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Belgien hat einen neuen Premier

30. Dezember 2008

Kurz vor dem Jahreswechsel hat es doch noch geklappt: Der flämische Christdemokrat Herman van Rompuy und sein Kabinett sind von König Albert II. vereidigt worden.

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Herman van Rompuy hebt die Hand zum Eid (Quelle: AP)
Herman van Rompuy bei seiner VereidigungBild: AP

Der flämische Christdemokrat und bisherige Parlamentspräsident, Herman van Rompuy, hatte sich am Montagabend (29.12.2008) mit den Vorsitzenden der größten Parteien auf eine Fortführung der bisherigen Koalition aus flämischen und wallonischen Christdemokraten, den Liberalen aus beiden Landesteilen und den Sozialisten der Wallonie geeinigt.

Der neue Regierungschef Herman van Rompuy im Auto nach der Audienz beim König (Quelle: dpa)
Als er kam, war er Parlamentspräsident, als er den Palast verließ, Regierungschef: Herman van RompuyBild: picture-alliance/dpa

Am Dienstagnachmittag wurde van Rompuy dann von König Albert II. im Laeken Palast in Brüssel empfangen und zum neuen Ministerpräsidenten ernannt - dem dritten binnen Jahresfrist. Auslöser war der überraschende Rücktritt von Regierungschef Yves Leterme und seines Kabinetts vor elf Tagen wegen der Affäre um den Verkauf der Fortis-Bank an die französische Bank BNP Paribas. Leterme wird vorgeworfen, im Rechtsstreit um das von ihm eingefädelte Geschäft die Justiz beeinflusst zu haben.

Überwiegend bekannte Gesichter

Das Kabinett des 61-jährigen Van Rompuy besteht offenbar weitgehend aus bekannten Gesichtern der Vorgängerregierung. Neu besetzt werden nach Medienberichten lediglich das Justiz- sowie das Innenministerium. Der bisherige flämische christdemokratische Justizminister Jo Vandeurzen wird dem neuen Kabinett nicht angehören, da er sich ebenso wie Leterme mit dem Vorwurf auseinandersetzen muss, im Fall Fortis Druck auf die Justitz ausgeübt zu haben. Nachfolger soll sein Parteifreund Stefaan De Clerck werden.

Das Innenministerium muss neu besetzt werden, weil der bisherige Ressortchef Patrick Dewael nach einem Bericht des belgischen Fernsehsenders VRT Parlamentspräsident werden soll. Als Kandidat werde der Abgeordnete Guido de Padt gehandelt.

Schwieriges Erbe

Der neue Regierungschef erbt die ungelösten Probleme seines Vorgängers. Der Streit zwischen den niederländischsprachigen Flamen und den frankophonen Wallonen blockiert weiter eine nötige Staatsreform. Die Zukunft der größten Banken des Landes ist angesichts der weltweiten Finanzkrise ungewiss. Die Wirtschaft lahmt, viele Bürger fürchten um ihren Arbeitsplatz. Beschlüsse zur Asyl- und Einwandererpolitik sind längst überfällig. Und Letermes Regierung hat keinen funktionsfähigen Haushalt für 2009 vorgelegt.

Ex-Ministerpräsident Leterme, die rechte Hand am Kopf (Quelle: AP)
Ex-Regierungschef Leterme stürzte über die Fortis-AffäreBild: AP

Auch die Fortis-Affäre könnte möglicherweise zum Stolperstein für die ohnehin wackelige Regierung werden. Der umstrittene Verkauf wird Gegenstand eines Untersuchungsausschusses. Die Vorsitzende der flämischen Christdemokraten, Marianne Thyssen, warnte bereits davor: "Dies darf kein parteipolitisches Tribunal werden".

Bis zum Wochenende hatte sich Van Rompuy noch standhaft geweigert, neuer Regierungschef zu werden. "Ich habe schon 1994 vor dieser Frage gestanden", sagte er noch vor wenigen Tagen, als er nach den Ambitionen für das Amt befragt wurde. "Ich habe es damals auch nicht gewollt. Die Politik ist nicht das ganze Leben." Dann kam die Audienz beim Monarchen, die 90 Minuten dauerte und ihn zum Umdenken bewegte. Der Flame gilt als kompromissbereit und - anders als sein Vorgänger Leterme - unter der Niederländisch sprechenden Bevölkerung als "frankophil".

Am Mittwoch will Van Rompuy seine Antrittsrede im Parlament halten. Am Freitag stellt er sich dort einem Misstrauensvotum. (hy)