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Guter Euro

Henrik Böhme14. Januar 2009

Nicht alle wollen ihn, nicht alle können ihn bekommen - den Euro. Doch angesichts manch düsterer Erfahrungen mit der Finanzkrise sagt heute mancher: Hätten wir doch bloß den Euro!

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Eine Euro-Münze aus der Slowakei, die seit dem 1. Januar 2009 zur Euro-Zone gehört (Quelle: dpa)
Eine Euro-Münze aus der Slowakei, die seit dem 1. Januar 2009 zur Euro-Zone gehörtBild: picture-alliance / dpa /dw

Wer hätte das gedacht: Erst wird der Euro als alles teurer machender "Teuro" verschrien, und nun mausert sich Europas Währung ausgerechnet in diesen Krisenzeiten als stabiler Anker. Dass Europa in der Krise bislang einigermaßen glimpflich davon gekommen ist, das ist zu einem Gutteil dem Euro zu verdanken.

Euro als Schutzschild

Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank im Rundfunkstudio der Deutschen Welle (Quelle: DW)
Norbert WalterBild: DW/F. Craesmeyer

Währungsturbulenzen wie sie beispielsweise Ungarn oder Lettland erlebten, hätten genauso Deutschand oder Frankreich treffen können - wenn es den Euro dort nicht geben würde. Wo es den Euro aber gibt, wirkt er wie eine Art Schutzschild, an denen sich Finanzspekulanten die Zähne ausbeißen. Auch Norbert Walter, Chefökonom der Deutschen Bank, stellt dem Euro und der dazu gehörigen Europäischen Zentralbank ein gutes Zeugnis aus. "Der Euro hat sich als die zweite wichtige Weltwährung neben dem US-Dollar erwiesen," so Walter im Gespräch mit DW-WORLD.DE. Und die Europäische Zentralbank bekommt etwas von dem Lob ab. Sie habe nicht nur in den letzten zehn Jahren, sondern insbesondere in den vergangenen zwei Jahren in der Finanzkrise "eine durchaus robuste und verlässliche Figur abgegeben." Walter sieht ein gestiegenes Vertrauen in die Kompetenz dieser Einrichtung weltweit.

Viele neue Euro-Fans

Skulptur mit dem Euro-Symbol, umkränzt von gelben Sternen (Quelle: AP)
Die Euro-Skulptur vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am MainBild: AP

Die Beispiele Ungarn und Lettland zeigen, wie ungeschützt Länder ohne den starken Euro-Verbund da stehen. Der ungarische Forint wurde zum Spekulationsobjekt - und das Land damit an den Rand des Staatsbankrotts getrieben. Akute Finanznot auch in Lettland - auch dort half nur eine Milliardenspritze von EU und Internationalem Währungsfonds. Kein Wunder, dass der Euro plötzlich viele neue Fans bekommen hat. So in den baltischen Ländern, aber auch in Ungarn und Polen. Schön fände es Norbert Walter freilich auch, "wenn die drei, die von Anfang an hätten dabei sein können, es erwägen würden: also die Dänen, die Schweden und die Briten." Immerhin gäbe es zögerliche Zeichen, dass das in Dänemark und Schweden nicht mehr nur ein Wunsch sei, sondern durchaus auch eine Möglichkeit, so der Volkswirt.

Euro für die Insel?

Selbst in Großbritannien, wo man den Euro bislang fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, darf man plötzlich laut über Europas Währung nachdenken. Spätestens als das Pfund im Dezember fast paritätisch zum Euro stand, war die Debatte eröffnet. Polen, bislang ebenfalls in der Front der Euro-Gegner, benennt nun immerhin mit 2012 schon mal eine Zielmarke, für Rumänien steht 2014 im Raum. Dennoch hat ein zu starker Euro nicht nur gute Seiten. Er macht Exporte aus dem Euro-Raum teurer - und das dürfte die wirtschaftliche Erholung erschweren. Norbert Walter sieht einen fairen Wechselkurs bei 1,20 US-Dollar. Aber: "Die Amerikaner werden am Ende wie so viele Jahrzehnte zuvor sich auch jetzt nicht übermäßig um die Sorgen der Europäer kümmern."

Natürlich beteuert Washington bei jeder Gelegenheit, man sei an einem starken Dollar interessiert. Doch ist genau das nicht der Fall. Und auch die faktische Null-Zins-Politik der US-Notenbank ist für Europa kein Geschenk mit roter Schleife. Denn Zinsdifferenzen zwischen Europa und Amerika locken Spekulanten mit ihren riskanten, "Carry-Trades" genannten Produkten an den Markt.

Keine Null-Zins-Politik der EZB

Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank EZB (Quelle: AP)
Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank EZBBild: AP

Allerdings werde die Europäische Zentralbank nach Meinung von Norbert Walter kaum auf die Null-Zins-Linie der Amerikaner einschwenken, auch wenn die Zinsdifferenzen derzeit ein störendes Element seien. Seiner Meinung nach gibt es Zweifel daran, dass allein die Geldpolitik ausreicht, die Rezession im Euroraum zu bekämpfen. Walter verweist auf Zinsaufschläge für eine Reihe von Regierungen. "Beispielsweise müssen Griechenland und Irland Zinsaufschläge zahlen bei ihrer langfristigen Finanzierung der Staatsdefizite." Dies ist für Walter ein Hinweis darauf, dass es für den Euro nicht nur gute Zeichen gibt, sondern auch Zeichen, die ihn belasten. "Und so ist wohl auch zu erklären, dass der Höhenflug, den der Euro bis zur Jahresmitte 2008 erlebt hat, zwischenzeitlich relativiert wurde."

Aber auch mit dem derzeitigen Wechselkurs zum Dollar steht der Euro glänzend da. Und vor allem: Die Finanzkrise hat seine Glaubwürdigkeit erheblich gestärkt und seine Fan-Gemeinde deutlich vergrößert. So mancher, der ihn nicht hat, sagt heute: Wenn wir den Euro hätten, ginge es uns besser.

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