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Gas-Kartell in weiter Ferne

15. November 2011

Zum 15. November hat das Forum Gas exportierender Länder zum ersten Gipfeltreffen nach Doha, der Hauptstadt Katars geladen. Könnte es sich zu einem Gas-Kartell formieren? Die Marktstrukturen sprechen vorerst dagegen.

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Brennende Gasflamme eines Gasherdes (Foto: AP)
Noch ist der Gaspreis an den Ölpreis gekoppeltBild: AP

Zum ersten Mal trifft sich in Doha das Forum Gas exportierender Länder (GECF), um über Preise und ein gemeinsames Vorgehen auf dem Gasmarkt zu diskutieren. Seit der Gründung dieses Forums vor drei Jahren wird von vielen Ländern befürchtet, dass es auf dem Gasmarkt nun ebenfalls zu Preisabsprachen und einer Festlegung von Fördermengen kommen könnte - ganz wie es in den 70er-Jahren die Organisation Erdöl exportierender Länder, die OPEC, vormachte. Damals nutzte die OPEC ihre Marktmacht und senkte aus politischen Gründen die Fördermenge, wodurch die Weltwirtschaft heftig ins Trudeln geriet.

Kurzfristig kein Gas-Kartell

Ein LNG-Tanker in den Gewässern vor Singapur (Foto: AP)
LNG auf dem Weg nach Singapur - Flüssiggas ist aber noch die AusnahmeBild: AP

Schon im Vorfeld beschwichtigte der Energieminister von Kartar, Mohammed bin Saleh al Sada: Die Gasproduzenten wollten faire Preise und würden nicht planen, die Preise zu kontrollieren, sagte er. Auch die Rohstoff-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) glaubt, dass bei dem Treffen andere Themen im Vordergrund stehen werden, beispielsweise neue Pipelinerouten, die Entwicklung des wichtigen europäischen Marktes oder die Auswirkungen des Überangebotes an Gas aufgrund der Förderung von unkonventionellem Gas in den USA.

"Eine Voraussetzung für ein Gas-Kartell wäre ein funktionierender globaler Handelsmarkt oder zumindest starke regionale Handelsmärkte", sagt Kurt Oswald, von der Unternehmensberatung A.T. Kearney im Gespräch mit DW-WORLD.DE. Eine solche Struktur gäbe es zurzeit aber nicht, denn weltweit werden nur 2,5 Prozent des Gases in Form von verflüssigtem Gas (LNG) auf Spotmärkten gehandelt. Vielmehr wird der Gasmarkt durch langfristige Verträge bestimmt, in denen die Gas-Preise zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart werden und der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt ist. Diese Verträge laufen teilweise 20 bis 30 Jahre lang und können dementsprechend kurzfristig auch nicht beeinflusst werden.

Hinzu kommt, dass die Mitglieder des Forums Gas exportierender Länder nicht alle dieselben Interessen haben. Zum Teil fördern die Mitglieder nämlich nicht nur Gas, sondern auch Öl. "Da der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt ist, wird er ohnehin schon von Seiten der OPEC mit beeinflusst," erklärt Oswald. Das mache aus seiner Sicht kurzfristig ein wirksames Gas-Forum eher unwahrscheinlich.

Ölpreisbindung unter Druck

OPEC-Logo auf dem OPEC-Hauptquartier in Wien (Foto: AP)
Indirekt beeinflusst die OPEC auch den GaspreisBild: AP

Allerdings mache die Ölpreisbindung der Gaspreise immer weniger Sinn, sagt Claudia Kemfert gegenüber DW-WORLD.DE. "Der Ölpreis unterliegt ganz anderen Marktgesetzen und anderen Knappheitsgesetzen und ist demnach sehr viel höher als der Gaspreis", so Kemfert. Der Gasmarkt hat sich in den letzten zwei Jahren stark verändert. Vor allem dadurch, dass in den USA unkonventionelles Erdgas erschlossen wurde und so das Land vom Gasimporteur sogar zum -exporteur wurde. Dadurch gibt es ein Gasüberangebot mit entsprechendem Druck auf die Preise. So haben sich inzwischen die Preise, die sich an den Spotmärkten bilden, von den Preisen aus den langfristigen Lieferverträgen abgekoppelt und Preisniveaus erreicht, die um die Hälfte niedriger waren als die an den Ölpreis gekoppelten Importverträge, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney.

"Ich sehe die Gas exportierenden Länder in einer Defensive", so Kemfert. Sie müssen sich eine Marktstrategie überlegen und vor allem faire Gaspreise, Marktpreise zulassen, denn die Ölpreisbindung sei nicht mehr zeitgemäß. "Immer mehr Abnehmer wollen aus den Verträgen raus und gehen auch aus den Verträgen raus, stornieren ihre Verträge."

Doch Kartellsorge berechtigt?

Russisches Gazprom-Logo vor dem russischen Regierungsgebäude in Moskau (Foto: dpa)
Russland ist ein wichtiger Gasexporteur - die USA sind es mittlerweile auchBild: picture-alliance/dpa

Wenn mehr Druck auf die Gaspreise käme, komme man in eine ähnliche Situation wie beim Ölmarkt, glaubt Kemfert. "Wenn die Ölpreisbindung immer mehr bröckelt, könnten sich eines Tages die Gas exportierenden Länder überlegen, ob sie gemeinsam eine Strategie entwickeln, wie man einen Gaspreis diktieren oder zumindest beeinflussen kann."

Auch Oswald kann sich ein Szenario vorstellen, in dem die Ölpreisbindung aufgelöst und der Gasmarkt weiter geöffnet wird. In einer solchen Welt könnte dann der Gaspreis durch ein Forum beeinflusst werden. Nicht in den nächsten zehn Jahren, "aber danach könnte es durchaus Entwicklungen in diese Richtung geben."

Das Forum Gas exportierenden Ländern gibt es bereits seit drei Jahren. Ziel der zwölf Mitgliedsländer ist es, ihre Interessen auf den Gasmärkten besser durchsetzen zu können. Unter den Mitgliedern sind auch die beiden größten Gas-Länder Russland und Iran. Insgesamt verfügen die Mitglieder des Gas-Forums über mehr als 70 Prozent der weltweiten Gasreserven und fördern etwas über 40 Prozent der verbrauchten Gasmenge.

Autorin: Insa Wrede
Redaktion: Rolf Wenkel