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Kindesmissbrauch in Kroatien

22. Juni 2005

Eigentlich war der Fall von Kindesmissbrauch bereits zu den Akten gelegt. Doch nach zahlreichen kritischen Medienberichten geht nun der Generalstaatsanwalt wegen Vertuschung gegen Mitarbeiter der eigenen Behörde vor.

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Inzwischen hat sich der Generalstaatsanwalt eingeschaltetBild: Illuscope

Der kroatische Generalstaatsanwalt Mladen Bajic hat wegen Gesetzeswidrigkeiten und Unterlassungen im so genannten „Fall Brezovica“ die Entlassung seiner Stellvertreterin Bozica Cvjetko gefordert. Die Oberstaatsanwältin des Zagreber Landgerichts forderte die Entlassung eines weiteren Mitglieds dieser Institution - Ana Marija Loncaric. Dies begründet sich auf Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern, unter ihnen auch geistig behinderte, im von der Caritas betriebenen Kinderheim Alojzije Stepinac in Brezovica bei Zagreb.

Bewusste Unterlassung?

Bozica Cvjetko wird vorgeworfen, sie habe angeordnet, die Unterlagen über die Misshandlung der Kinder in Brezovica wegen angeblicher Verjährung zu den Akten gelegt zu haben, was nach den Worten Bajics aber nicht stimmt. Er habe noch nicht endgültig entschieden, ob er auch um eine strafrechtliche Verfolgung von Cvjetko und Loncaric nachsuchen werde, weil es sich hier nicht - so seine Erklärung - um falsche Entscheidungen handele, sondern darum, dass die kriminalistischen Untersuchungen im „Fall Brezovica“ nicht zu Ende geführt worden seien, obwohl die Polizei dies gefordert habe.

„Ich meine, dass das Material über den Fall zeigt, dass die Generalstaatsanwaltschaft, beziehungsweise deren Stellvertretung, die an diesen Dingen gearbeitet hat, sich nicht an die entsprechenden Gesetze und Vorschriften ihres Faches gehalten haben und sie deswegen, meiner Meinung nach, nicht mehr an solchen Fällen arbeiten können, beziehungsweise in der Generalstaatsanwaltschaft", sagte Bajic.

Vorwürfe waren schon seit 2003 bekannt

Der Generalstaatsanwalt hatte diesen und weitere Fälle von Kindesmissbrauch vor kurzer Zeit persönlich an sich gezogen, nachdem in einigen auflagenstarken kroatischen Medien ausführliche und tief recherchierte Berichte über die Vorwürfe sowie über deren Nichtverfolgung erschienen waren. In Medienberichten hatte es geheißen, im Landgericht Zagreb lägen bereits seit 2003 Unterlagen über den „Fall Brezovica“ mit dem begründeten Verdacht, dass behinderte Schützlinge und eine Mitarbeiterin der Einrichtung vergewaltigt worden seien. Es sollen darüber hinaus Indizien für weitere sexuelle Delikte vorliegen.

Milanka Opacic, eine Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei (SDP) die sich seit Jahren mit häuslicher Gewalt und dem Schutz von Kindern beschäftigt, erinnert an einige Fälle der Vertuschung von Kindesmissbrauch in den Schubladen der Generalstaatsanwaltschaft: „Der drastischste Fall, über den wir eine Bestätigung durch den Staatsanwalt in Zadar erhalten haben, war, dass während seiner dreitägigen Abwesenheit die stellvertretende Generalstaatsanwältin, Bozica Cvjetko, die Anweisung gab, einen Fall zu den Akten zu legen."

Der Generalstaatsanwalt erklärte, derzeit führe man auch eine kriminalistische Untersuchung gegen einige Erzieher im Caritas-Waisenhaus wegen physischer Misshandlungen durch. Von den Ergebnissen dieser Untersuchung hänge ab, ob auch Strafanzeige gegen die Leiterin des Heims und den damals zuständigen Staatssekretär für Sozialfürsorge gestellt werde.

Gordana Simonovic, Zagreb

DW-RADIO/Kroatisch, 21.6.2005, Fokus Ost-Südost