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Friedens-Theater

Ute Schaeffer30. Januar 2008

Mit Krieg sind die Iteso und die Karamajong in Norduganda aufgewachsen. Seit Jahrzehnten stehen die beiden Volksgruppen im Konflikt um Weideland und Wasser - in einem Theaterprojekt wollen sie sich jetzt näher kommen.

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Kinder in einem Flüchtlingslager in Uganda Quelle: Ute Schaeffer
Die Folgen von 20 Jahren Bürgerkrieg: Zehntausende Kinder haben ihre Eltern verlorenBild: DW/Ute Schaeffer

Frieden ist Voraussetzung für Entwicklung, heißt es in einem Lied einer ugandischen Jugend-Band. Ihre Lieder handeln auch von den Wünschen der Menschen hier in Nordost-Uganda: Endlich Frieden, der das Land und die Menschen eint, ein Ende der Gewalt, heißt es dort. Ziele, die seit dem Waffenstillstand vor zwei Jahren endlich wieder erreichbar scheinen. Die meisten Jugendlichen aus der Band können sich nur an Krieg erinnern. Einen zwanzig Jahre währenden Krieg, dessen Opfer vor allem die Menschen in Norduganda wurden. Die Musik der Jugend-Band erzählt auch von dessen Folgen.

"Die Rebellen drohten jedermann"

Joseph Kony, Milizenführer in Uganda, beantwortet Fragen von Journalisten, Quelle: AP (12.11.2006)
Joseph Kony, Milizenführer in UgandaBild: AP

Bandleader Joshua Idialle hat die Konflikte in der Region selbst hautnah erlebt und erinnert sich: "Wenn die Rebellen hier in die Region kamen und nicht das fanden, was sie suchten, nämlich Soldaten, dann haben sie sich eben an ganz normale Menschen wie dich und mich gehalten. Sie bedrohten jedermann. So wurden all jene, die nicht an der Rebellion teilnahmen und die nicht in der Regierungsarmee waren, zu den eigentlich Leidtragenden des Konflikts."

Auch die Karamajong aus den weiter nördlich gelegenen Regionen seien gekommen und raubten die Kühe der Iteso. "Das schuf einen weiteren großen Konflikt, der immer aggressiver wurde. Bis vor kurzem konnten wir ja nicht einmal die Grenze zum Karamajong-Distrikt übertreten. Sobald man das tat, lagen Karamajong im Busch und sie schossen auf dich. Und das gleiche passierte den Karamajong, wenn Sie hier in unseren Distrikt kamen, Karamajong wurden zu Tode gesteinigt", sagt Idialle.

Rinder als Existenzgrundlage

Das ostafrikanische Land Uganda, Quelle: AP
Das ostafrikanische Land UgandaBild: AP

Der Konflikt der beiden Völker, die von der Viehzucht leben, hat eine lange Tradition. Auch in der Vergangenheit hatten beide Gruppen einander immer wieder Vieh streitig gemacht und dem anderen gestohlen. Rinder sind wertvoll in der kargen Karamocha-Region – sie sind Existenzgrundlage für die großen Familien, die in der Grenzregion zu Kenia und dem Sudan ums Überleben kämpfen. Der Bürgerkrieg zerstörte weitere Ressourcen, machte den Existenzkampf noch schwieriger. Der Konflikt zwischen Karamajong und Iteso eskalierte, denn Weideland, Wasser und Nahrung waren knapp.

Zwei Jahrzehnte lang kämpfte hier im Norden Ugandas eine der brutalsten Rebellenarmeen weltweit unter der Führung von Joseph Kony gegen die Regierung des seit 1986 regierenden Präsidenten Yoweri Museveni. Sie wollten einen Gottesstaat errichten – die Menschen in Norduganda waren ihr erstes Opfer. Joshua kennt viele davon: "Sie entführten Kinder und Jugendliche, sie brachten unsere Verwandten um. Und als ein Resultat sind heute viele Kinder ohne Eltern."

Bilanz des Krieges: Zehntausende Todesopfer

Mehr als 25.000 Kinder wurden seit Beginn des Krieges in den Achtzigern von der Rebellenarmee entführt. Jedes vierte Kind in Norduganda verlor ein Elternteil. Rund zwei Millionen Menschen flohen vor der Gewalt, zehntausende starben.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni auf einer Pressekonferenz, Quelle: AP (29.09.2005)
Ugandas Präsident Yoweri Museveni hat den Konflikt nicht unter KontrolleBild: AP

Hier, in der Grenzregion zu Kenia und dem Sudan, trat der Bürgerkrieg eine regelrechte Eskalation der Gewalt los. Schon seit dem Sturz Idi Amins und den darauf folgenden Unruhen waren viele Waffen im Umlauf – durch den Bürgerkrieg wurden es noch mehr. Und so wurde aus seltenem Viehraub mit einfachen Waffen ein Teufelskreislauf aus Gewalt und Gegengewalt.

Mehr als 100.000 Iteso flohen vor dieser Gewalt in Flüchtlingslager, Schulen schlossen, weil keine Kinder mehr kamen. Auch innerhalb der Karamajong kam es zu Gewaltausbrüchen. Nur wer das weiß, kann ermessen, welch großer Schritt es für die beiden Volksgruppen gewesen ist, sich gemeinsam für den Frieden einzusetzen und sich in einer Theatergruppe für den Frieden dafür engagieren – wie diese Kinder, die fast alle ein Elternteil verloren haben. Die Jugendlichen singen und spielen die lange Konfliktgeschichte ihrer verfeindeten Volksgruppen nach.

"Die Beziehungen zwischen den Völkern waren eigentlich gut"

Frances Akello sieht der Theatergruppe mit sichtbarer Zufriedenheit zu. Die ältere Iteso-Dame hat die Bemühungen um Frieden von Anfang an begleitet, war Gründungsmitglied der Iteso-Vertretung in der Karamocha-Region. Akello erinnert daran, dass erst die Gewalt des Bürgerkriegs aus den traditionellen Interessenunterschieden der beiden Volksgruppen einen regelrechten Krieg gemacht hat: "Wir verstehen unsere Sprachen, wir haben ganz ähnliche Traditionen, unsere Abstammung ist die gleiche." Die Beziehungen zwischen Karamajong und Iteso seien eigentlich wirklich gut gewesen, sagt sie. Sie waren befreundet, es fanden gegenseitige Besuche statt, es wurde untereinander gehandelt. "Der Viehraub spielte nur eine sehr sehr kleine Rolle. Aber seit den 50ern verschlechterte sich das."

Es sei zu regelrechten Raubzügen gekommen, und zu Auseinandersetzungen – zunächst nur mit Speeren. Erst in den Siebzigern, als der Aufstand begann, hätte es dann Schusswaffen gegeben und das führte zu schweren Auseinandersetzungen. "Die Regierung tat nichts um den Frieden zu befördern. Sie haben die Gewalt weiter angeheizt", sagt Akello.