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Brasilien rüstet auf

Enrique López Magallón6. Februar 2009

Im Dezember 2008 unterzeichneten Brasilien und Frankreich Rüstungsverträge über 8,5 Milliarden Dollar.

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Präsident Luiz Inacio Lula da Silva will Brasilien zur militärischen Vormachtstellung in Lateinamerika verhelfenBild: AP

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und sein französischer Amtskollege Nikolas Sarkozy schlossen damit ein Bündnis, das „der internationalen Rolle Brasiliens“ entsprechen sollte, hieß es in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Rio de Janeiro.

In den nächsten 15 Jahren hat Brasilien viel vor: die Armee will ihre gesamte Flotte an Kampfflugzeugen erneuern, das erste atomkraftbetriebene U-Boot aus brasilianischer Produktion soll in Betrieb genommen werden - das Ganze mit französischer Hilfe. Die brasilianische Helibras, eine Tochtergesellschaft des Eurocopter Konzerns, wird 50 Militärhubschrauber Cougar EC-725 für 1,9 Milliarden Euro bauen.

Brasilien blickt über Lateinamerika hinaus

Dimitri Medvedev mit Hugo Chavez in Venezuela auf einem russischen Zerstörer
Präsident Hugo Chavez und sein russischer Amtskollege Dimitri Medwedew bei gemeinsamen russisch-venezolanischen ManövernBild: AP

Für Brasilien sind die Rüstungsverträge mit Frankreich aber nur ein erster Schritt einer großangelegten Strategie mit dem Ziel, das Land endgültig als Weltmacht zu positionieren, sagt Daniel Flemes, Brasilien-Experte des Giga-Instituts für Lateinamerika-Studien in Hamburg. “Präsident Lula formuliert es ganz offen, dass Brasilien durch die militärische Aufrüstung den Großmachtstaus erlangen möchte, den sich das Land seit langem vorstellt. Brasilien ist ja eine konsolidierte Regionalmacht; das Land erfährt mehr und mehr Anerkennung. Die Frage ist welche Rolle Brasilien auf globaler Ebene spielt.“

Die neuen Rahmenbedingungen für die militärische Präsenz Brasiliens in Südamerika wurden im Dezember 2008 vorgestellt. Als Ergebnis eines zivil-militärische Dialogprozesses zwischen Regierung und Armee wurde die so genannte Estratégia Nacional de Defesa, die nationale Verteidigungsstrategie präsentiert. Darin wird eine neue Verteidigungspolitik entworfen „die der führenden Positionierung des Landes entspricht“.

Regionale Konflikte

Auslöser für die Neuformulierung der brasilianischen Verteidigungspolitik waren konkrete Ereignisse, wie zum Beispiel die kolumbianische Militärope­ration gegen die FARC-Guerilla auf ecuadorianischem Staatsgebiet im März 2008. Solche Faktoren könnten weitere Spannungen in der Region verursachen, befürchtet Daniel Flemes. In den vergangenen Jahren hätten die Mittelmächte der Region, zum Beispiel Chile, aber vor allem auch Venezuela, “nachhaltig Rüstungsgüter eingekauft“, so Flemes. “Insofern besteht die Gefahr, dass die in den 90er Jahren begonnene verteidigungspolitische und militärische Zusammenarbeit zwischen den südamerikanische Staaten gefährdet ist und dass sich die Staaten wieder stärker als potentielle Feinde wahrnehmen.“

Deutschland Chile käuft Leopard 2 Panzer von der Bundeswehr
Chile hat Ende 2007 140 Leopard 2- Kampfpanzer aus Beständen der Bundeswehr gekauftBild: AP

Während Brasilien seine strategische Allianz mit Frankreich beschließt, suchen andere südamerikanische Staaten neuen Partner in der multipolaren Ordnung. Venezuela zum Beispiel rückt Russland und China immer näher. Chile tätigt Rüstungseinkäufe in Deutschland. Dadurch werde die außenpolitische Landschaft der Region zunehmend komplexer, meint Lateinamerikaexperte Daniel Flemes. “Von größerem öffentlichen Interesse ist der Export von deutschen Leopard 2 Panzern, nach Chile. Da steht Deutschland in der politischen Verantwortung, denn Chile hat diese Panzer im Norden des Landes an der Grenze zu Bolivien und Peru stationiert.“ Flemes spielt auf die außenpolitische Spannungen zwischen Chile und Bolivien einerseits, und Peru und Chile andererseits an. „Also könnte man darüber diskutieren, ob diese deutschen Panzerexporte nicht gegebenenfalls gegen die Rüstungsexportvorschriften verstoßen, nach denen Deutschland keine Kriegswaffen in Spannungs- oder Krisengebiete exportieren darf.“

Gefestigte Demokratie

Mit den jüngsten Rüstungseinkäufen hat Brasilien seinen Anspruch auf militärische Dominanz in der Region unterstrichen. Ob Brasilien seine Positionierung aktiv verteidigen wird oder nicht, bleibt noch abzuwarten. Daniel Flemes sieht angesichts dieser militärischen Pläne zumindest vorerst aber weder eine Gefahr für Brasiliens Demokratie noch für die Stabilität Südamerikas. “Brasilien ist in weiten Teilen eine gefestigte Demokratie, die aber ein großes Problem hat mit ihren Polizeiinstitutionen und Menschenrechtsverletzungen, die insbesondere von der Militärpolizei begangen werden.“ Diese Probleme im Sicherheitssektor seien aber weitgehend getrennt von der militärischen Aufrüstung zu sehen.“