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Karlspreis für Jean-Claude Juncker

Klaus Dahmann25. Mai 2006

Der Aachener Karlspreis gehört zu den ältesten und renommiertesten Auszeichnungen für Verdienste um den europäischen Einigungsprozess. In diesem Jahr erhielt ihn Jean-Claude Juncker, der sein Amt als Job sieht.

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Preisträger mit Standpunkt: Jean-Claude JunckerBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Ein strahlender Medienmensch ist Jean-Claude Juncker nicht. Nein, er wirkt stets ein wenig mürrisch, nuschelt seine Sätze vor sich hin und spricht ziemlich nüchtern über seinen "Job": Seit mittlerweile zehn Jahren ist er Regierungschef des rund 450.000 Einwohner zählenden Großherzogtums Luxemburg: "Es macht mir nicht mehr Spaß als am ersten Tag, aber auch nicht weniger. Es ist ja keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung, Premierminister zu sein. Ich mache es, ich mache es gerne, manchmal auch weniger gerne, aber ich mache es halt."

Seit 1950 wird der Aachener Karlspreis jährlich vergeben. Zu den Preisträgern gehörten bisher unter anderem der erste deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer, der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel und auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Dieses Jahr erhielt ihn Juncker. Er sei ein "Vermittler und Brückenbauer" zwischen Politik und Bevölkerung, so begründet das Karlspreis-Direktorium seine Entscheidung. Der Preis wurde ihm am Donnerstag (25.5.2006) in Aachen überreicht.

Offen und Ehrlich

Es ist aber nicht nur seine nüchterne Art, die den Christdemokraten Juncker bei seinen Landsleuten so beliebt macht, sondern auch die Offenheit und Ehrlichkeit, die er zu seinem Markenzeichen gemacht hat. So zum Beispiel als er es 2004 ablehnte, den Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu übernehmen - was sich die anderen Staats- und Regierungschefs gewünscht hätten -, und statt dessen lieber den Wähler in seiner Heimat treu bleiben wollte.

"Man kann nicht am 13. Juni antreten, um Premierminister zu bleiben, und dann am 17. oder 18. Juni sagen: So, Leute, das war's, ihr habt mich zwar fleißig und schön gewählt, aber jetzt setze ich mich nach Europa ab. Das geht nicht, das entspricht nicht meinem Politikverständnis. Man darf die Leute nicht massiv belügen", sagte der Politiker damals.

Auf nationalem und internationalem Parkett

Juncker hat sich stets darum bemüht, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Politik zu machen: 1989 begann er als luxemburgischer Minister für Finanzen und Arbeit und wurde kurz darauf zum Gouverneur der Weltbank gewählt. In dieser Zeit werkelte er an den Maastrichter Verträgen und den darin enthaltenen Bestimmungen zur Währungsunion entscheidend mit. 1995 übernahm er das Amt des Regierungschefs und wurde gleichzeitig Gouverneur des Internationalen Währungsfonds.

Seitdem hatte er auch zwei Mal die Ratspräsidentschaft in der EU inne: 1997 hat er bereits demonstriert, dass man als Regierungschef eines kleinen Landes sehr wohl Erfolge erringen kann, wenn man nur geschickt genug zwischen den Großen vermittelt. Aus seinem Munde hört sich das wie ein Lehrsatz aus einem Manager-Handbuch an: "Man muss dem Anderen auch den Eindruck geben können, er hätte sich durchgesetzt. Denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man es mag, sich durchsetzen zu können. Also muss man anderen das Gefühl geben, sie hätten sich jetzt im Moment durchgesetzt. Ich glaub, so geht's."

Diskrete Pendeldiplomatie

Allerdings musste Juncker während der zweiten Ratspräsidentschaft von Januar bis Juni 2005 feststellen, dass man manchmal auch mit größtem Verhandlungsgeschick keinen Durchbruch schafft: In Sachen EU-Finanzen beharrten Frankreich, Deutschland und Großbritannien unversöhnlich auf ihren Positionen. Juncker versuchte es zunächst noch mit diskreter Pendeldiplomatie.

Aber auch beim Juni-Gipfel 2005, bei dem es sowohl um den EU-Haushalt als auch um die Zukunft der Europäischen Verfassung ging, konnte der scheidende EU-Ratspräsident keinen Kompromiss erzielen. Juncker ließ seiner Enttäuschung und seinem Frust freien Lauf: "Man wird hiernach sagen, Europa stecke in keiner Krise. Aber ich sage: Europa steckt in einer wirklich tiefen Krise!"

Angedrohter Rücktritt brachte das Ja zur EU-Verfassung

Einen Kampf gegen die Krisenstimmung in Sachen EU musste Juncker auch im eigenen Land führen: Nachdem die Franzosen und Niederländer die Europäische Verfassung mehrheitlich abgelehnt hatten, legte der luxemburgische Premierminister bei der Volksabstimmung im Großherzogtum sein ganzes Gewicht in die Waagschale. Es beließ es nicht dabei zu betonen, dass der Verfassungsentwurf keinesfalls neu verhandelt werde, sondern drohte bei einem Nein auch mit dem Rücktritt. So ist ein Ja herausgekommen - ein für Europa zwar nur kleiner, aber für Juncker umso wichtigerer Erfolg.

Die kleinen Seitenhiebe auf seine Amtskollegen in den übrigen EU-Ländern gibt er dennoch nicht auf: "Ich möchte für Europa und die Interessen der Bürger arbeiten. Ich habe keine Zeit, um Theater zu spielen."