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Brasilianische Firmen profitieren kaum vom Exporterfolg

Klaus Hart23. Januar 2006

Nie zuvor hat das Schwellenland Brasilien so viel exportiert wie im vergangenen Jahr. Verantwortlich dafür sind vor allem die multinationalen Unternehmen im Land, heimische Firmen tun sich dagegen schwer mit Exporten.

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Containerhafen im brasilianischen Santos: Kapazitätsgrenze erreichtBild: picture-alliance/dpa

Stolz und zuversichtlich feierte die Regierung von Luis Inacio Lula da Silva den Exporterfolg: Die Ausfuhren lagen 2005 nach amtlichen Angaben bei umgerechnet 118 Milliarden Dollar, der Außenhandelsüberschuss kletterte erstmals auf rund 45 Milliarden Dollar. Damit konnte Brasilien seine Exporte um mehr als 23 Prozent steigern. Zum Vergleich: die Zuwachsrate im Weltdurchschnitt lag dagegen nur bei 14 Prozent.

Bürokratie schadet heimischen Firmen

Wie die nationale Außenhandelsvereinigung AEB konstatiert, kommen Brasiliens Exporte zu rund siebzig Prozent aus kapitalstarken multinationalen Unternehmen wie Ford, General Motors, Nokia, Ericcson und Motorola. Darunter sind auch viele deutsche Multis wie Volkswagen, Mercedes-Benz, Siemens, Voith, BASF oder Bayer. Kleine und mittlere nationale Firmen, die nur zu gerne exportieren würden, scheiterten dagegen häufig an den Hürden der ausufernden wirtschaftsfeindlichen Regierungsbürokratie. Für Alaor Gomes von der Außenhandelsvereinigung Brasiliens in der Wirtschaftsmetropole Sao Paulo ist der hohe Exportanteil der Multis normal. "Die Konzerne suchen billige Arbeitskräfte, günstige Standorte für ein globales Produkt", sagt er. "Sie nutzen ein bestimmtes Land als Exportbasis, um mit den dort weit billiger erzeugten Produkten international konkurrenzfähiger zu sein."

VW Fox
Ausfuhren des VW-Fox laufen gutBild: dpa

Das Schwellenland Brasilien locke derzeit mit seinen niedrigen Lohnkosten sehr viel Auslandskapital an. Zudem seien Rohstoffe und Zulieferteile sehr billig. "Auf viele Waren wird in Brasilien keine Ausfuhrsteuer erhoben - auch das begünstigt Exporte von hier aus", sagt Gomes. "Ich glaube, die Multis werden noch für lange Zeit die wichtigsten Exporteure Brasiliens bleiben, ihren Anteil weiter steigern. Beneidenswert, wie viele Fahrzeuge der VW-Konzern von hier aus in die ganze Welt liefert - doch auch die Automultis aus den USA oder Japan brachen 2005 hier sämtliche Ausfuhrrekorde."

Exportschlager: Autos, Handys, Soja und Rindfleisch

Hauptempfänger der brasilianischen Exporte ist interessanterweise die Europäische Union. VW do Brasil liefert nicht nur den Kleinwagen Fox nach Europa, sondern schickt von seinem hochmodernen Werk bei Rio de Janeiro auch immer mehr LKW und Busse in alle Welt. 2005 waren es 55 Prozent mehr als im Jahr davor. Die großen internationalen Handyhersteller steigerten die Ausfuhren aus ihrer so genannten Exportplattform Brasilien gar um das drei- bis vierfache. Brasilien zählt zu den wichtigsten Agrarexporteuren der Welt, liegt bei Rindfleisch und Soja, Zucker und Bioalkohol an der Spitze. Laut Alaor Gomes werden selbst landwirtschaftliche Ausfuhren fast völlig von multinationalen Unternehmen, darunter Cargill und Bunge aus den USA, kontrolliert.

Steaks
Exportschlager RindfleischBild: AP

"Dabei gibt es so viele exportfähige Produkte kleiner und mittlerer brasilianischer Firmen", klagt Gomes. Die Regierung habe es versäumt, die bürokratischen Hemmnisse für diese Unternehmen zu reduzieren. "Hier fehlt noch eine Export-Mentalität. Hinderlich ist zudem die starke Aufwertung unserer Landeswährung Real, was künftig große Probleme schaffen kann. Wir fordern deshalb von der Regierung, dass sie ihre Währungspolitik ändert", sagt Gomes.

Viele heimische Firmen geben auf

2005 verlor der Euro gegenüber dem Real rund vierzig Prozent an Wert - für etwa 2000 kleine und mittlere brasilianische Unternehmen wurde das Exportieren schlagartig unrentabel, sie gaben auf. Sie könnten, wie die Außenhandelsvereinigung befürchtet, nun an internationale Konzerne verkauft werden, die Gewinneinbußen viel länger verkrafteten. Ein Beispiel ist der Kleinwagen Fox von VW: Die Real-Aufwertung führte dazu, dass der Kleinwagen statt eines erklecklichen Gewinns in Europa bis auf weiteres nur Verluste einfährt.