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Weltsozialforum

Sandra Petersmann, zurzeit in Nairobi23. Januar 2007

Die chinesische Wirtschaft boomt. Besonders bekommen das die afrikanischen Länder zu spüren, wo sich das chinesische Handelsvolumen in den letzten fünf Jahren mehr als vervierfacht hat. Ein Anlass für Diskussionen.

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Zum ersten Mal spielt das Sozialforum auch in China eine RolleBild: AP

Am Anfang ist noch alles friedlich. China NGO, das Netzwerk für Internationalen Austausch, hat in den provisorischen Seminarraum am Tor 15 des riesigen Moi-Fußballstadions eingeladen. Auf den Plastikstühlen vor dem Moderatorentisch sitzen rund 300 Teilnehmer - Europäer und Nordamerikaner, aber vor allem Afrikaner. Die Arbeit der chinesischen Volksvereinigung für Frieden und Entmilitarisierung sei von Engagement durch Ehrlichkeit und Freundschaft, durch Gleichheit und gegenseitigen Nutzen, durch Solidarität und Kooperation gekennzeichnet, sagt Chen Huifan, Direktorin der Vereinigung.

"Tief gerührt"

Die ersten Zuhörer rutschen unruhig auf ihren Stühlen hin und her. Die nette junge Frau auf dem Podium erzählt unbeirrt von ihrer letzten Äthiopien-Reise, wo ihr ein paar Jungs am Straßenrand zugejubelt haben sollen. "Ich war tief berührt, als ich hörte wie die kleinen Jungs China, China, China riefen", sagt Chen Huifan.

Kopfschütteln im Publikum, leises Gemurmel, Professor Isaac Mbeche von der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Universität Nairobi greift ein. "Will die chinesische Regierung eine ernsthafte Partnerschaft mit den Ländern Afrikas, oder will sie nur Afrikas Rohstoffe ausbeuten?", fragt er. China sollte eine Politik entwickeln, die beiden Seiten nutzt, anstatt nur das eigene Wirtschaftswachstum anzufeuern, während Afrika in Stagnation und Armut zurückbleibt - lautet seine Forderung.

Waffenhandel mit Simbabwe

Der Professor verweist auf das Beispiel Simbabwe. China baut in dem isolierten Land mit eigenen Arbeitern Chrom und Platin ab, der diktatorisch regierende Präsident Robert Mugabe bekommt im Gegenzug Waffen. Sogar Kampfflugzeuge. Die Bevölkerung geht leer aus. Immer mehr billige chinesische Waren und billige chinesische Arbeiter schwappen in die afrikanischen Märkte, während umgekehrt aus Afrika nur Rohstoffe nach China gehen. Einspruch der Chinesen. Es wird hitzig im provisorischen Seminarraum am Tor 15 im Moi Stadion von Nairobi.

Cui Jianjun, der Generalsekretär von China NGO, verlässt seine Rolle als Moderator der Podiumsdiskussion. "Wenn wir nicht kommen", sagt der Mann vom Dachverband der selbsternannten chinesischen Nichtregierungsorganisationen, dann kommen andere. Seine flammende Verteidigungsrede der chinesischen Afrikapolitik geht weiter. Afrika könne sich nicht in Isolation entwickeln. "Seid doch realistisch. Lasst uns zusammen für die Menschen arbeiten, und Ihr werdet gewinnen, gewinnen, gewinnen. Ihr habt Jahrzehnte der Investitionen aus dem Westen hinter Euch, und Ihr seid immer noch arm."

Ärger über chinesische Darfur-Politik

Der Rest geht im Tumult unter. Berilengar Dathol aus dem Tschad verlässt den Raum. Er hat genug gehört. Berilengar kümmert sich um Flüchtlinge aus dem westsudanesischen Darfur, die sich über die Grenze in sein Heimatland gerettet haben. "Dass wir bis jetzt immer noch keine UN-Friedenstruppe nach Darfur geschickt haben, liegt nur an China. Wenn du Sanktionen gegen den Sudan durchsetzen willst, musst du mit China verhandeln", sagt er wütend. China unterstütze den Sudan, weil der Sudan Öl hat und die Chinesen groß investiert hätten. In seiner Heimat Tschad laufe das genauso, sagt Dathol.

Chinesische Kapitalisten

Auch Humphrey aus Tansania kann nicht glauben, was er da gerade beim Weltsozialforum 2007 von den Chinesen gehört hat. China sei schon lange in Afrika. China habe den Befreiungskampf unterstützt und beim Aufbau der Staaten geholfen. "Das haben sie damals ohne Fallstricke gemacht. Aber jetzt sind die Chinesen wie verwandelt. Sie führen sich wie Kapitalisten auf und investieren genauso, wie es die Länder aus dem Westen auch machen."

Genauso wie der Westen? China und die Europäische Union in einem Topf? Humphrey aus Tansania nickt. "Wir sind der Fleischball, den alle wollen. Die Handelsbeziehungen zwischen Afrika und der Europäischen Union überzeugen mich auch nicht. Sie sind genauso unfair. Wir öffnen unsere Märkte für alle, aber wer außer uns macht das noch?"