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Tschechien ist Europa-Meister im Kunststoff-Recycling

Daniel Kortschak (EURANET)12. Januar 2009

Tschechien ist Europameister und zwar in einer außergewöhnlichen Sparte: in der Wiederverwertung von Kunststoffen. 2006 wurden laut Statistikamt „Eurostat“ knapp 45 Prozent des Plastikmülls in Tschechien verwertet.

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Große Müllcontainer stehen im Schnee (Daniel Kortschak/2009)
Tschechien führt die Recycling-Statistik in der Wiederverwertung von Kunststoff anBild: Daniel Kortschak, 2009

Beinahe 45 Prozent der Plastik-Verpackungen werden in Tschechien verwertet. In Deutschland sind es knapp über 40 Prozent und in Österreich rund 35 Prozent.

Mülltrennung habe im Land Tradition, erklärt Milan Havel, Experte für Abfallwirtschaft bei der tschechischen Umweltschutzorganisation „Arnika“. Schon im Kommunismus habe die Sammlung von Glas und Papier gut funktioniert. Außerdem schenke Tschechien dem Plastikabfall auch mehr Aufmerksamkeit als andere Länder. „Die Wiederverwertung von Kunststoffen ist kompliziert und daher verbrennen viele Länder den Plastikmüll lieber“, sagt er.

Beste Lösung: Müll vermeiden

Plastikflaschen (Daniel Kortschak/2009)
Havel plädiert für Glas- anstelle von PlastikflaschenBild: Daniel Kortschak

Doch auch in Tschechien wird nicht alles wiederverwertet, was in den gelben Sammelcontainern landet. Kleine Plastikverpackungen wie Tüten oder Joghurtbecher werden in der Zementindustrie verbrannt. 130 Joghurtbecher verbrauche ein Tscheche pro Jahr, sagt Havel. „Die Becher lassen sich nur schlecht recyceln und wenn man sie verbrennt, gewinnt man nur fünf Prozent der Energie zurück, die für die Produktion nötig war.“ Sinnvoller wären Pfandgläser und -flaschen, wie es sie früher einmal gegeben habe.

Aber: Bislang landet beinahe jede dritte Glasflasche nach wie vor in der Mülltonne. Mit einer Recycling-Quote von rund 70 Prozent liegt Tschechien zwar weit vor Ländern wie der Slowakei oder Ungarn mit 20 Prozent und Spanien oder Großbritannien mit 50 Prozent.

Kein Spitzenplatz beim Glas-Recycling

Volle Mülltonnen am Straßenrand (Daniel Kortschak/2009)
Volle Mülleimer in Prags StraßenBild: Daniel Kortschak, 2009

Doch an Recycling-Quoten um die 100 Prozent wie in Skandinavien oder Belgien kommt Tschechien nicht heran. Die Gründe dafür liegen laut Havel in der mangelhaften Altglas-Sammlung. „Die Abnehmer für Altglas verschärfen die Anforderungen an die Qualität des Materials. Die kann Tschechien oft nicht erfüllen und die Glashütten importieren besseres Altglas aus dem Ausland“, sagt er. Und den Gemeinden fehle das Geld für getrennte Container für Weiß- und Buntglas.

Ein weiterer Grund ist das mangelnde Umweltbewusstsein vieler tschechischer Unternehmer: Tagtäglich kann man in der Prager Innenstadt beobachten, wie Restaurantbetreiber säckeweise Glasflaschen in den Restmüll kippen. Ihnen fehle die Motivation, den Müll zu trennen, sagt Havel. „Im Gegensatz zu den Bürgern müssen die Gewerbetreibenden für die Abholung der Altstoffe bezahlen.“ Zwar sind in Tschechien Betriebe gesetzlich dazu verpflichtet, ihren Abfall zu trennen. Doch Kontrollen gebe es so gut wie keine, gibt man auch im Umweltministerium zu.

Pfand-System nach deutschem Vorbild

Plastikflaschen quellen aus einem Mülleimer (Daniel Kortschak/2009)
Tschechien will das Dosen-Pfand einführenBild: Daniel Kortschak, 2009

Getränkedosen werden bislang nicht getrennt gesammelt. Nun soll ein Pfand-System nach deutschem Vorbild eingeführt werden. Doch Getränkeindustrie und Handelsketten wehren sich vehement gegen ein Einwegpfand. Es werde daher schwierig, das System durchzusetzen, sagt Daniel Vondrouš vom tschechischen Umweltministerium. „Aber das ist ein modernes System, das Zukunft hat. Es ermöglicht, sehr genau und wirkungsvoll bestimmte Abfälle zu erfassen. Und zwar genau die, die große Probleme dadurch verursachen, dass sie oft in der freien Natur landen.“

Im Frühjahr soll die entsprechende Novelle des Abfallgesetztes dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden. Stimmen beide Kammern zu, werden die Tschechen spätestens ab Mitte 2010 ihre Einwegflaschen und Dosen nicht mehr wegwerfen, sondern zurück ins Geschäft bringen.