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Georgiens schärfste Waffe: Fernsehbilder

Eleni Klotsikas21. Dezember 2008

In den fünf Tagen des Kaukasus-Krieges lieferten internationale Medien täglich Berichte. Eine einwandfreie Berichterstattung war aber kaum möglich: Propaganda der georgischen und russischen Medien erschwerten die Arbeit.

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Ein Georgier schaut hinter einem russischen Panzer her, der aus Georgien abzieht (23.09.2008/AP)
Bilder zeigen immer nur Ausschnitte - was aber wird nicht gezeigt?Bild: AP

Im georgischen Fernsehen wechselten sich martialische Kriegsbilder, die wie im Videoclip zusammen geschnitten und mit Musik unterlegt sind, mit patriotischen Liebesbekundungen georgischer Prominenten an das eigene Land ab.

Auf russischen Sendern dagegen wurde der georgische Präsidenten Saakaschwili diffamiert. Der Reporter im Fernsehen vergleicht den Politiker mit Hitler: In einen schwarz-weiß gefärbten Ausschnitt einer Rede von Saakashvili wird immer wieder das Bild von Hitler eingeblendet. Dann kommt ein Psychologe zu Wort, der die These wissenschaftlich unterstreichen will.

Propaganda auf beiden Seiten

Michail Saakaschwili mit einer Rose (04.01.2004)
Saakaschwili war in den ersten Tagen in der westlichen Berichterstattung der strahlende Gewinner - erst später zeigten sich auch seine SchattenseitenBild: dpa

Eine kritische Betrachtung des Konfliktes suchte man in beiden Ländern vergebens. Für westliche Journalisten wie den ARD-Moskau-Korrespondenten Stephan Stuchlik war es nicht leicht, für die Berichterstattung an verlässliche Informationen zu gelangen. Er konnte sich weder auf die russischen noch georgischen Medien verlassen. "In dem Moment, als der Konflikt ausbrach, haben beide Sender und der Rest der gesamten Medienlandschaft nationalistisch reagiert. Da wurden Propagandastücke gebracht", sagt Stuchlik.

Das wurde den westlichen Medien zum Verhängnis, als es darum ging, ausgewogen zu berichten. Dass es zu einem anfänglichen Ungleichgewicht dabei gekommen sei, habe auch daran gelegen, dass die georgische Regierung sich von Anfang an der Macht der Bilder stärker bewusst gewesen sei als ihr russischer Gegner, sagt Stephan Stuchlik.

Die Georgier hätten beispielsweise den Journalisten Busse angeboten, die sie nach Südossetien gebracht hätten, erzählt er weiter. Die Georgier hätten gesagt: "Hier ist gerade etwas ganz Schlimmes passiert, hier sind die Angehörigen, die können sie gerne mal fragen."

Die Macht der Bilder

Georgische Soldaten auf einem Panzer in Gori (11.08.2008/AP)
Dass auch die georgische Armee vor Gräueltaten nicht zurückschreckte, kam erst Tage nach Kriegsbeginn an die ÖffentlichkeitBild: AP

Doch als der ARD-Korrespondent, der als einziger ausländischer Journalist nach Südossetien vorgedrungen war, mit Opfern und Augenzeugen auch über die Gräueltaten der georgischen Armee sprach, änderte sich schlagartig die öffentliche Wahrnehmung des Krieges - auch international.

Seine Bilder verkaufte die ARD als Exklusivmaterial an westliche Sender und Agenturen. Stuchlik erfuhr allerdings selbst die Macht der Bilder: Zuerst wollte ihm niemand glauben, dass auch georgische Panzer seit mehren Tagen in Zchinwali Krieg führten. "Man merkte, dass diese drei Tage an antirussischer Berichterstattung - ohne Gegengewicht - einen Eindruck hinterlassen haben, nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei meinen Chefs und in der Nachrichtenredaktion."

Krieg übers Fernsehen

Ein ossetischer Soldat telefoniert mit seinem Handy während er über die Trümmer eines zerstörten Panzers läuft (11.08.2008/AP)
Georgien lotste Journalisten absichtlich in Gebiete, aus denen sich die Regierung eine positive Berichterstattung über das eigene Land erhofftenBild: AP

Doch um den Kaukasus-Krieg und auch die ungelöste Situation des Konfliktes journalistisch korrekt wieder geben zu können, reiche es nicht aus, nur darauf zu schauen, wer als erstes geschossen habe, sagt Stuchlik weiter. Die Spannungen zwischen Südosseten und Georgiern gingen bis in die Sowjetzeit zurück. Und die Rolle Russlands in diesem Konflikt sei nicht frei von eigenen Interessen.

Fakt ist: Auch durch die Medien haben Putin und Saakashvili diesen Konflikt in den letzten Jahren geschürt. Beide hatten das Fernsehen in ihren Ländern auf Staatslinie gebracht und regierungskritische Sender schließen lassen. Berichtet wurde nur noch über die Aggression des Gegners. Die wahre Information der Bevölkerung blieb auf der Strecke.