 1998 kontinuierlich zurückgeht. Nach einem internationalen Index sind dies Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren. Wegen der niedrigen Geburtenzahlen vor 2007 wird die Frauengruppe im gebärfähigen Alter in den nächsten 15 Jahren noch erheblich abnehmen. 80 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter leben heute im alten Bundesgebiet, nur 20 Prozent in den neuen Ländern. Vor der Vereinigung 1990 waren dies noch 28 Prozent. (sam)