1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Papst muss das Konzil verteidigen

Felix Steiner9. Februar 2009

Unbedachte Worte entfalten eine ungeahnte Wirkung. Das neueste Beispiel ist die Diskussion um den "Fall Williamson". Ein Papst aus Deutschland, dem Land der Täter, hat deshalb eine besondere Verantwortung.

https://p.dw.com/p/Gq61
Bild: DW

Der Papst ist der Papst. Und der Papst ist nur zwei Instanzen Rechenschaft schuldig: seinem Gewissen und Gott. Nicht der deutschen Bundeskanzlerin, nicht dem Zentralrat der Juden, nicht Hans Küng und auch nicht den Meinungsumfragen von infratest-dimap.

Die juristische Richtschnur des Papstes ist nicht das deutsche Strafgesetzbuch, sondern das Kirchenrecht. Und im Kirchenrecht gibt es keinen Passus, der Ansichten zu historischen Tatsachen vorschreibt. Deswegen ist die Leugnung des Holocausts - so widerlich sie ist - kein Grund, jemanden aus der Kirche auszuschließen.

Es war auch nie Absicht des Papstes, Antisemiten oder Leugner des Holocausts in die Kirche zu integrieren. Für ihn geht es um ein ganz anderes Thema: die Einheit der Kirche. Die zerbrach, weil Marcel Lefèbvre vor 20 Jahren ohne Zustimmung Roms - also kirchenrechtlich illegal - die vier, jetzt wieder in die Kirche aufgenommenen Männer zu Bischöfen weihte. Lefèbvre und seine Gesinnungsgenossen, die in der Pius-Bruderschaft organisiert sind, haben sich abgespalten, weil sie die Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils nicht akzeptieren.

Genau das ist der Knackpunkt: Bleibt die katholische Kirche auf dem Kurs des Konzils? Oder will Papst Benedikt mit dem Zugehen auf die Piusbrüder die Konzilsbeschlüsse aufweichen, wie sich inzwischen besorgt viele Katholiken fragen. Hierbei geht es um viel mehr als nur um die Frage, in welcher Sprache die Messe gelesen wird oder in welche Richtung dabei der Priester blickt. Das Konzil traf grundlegende Entscheidungen zur Religionsfreiheit, der Ökumene, dem Dialog mit den Nicht-Christen, vor allem mit den Juden. Und nicht zuletzt hat das Konzil betont, dass die Kirche in der modernen Welt von heute verankert sein muss.

Genau deswegen kann es niemand wundern, wenn ein Aufschrei der Empörung folgt, wenn ausgerechnet der Papst aus Deutschland, dem Land der Täter, einem Holocaust-Leugner den Weg zurück in die Kirche bahnt. Das sind die Zusammenhänge, die die moderne Welt herstellt. Und dem muss die Kirche gerecht werden. So will es der Geist des Konzils.