1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Kampf gegen das Chikungunya-Fieber

28. Februar 2006

Auf der der französischen Tropeninsel Réunion sind 77 Menschen am Chikunguya-Fieber gestorben. Auch aus Europa wurden Fälle gemeldet - das Virus überträgt sich jedoch nicht von Mensch zu Mensch.

https://p.dw.com/p/839V
Moskito-Bekämpfung auf La RéunionBild: AP
Dominique de Villepin am Krankenbett einer Patientin
Der französische Premierminister Dominique de Villepin am Bett einer InfiziertenBild: AP

Schmerzhaft, aber nicht tödlich - so lautete bisher die Lehrmeinung über das Chikungunya-Fieber. Infizierte leiden teils wochen-, in schweren Fällen auch monatelang unter Hautausschlägen, hohem Fieber, Gelenk- und Gliederschmerzen. Auf der französischen Tropeninsel Réunion im Indischen Ozean bietet sich inzwischen ein weitaus dramatischeres Bild: Innerhalb von zwölf Monaten erkrankte jeder fünfte der 775.000 Einwohner an dem Virus. Und 77 Menschen kamen direkt oder indirekt durch die Mücke Aedes albopictus, die das Virus überträgt, ums Leben. Von der französischen Insel Mayotte, von Madagaskar, Mauritius und den Seychellen wurden ebenfalls Krankheitsfälle gemeldet.

Auch in Deutschland und Frankreich gibt es einige Fälle: Eine 63-jährige Münchenerin erkrankte während ihres Urlaubs auf Mauritius wenige Tage vor ihrem Rückflug am 13. Februar. Das Münchener Tropeninstitut identifizierte später das Chikungunya-Virus. Seit Juni vergangenen Jahres wurden insgesamt sechs Patienten positiv getestet, sagte eine Sprecherin des Bernhard-Nocht-Instituts (BNI) für Tropenmedizin in Hamburg. Sie hätten sich sicher in von der Krankheit betroffenen Regionen im Ausland infiziert. Genauere Angaben konnte sie nicht machen. Es sei aber nicht überraschend, dass es angesichts des Auftretens der Krankheit in Tourismusgebieten auch in Deutschland Fälle der Erkrankung gebe. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.

Gerüchte über Mutationen

Auf La Réunion geht angesichts des massiven Ausbruchs der Infektionskrankheit die Furcht vor einer Mutation des Virus um. Schwere Entzündungen des Herzmuskels oder der Hirnhaut und Hepatitis seien Komplikationen durch das Chikungunya-Virus, wie sie bisher noch nicht in der medizinischen Literatur beschrieben worden sind, so stellt die Pariser Zeitung "Libération" besorgt fest. Die Ärzte auf der Insel wollen das Gerücht, das Virus ändere sich, allerdings nicht bestätigten. Während das Lehrbuch sagt, eine Infektion mit dem Virus immunisiere, kam auf Réunion überraschend dann die zweite Welle der Erkrankungen auf. Paris schickte zusätzliche Truppen in den Kampf gegen die grassierende Seuche. Unterdessen prüfen Fachleute, ob die statistisch erhöhte Sterblichkeit 2005 mit der Krankheit zu tun hat.

"Wir waren für den Kampf gegen die Mücke nicht genügend vorbereitet, es fehlte an Erfahrung und an Geldern", räumte der Tropenarzt Jean-Sébastien Dehecq auf Réunion ein. Über Jahrzehnte mit der Malaria-Ausrottung beschäftigt, bauten die Gesundheitsbehörden nach geschlagener Schlacht Personal auf der beliebten Ferieninsel ab. Auch Malaria wird von Mücken übertragen.

Reiseveranstalter behalten Region im Programm

Dabei ist das Virus, gegen das bisher kein Gegenmittel verfügbar ist, nicht unbekannt. Auf Kisuaheli "Gebeugter Mann" genannt, übertragen von der "Asiatischer Tiger" getauften Mücke, machte Chikungunya 1952 erstmals in Tansania von sich reden. Mittlerweile auf nahezu allen Kontinenten bekannt, seit etwa zehn Jahren auch in Europa, breitete sich die Mücke 2005 massenhaft auf Inseln im Pazifik und im Indischen Ozean aus.

Reiseveranstalter beobachten die Lage aufmerksam. Die großen deutschen Reiseanbieter sehen bislang aber keinen Anlass, Programme für die Region zu ändern. Neckermann zum Beispiel will zwei Rundreisen auf La Réunion im März stattfinden lassen, sagte Sprecher Gunther Träger in Frankfurt. "Für uns ist das eine temporäre Sache", sagte auch Anke Dannler von Dertour/Meier's Weltreisen in Frankfurt. Wie beim Marktführer TUI werden Urlaubern Verhaltensempfehlungen zum intensiven Mückenschutz auf die Inseln im Indischen Ozean mitgegeben. "Wie stark es auf uns zurückschlagen wird, lässt sich im Moment nicht abschätzen", sagte Annabell Feith vom Mauritius Informationsbüro in Frankfurt am Dienstag. Das in Deutschland populärste der drei Insel-Ziele ist Mauritius mit rund 56.000 Gästen (2005).

Frankreich wird aktiv

Nach heftiger Kritik am Krisenmanagement der französischen Regierung sagte Premierminister Dominique de Villepin insgesamt 91 Millionen Euro Hilfe zu. Bei einem Besuch von La Réunion versicherte Villepin am Sonntag, im Kampf gegen die Chikungunya-Infektion alle notwendigen Mittel einzusetzen, "um diese außergewöhnliche Krise zu überwinden". Paris will unter anderem 300.000 Packungen Mückenschutzmittel auf die Insel schicken. Sie sollen kostenlos an die Bevölkerung verteilt werden.

Zur Mückenbekämpfung sind auf La Réunion schon seit Wochen hunderte Soldaten im Einsatz. Der massive Einsatz von Insektengift wird von den Bewohnern inzwischen teilweise als eigene Gesundheitsgefahr gesehen. Der Bürgermeister der zweitgrößten Gemeinde Saint-Paul hatte Anfang des Monats die Verwendung eines Pestizids in Schulen untersagt, weil dieses noch 15 Tage nach dem Versprühen gefährlich sei. (stu)