1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Doping in der Schule

Benjamin Wüst8. Januar 2009

Aufgedrehte, wilde Kinder werden von Eltern und Ärzten ruhig gestellt, ruhige Kinder aufgeputscht. Ältere Schüler und Studenten "dopen", um Prüfungen zu bestehen. Medizin zur Leistungsförderung wird immer normaler.

https://p.dw.com/p/GGn3
Immer häufiger "gedopt": Schüler werden medikamentös auf Klassenarbeiten vorbereitetBild: picture-alliance/ dpa

Der Wille ist da, aber der Geist ist schwach. Kein Problem, da kann man ja nachhelfen. Was jüngst noch Cola, Red Bull, Beruhigungstee oder Bachblüten waren, sind heute für immer mehr Schüler und Studenten Ephedrin, Ritalin, Amphetamin oder Modafinil – Medikamente, die die Leistungsfähigkeit erhöhen, Geist und Körper wachhalten und aufputschen.

Viagra für´s Gehirn

"Vitaminmangel wird nicht mit Obst, sondern mit Vitamindragees behandelt. Gegen Prüfungsangst kommen Beruhigungsmittel und bei Hyperaktivität Psychoanaleptiker zum Einsatz. Ein unreflektierter Umgang mit Medikamenten schafft eine Grundlage für Dopingbereitschaft bei Schülern," fürchtet Manfred Palmen, parlamentarischer Staatssekretär für Sport in Nordrhein-Westfalen.

Joachim Mester, Trainingswissenschaftler der Deutschen Sporthochschule
Mester: "Doping-Einstieg in der Schule"Bild: picture-alliance/ dpa

Doping ist nicht nur ein Problem im Leistungs- und Breitensport, sondern eines der ganzen Gesellschaft. "Manipulationsfreier Sport beginnt in der Schule", sagt Palmen. Immer häufiger geben Eltern ihren Kindern Lern-Pillen oder Tropfen – Viagra für´s Gehirn –, damit sie die Anforderungen in der Schule leichter bewältigen können. Abends vor der Prüfung ein Schlafmittel, am Morgen dann ein Aufputschmittel – und schon läuft`s mit der Klassenarbeit.

"Und plötzlich gibt´s da einen Cocktail von Nahrungsergänzungsmitteln für ein zehn-, zwölf- oder 14-jähriges Kind. Das ist ein Riesenproblem. Das ist der Einstieg, dann kommen die nächsten Maßnahmen hinterher," sagt Professor Joachim Mester, Leiter des Instituts für Trainingswissenschaften an der Sporthochschule Köln.

Konzentration, schnelle Beine und Muskelberge

Schüler lernen Medikamente als Doping kennen und schätzen. So wird es für sie normal, sobald sie geistig oder körperlich an Grenzen stoßen, sich das passende Mittel zu suchen, um der Leistung auf die Sprünge zu helfen. Das eine hilft für die bessere Konzentration, das andere macht schnelle Beine und das dritte baut Muskelberge auf.

Manfred Palmen Parlamentarischer Staatssekretär NRW
Palmen: "Antidopingerziehung gehört in die Schule"Bild: picture-alliance/ dpa

Damit ein solches Denken nicht selbstverständlich wird, müsse das Thema Doping als wichtiger Teil der Werteerziehung in der Schule stärker behandelt werden, fordert Staatssekretär Palmen. Der Sportunterricht solle zur Einschätzung und Wahrnehmung der eigenen Leistungsfähigkeit dienen. Er solle dazu führen, Durchhaltevermögen zu entwickeln, eigene und fremde Grenzen zu erfahren und mit Erfolg und Misserfolg umgehen zu lernen. "Das beinhaltet auch die Erkenntnis, dass eine manipulierte Leistung nicht die eigene ist. Da verbietet es sich stolz zu sein. Kinder und Jugendliche müssen erkennen, dass sie nur auf das stolz sein dürfen, was sie selbst hervorgebracht haben." Palmen plädiert also auch für eine ethische, moralische Anti-Doping-Erziehung. Vor allem aus einem Grund: "Die Verfügbarkeit von leistungssteigernden Substanzen und Drogen lässt sich nicht vermeiden. Kinder und Jugendliche müssen daher als Persönlichkeiten darauf vorbereitet werden."

Mehr Dopingprävention muss her

Bisher besteht der Anti-Doping-Kampf überwiegend aus Drohungen und Strafen. Staatssekretär Palmen fordert mehr vorbeugende Maßnahmen, am besten schon in der Schule. "Dopingprävention ist der wesentlich wirksamere Hebel für nachhaltige Veränderungen. Wir können über Aufklärung, Information und Erziehung unsere Grundlagen zur Dopingbekämpfung verbessern und damit weit mehr erreichen, als wir momentan noch zu hoffen wagen."