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Kosovo-Debatte

5. Februar 2009

Die Sicherheitslage im Kosovo habe sich verbessert, sagen Abgeordnete des Europaparlaments. Kriminalität und Korruption sind noch ein Problem. Die Kooperationsbereitschaft von Belgrad und Prishtina könnte besser sein.

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Europäisches Parlament in StraßburgBild: EU

Ein Jahr nach Ausrufung der Unabhängigkeit ist das Kosovo friedlich und einigermaßen stabil. So sieht es das Europaparlament in Straßburg. In einer Erklärung attestieren die Abgeordneten dem jüngsten Staat Europas eine „verbesserte Sicherheitslage“. Dennoch sind sie besorgt über die weit verbreitete Korruption und die organisierte Kriminalität in der Region. Laut internationalen Presseberichten steht Kosovo in dem Ruf, Verbrecherbanden als Geldwaschanlage zu dienen.

Doris Pack, Vorsitzende der Südosteuropadelegation im Europäischen Parlament, mahnt zur Vorsicht mit Vorurteilen: „Was sie da beschreiben, ist nicht nur im Kosovo so, es ist in Serbien ähnlich. Wir haben hier eine böse Hinterlassenschaft des Milosevic-Regims in der ganzen Region. Sie haben auch gesehen, dass in Kroatien plötzlich diese alten Seilschaften eben wieder hochgekommen sind durch den Mord an der jungen Tochter eines Staatsanwalts. Das kann man jetzt nicht dem Kosovo allein anlasten.“

Weitere Stabilisierung notwendig

54 Staaten weltweit haben bereits das Kosovo als Staat anerkannt, darunter die USA und die meisten, aber nicht alle EU-Mitgliedstaaten. In mehreren europäischen Hauptstädten betrachtet man das Kosovo immer noch als einen gefährlichen Präzedenzfall. Martin Schulz, Vorsitzender der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament, plädiert für eine nüchterne Betrachtung der Lage: „Sicher bereitet das nach wie vor Sorgen. Wir alle sind uns aber im Klaren, dass die Selbständigkeitserklärung des Kosovo völkerrechtlich und staatsrechtlich hoch umstritten war und ist. Mehr denn je ist es deshalb erforderlich, dass wir Kosovo ökonomisch und institutionell stabilisieren. Der Staat existiert nun mal und ihn seinem Schicksal zu überlassen, wäre ein Fehler.“

Kritik an Kooperationsbereitschaft

Die EU soll die Unabhängigkeit des Kosovo überwachen. Die europäische Polizei- und Justizmission vor Ort (EULEX) ist der größte zivile Einsatz der EU-Geschichte. Doch kaum im Amt, sehen sich die Fachexperten bereits mit harschen Vorwürfen konfrontiert. Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ beklagte bereits deren angebliche Untätigkeit bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen. Dazu Martin Schulz: „Ich glaube, dass EULEX die Arbeit macht im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Man braucht, um diesen Verdacht von Kriegsverbrechen aufzuklären, immer zwei Grundvoraussetzungen: die dafür geeigneten Mittel und die Kooperation der Behörden vor Ort. Und insofern stellt sich immer die Frage, ob EULEX tatsächlich nachlässig arbeitet oder ob die Kooperationsbereitschaft der Behörden, sowohl Serbiens als auch des Kosovo, fehlt.“

Eine internationale Uni für Kosovo?

Das Europäische Parlament hat die Staatengemeinschaft aufgerufen, EULEX nach Kräften zu unterstützen. Doch Politik allein genügt wohl nicht. Im Kosovo ginge es auch darum, Menschen verschiedener Volksgruppen im Rahmen konkreter Projekte zusammenzubringen, meint die deutsche Europaabgeordnete Doris Pack: „Es gibt zum Beispiel den Vorschlag von uns, eine internationale Universität ins Zentrum des Kosovo zu stellen. Es gibt eine Universität in Pristina, es gibt eine in Mitrovica und wir möchten eine internationale Universität im Zentrum, wo eben Serben und Albaner gemeinsam lernen.” Doris Pack hofft, dass die jungen Leute so gegenseitige Toleranz lernen.

Jannis Papadimitriou