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Demokratiereport: Zunehmend staatliche Kontrolle über Medien in Russland

26. Januar 2006

Die Konrad Adenauer Stiftung hat einen Demokratiebericht zur Lage der Medien weltweit vorgelegt. Die Lage in Russland erscheint kritisch: Immer mehr staatliche Kontrolle, immer weniger alternative Informationsangebote.

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Die russischen Medien sind nur auf den ersten Blick vielfältigBild: Illuscope

Im Bericht der Konrad Adenauer Stiftung mit dem Titel "Medien und Demokratie" wird betont, dass mit der Machtübernahme durch Wladimir Putin die staatliche Kontrolle über die Presse in Russland verstärkt wurde. Die Autoren des Berichts unterstreichen, auf den ersten Blick erscheine die russische Medienlandschaft vielfältig. Es gebe 2.500 Radio- und Fernsehgesellschaften sowie mehr als 25.000 Zeitungen und Zeitschriften. Das seien aber nur Zahlen. Dem Leiter des Büros der Konrad Adenauer Stiftung in Moskau, Thomas Kunze, zufolge haben sie nichts mit Meinungsfreiheit gemein. Er sagte der Deutschen Welle: "In diesem Zusammenhang verweist Russland gerne auf die Doppel-Standards, nimmt dann gerne das Beispiel Italien, dessen Medien durch die Berlusconi-Regierung in gewisser Art und Weise auch kontrolliert werden."

Gibt es alternative Informationsquellen?

Offiziell gehören in Russland dem Staat nur zehn Prozent des Rundfunks. Faktisch sind dem Bericht "Medien und Demokratie" zufolge alle Fernsehkanäle, die landesweit zu empfangen sind, unter staatlicher Kontrolle. Das jüngste Beispiel ist REN-TV. Der Sender lässt die kritische Journalistin Olga Romanowa keine Sendung mehr moderieren. Sie sagte der Deutschen Welle: "Für Journalisten, die in Russland nicht mehr auf Sendung gehen dürfen und somit keine Zuschauer mehr haben, ist das keine Tragödie. Das ist eine Tragödie für den russischen Zuschauer. Ich habe ein Experiment durchgeführt. Drei Tage lang bin ich nicht ins Internet gegangen und ich habe auch keine westlichen Satellitenkanäle geschaut. Nach drei Tagen habe ich begriffen, dass Russland von Feinden umzingelt ist. Es gibt den Feind im Inland und im Ausland und alle Hoffnungen werden in Putin, in die Staatsmacht gelegt. So denkt die Mehrheit der Bevölkerung, weil es keine alternativen Informationsquellen gibt."

Die Verfasser des Berichts der Konrad Adenauer Stiftung meinen aber, dass einige Zeitungen durchaus eine alternative Informationsquelle darstellen, beispielsweise die Zeitung Wedomosti und mehrere Internetseiten. Aber Zugang zum Internet haben in Russland nur etwa 15 Prozent der Bevölkerung, wobei die meisten von ihnen in den Großstädten leben. Auf dem Lande hat die Bevölkerung für Zeitungen oft gar kein Geld.

Viele Unterhaltungsshows

Sabine Adler, die mehrere Jahre in Moskau als Korrespondentin für den Deutschlandfunk tätig war, meint, in Russland sei eine Entpolitisierung der Gesellschaft in vollem Gange. Denjenigen, die keinen Zugang zu alternativen Informationsquellen hätten, bleibe nichts anderes übrig, als das zu schauen, was das Fernsehen zeige. Das seien vor allem unpolitische Unterhaltungsshows. Nachrichtensendungen würden auf eine Person zugeschnitten. Das seien der Präsident oder andere Kreml-treue Politiker, so Adler.

Sie fügte hinzu: "Diese eine Person nutzt die Medien, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Diese Sicht der Dinge wird nicht hinterfragt. Ich habe heute zum Beispiel ein Interview mit Ramsan Kadyrow, dem Sohn von Achmat Kadyrow, gelesen. Da wird einem schlecht. Es ist ein Interview, als hätte es keinen Krieg gegeben, als hätte es keine Opfer gegeben. Da wird der Leser wirklich für dumm verkauft."

Was folgt der "gelenkten Demokratie"?

Die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Konrad Adenauer Stiftung, die in Berlin ihren Bericht vorstellten, sprachen auch über die so genannte "gelenkte Demokratie". Mit Blick auf die anstehende Folgeuntersuchung im kommenden Jahr gaben sie vor allem einer Hoffnung Ausdruck: Sie wünschen sich, dass sich die so genannte gelenkte Demokratie in der Zwischenzeit nicht zur Diktatur entwickelt haben wird.

Oksana Jewdokimowa
DW-RADIO/Russisch, 24.1.2006, Fokus Ost-Südost