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Die diskreditierte Mission

11. Januar 2012

Die Arabische Liga erntet für ihre Beobachter-Mission in Syrien viel Kritik. Präsident Assad weiß diese Situation zu nutzen. Dabei könnte gerade ein Scheitern der Mission den Anfang vom Ende des Regimes Assad einleiten.

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Beobachter der Arabischen Liga in der syrischen Stadt Daraa (Foto: DPA)
Beobachter der Arabischen Liga in der syrischen Stadt DaraaBild: picture-alliance/dpa

Syriens Präsident Baschar al-Assad zeigt sich von der Mission der Arabischen Liga alles andere als begeistert. Kein Wunder: Was die Liga als Ziel formuliert hat, widerspricht dem Interesse des Regimes. Die arabischen Beobachter sollen den Abzug der Regierungstruppen aus den syrischen Städten und die Freilassung von politischen Gefangenen überwachen. Vor allem aber sollen sie dazu beitragen, die Gewalt zwischen dem syrischen Regime und der Opposition zu beenden.

Anhaltende Gewalt

Beobachter der Arabischen Liga bekamen in Daraa Verwundete der Kämpfe zu sehen (Foto: DPA)
Beobachter der Arabischen Liga bekamen in Daraa Verwundete der Kämpfe zu sehenBild: picture-alliance/dpa

Das ist ihnen bislang nicht gelungen. Seit die Beobachter vor zwei Wochen in Syrien eingetroffen sind, scheint das Regime nach wie vor mit allen Mitteln gegen seine Gegner vorzugehen. Ein Mitglied der Beobachter-Mission hat der syrischen Staatsführung am Mittwoch (11.01.2012) schwere Verbrechen gegen das Volk vorgeworfen und seinen Rücktritt eingereicht.

Der Algerier Anouar Malek beschuldigte das Regime, die Beobachter getäuscht und die ihnen gezeigten Dinge "inszeniert" zu haben. Die syrische Regierung verübe "nicht nur ein Kriegsverbrechen, sondern eine ganze Reihe von Verbrechen gegen das Volk", sagte Malek in einem Interview mit dem katarischen Fernsehsender al-Dschasira. Sie habe sich bisher an keinen Punkt des Plans der Arabischen Liga gehalten.

Mangelnder Erfolg

Einer Schätzung der Vereinten Nationen zufolge sind seit Beginn der Massenproteste im März 2011 mehr als 5000 Menschen Opfer der Gewalt geworden. Allein am vergangenen Wochenende (07./08.01.2012) starben nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 50 Männer, Frauen und Kinder.

Der mangelnde Erfolg der Beobachter, die Gewalt einzudämmen, habe einen Grund, sagt Anja Zorob. Sie ist Juniorprofessorin am Center for Middle Eastern and North African Politics an der Freien Universität Berlin und verfolgt die Lage in Syrien genau. "Die syrische Führung hat diese Mission nie richtig ernst genommen", sagt Zorob. "Assad sieht diese Mission als Maßnahme, um weiter Zeit zu gewinnen."

Mission gescheitert?

Nabil al-Arabi, Generalsekretär der Arabischen Liga (links) und der katarische Außenminister Hamad bin Jassim während eines Treffens zu Syrien am 8. Januar 2012 in Kairo (Foto: Reuters)
Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil al-Arabi (links) und der katarische Außenminister Hamad bin JassimBild: Reuters

Auch deshalb haben Vertreter der syrischen Protestbewegung die Beobachter-Mission für gescheitert erklärt. Das Blutvergießen in Syrien dauere an, der Einsatz der Arabischen Liga sei wirkungslos. Den am Sonntag vorgelegten Zwischenbericht der Liga kritisierte die Opposition als zu vage. Sie wirft den Beobachtern vor, lediglich ein Feigenblatt des Assad-Regimes zu sein und die blutige Realität zu beschönigen. 

"In den Reihen der Opposition hat sich die Arabische Liga mit Sicherheit diskreditiert", sagt der Journalist und Nahost-Experte Ulrich Tilgner. Denn die Mitgliedstaaten der Arabischen Liga zögen nicht an einem Strang. Im Gegensatz zu den ölreichen Golfstaaten, die sich gegen al-Assad stellen, arbeiteten Staaten wie der Sudan auf einen Kompromiss mit dem syrischen Regime hin. "Die Golfstaaten finanzieren die Opposition zu einem großen Teil und unterstützen sie publizistisch", sagt Tilgner. "Dagegen wollen weder der Sudan noch die Militärs in Ägypten, dass es zum schnellen Sturz Assads kommt – denn das könnte ein Signal sein für die Entwicklung in den eigenen Ländern."

Umstrittener Gruppenleiter

Nahost-Korrespondent Ulrich Tilgner
Nahost-Korrespondent Ulrich TilgnerBild: picture alliance / Eventpress Herrmann

Dass der Leiter der Beobachtergruppe, der sudanesische General Mohammed Mustafa Ahmed al-Dabi, bereits Ende Dezember 2011 lobende Worte für das Regime von Assad fand, verärgert die Opposition zusätzlich. Bereits seine Ernennung hatte für Kritik gesorgt. Denn al-Dabi gilt als Vertrauter des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir, der wegen Kriegsverbrechen in Darfur mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. 

Als Leiter der arabischen Delegation war al-Dabi von Beginn an ein Kompromisskandidat: Syrien hatte zuvor mehrere Vertreter anderer Länder abgelehnt. Offenbar wollte das Regime in Damaskus niemanden akzeptieren, der Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar nahesteht, die Sanktionen gegen Syrien vorangetrieben hatten.

Kritik von Assad

Präsident Assad hat sich die Spaltung der Arabischen Liga damit gleich doppelt zunutze gemacht. Einerseits scheint er sich vor einer Fortsetzung der Mission unter Al-Dabi kaum  fürchten zu müssen. Andererseits bieten ihm gerade Länder wie der Sudan Gelegenheit, die Arabische Liga zu kritisieren. In seiner ersten öffentlichen Rede seit sieben Monaten stellte Assad am Dienstag (10.01.2012) bezeichnenderweise die Frage, wie Länder, die selbst immense Probleme hätten, Syrien Demokratie lehren sollten.

Eine gute Woche vor Ende der Beobachter-Mission sieht es also ganz danach aus, als werde die Arabische Liga ihre Ziele nicht umsetzen können. Für Anja Zorob bedeutet dies aber nicht unbedingt einen Misserfolg der Mission. "Vielleicht ist ein 'Scheitern' der Mission und mit ihr die Feststellung, dass die syrische Regierung die gestellten Bedingungen nicht erfüllt, sogar die bessere Alternative", sagt Zorob. Die Folgen dieses Szenarios  sind allerdings noch völlig unklar.

Autorin: Anne Allmeling
Redaktion: Daniel Scheschkewitz