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Castor-Zug dauert so lange wie nie

27. November 2011

Der Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll aus Frankreich rollt langsam seinem Ziel in Gorleben entgegen. Aufgehalten durch Atomkraftgegner, ist der Transport 2011 länger unterwegs als jemals zuvor.

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Beamte der Bundespolizei tragen am am 27.11.2011 in Wendisch Evern einen Greenpeace-Aktivisten weg, der sich zuvor an den Bahngleisen festgekettet hatte (Foto: dapd)
Polizei im Einsatz an der BahnstreckeBild: dapd
Nach einer Unterbrechung von 18 Stunden hat der Castor-Zug am Sonntagmittag (27.11.2011) seine Fahrt ins Zwischenlager in Gorleben fortgesetzt. Aus Protest gegen den Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll haben sich am Sonntagmorgen mehrere Atomkraftgegner im niedersächsischen Hitzacker an die Bahnstrecke gekettet. Sie wollen damit die Fahrt des Atommüll-Zugs blockieren. Spezialisten der Polizei rückten an, um die angeketteten Castor-Gegner zu befreien. Der Einsatz wird in Deutschland von etwa 19.000 Polizisten und mehreren Zehntausend Atomkraftgegnern begleitet.

Polizeibeamte tragen am Sonntag (27.11.11) in Harlingen im Wendland während der Auflösung einer Sitzblockade auf der Bahnstrecke nach Dannenberg einen Gegner des Castor-Transportes (Foto: dapd)
In Harlingen schaffte die Polizei die Atomkraftgegner davonBild: dapd
In den vergangenen Jahren hatte die Polizei viele Stunden gebraucht, um die Demonstranten aus ihren Verankerungen zu lösen. Der Castor-Transport, der am Mittwoch (23.11.2011) aus Frankreich gestartet war, ist bereits schon länger unterwegs als alle seine Vorgänger in den vergangenen Jahren - nämlich mehr als 92 Stunden. Für das Land Niedersachsen bedeutet die lange Dauer des Transports enorme Kosten. 2010 betrugen die Ausgaben des Landes für den Castor-Transport 36,5 Millionen Euro. Im Vorjahr war der Castor nach 92 Stunden im Zwischenlager angekommen, das war der bis dahin längste Transport gewesen.

Blockade bei Harlingen ist aufgelöst

Die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth, gestikuliert am 25.11.11 in Kiel bei der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen bei ihrer Rede (Foto: dapd)
Claudia Roth: "Der Polizeieinsatz ist ein Anschlag auf die Demokratie"Bild: dapd

Die Sitzblockade von mehreren tausend Castor-Gegnern, die mehr als zwölf Stunden an der Castor-Strecke im niedersächsischen Harlingen ausharrten, ist mittlerweile aufgelöst. Nach Angaben der Polizei saßen rund 3000 Menschen auf den Gleisen, rund 1300 wurden weggetragen und kamen in sogenannten Unterbindungsgewahrsam, eine Sammelstelle unter freiem Himmel. Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte den Polizeieinsatz bei den Anti-Castor-Protesten als überzogen. Es sei nicht akzeptabel, "dass der Staat sein Visier runterklappt" und die Menschen mit Wasserwerfern und Schlagstöcken traktiere, sagte Roth am Sonntag auf dem Bundesparteitag der Grünen in Kiel. Die Demonstrationen gegen den Atommüll-Transport seien legitim und "Ausdruck des zivilen Ungehorsams". Die Atomkraftgegner ließen sich ihr Demonstrationsrecht nicht nehmen.

Fritz Pothmer (v.l.), Georg Janssen, Hanna Schwarz und Heiko Mueller-Ripke, Aktivisten der Bäuerlichen Notgemeinschaft Luechow-Dannenberg, liegen am Sonntag (27.11.11) in Hitzacker mit den Händen in einer Betonpyramide angekettet auf den Gleisen, auf denen der Castor-Transport fahren soll (Foto: dapd)
Sitzblockaden hindern den Castor-Transport an der WeiterfahrtBild: dapd

Ein Polizeisprecher vor Ort sagte, die Räumung sei sowohl von Seiten der Polizei als auch der Demonstranten "ruhig und geordnet" verlaufen. Dem Sprecher zufolge wurden alle diejenigen, die der Aufforderung zum Räumen der Gleise nicht folgten, in die sogenannte Außengewahrsamstelle gebracht. Sie sollen einem Richter vorgeführt werden. Hauke Nissen, ein Sprecher der Gruppe WiderSetzen, die zu der Schienenblockade aufgerufen hatte, schätzte die Zahl der in Gewahrsam genommenen Demonstranten auf etwa 2000. Die Gefangenensammelstelle auf freiem Feld bezeichnete er als "illegal".

Starke Windböen könnte Umladen verhindern

Der Zug aus dem französischen La Hague soll noch am Sonntag die Verladestation Dannenberg erreichen. Starker Wind könnte erstmals das Umladen der Castor-Behälter von der Schiene auf Lastwagen in Dannenberg verzögern. Meteorologen sagten heftige Windböen voraus. Der Kran, mit dem die Castorbehälter vom Zug auf Lastwagen umgeladen werden, wird nur bis Windstärke 7 eingesetzt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat jedoch für den späteren Tagesverlauf Böen der Stärke 9 angekündigt. Sollte Windstärke 7 tatsächlich überschritten werden, werde das Verladen der rund sechs Meter langen und rund 120 Tonnen schweren Behälter eingestellt, sagte der Sprecher des Zwischenlagerbetreibers, der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS).

Autor: Arne Lichtenberg (dpa, dapd, afp)
Redaktion: Annamaria Sigrist