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Rumänien will den Euro

10. November 2011

Rumäniens Präsident Traian Basescu hat bekräftigt, dass sein Land bis zum Jahr 2015 der Eurozone beitreten möchte. Das soll durch die Fortführung eines rigiden Sparkurses möglich werden.

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Ein älterer Rumäne hängt eine Europa-Flagge neben die rumänische Flagge an seinem Balkon (Bild: AP)
Bild: AP

"Den einfachen Leuten ist es völlig egal, ob Rumänien den Euro einführt oder nicht. Die haben andere Sorgen", sagt Peter Janku von der rumänischen Redaktion der Deutschen Welle. Der Euro sei ein Projekt der Elite, für die, "die ohnehin viel Geld haben und noch mehr Geschäfte machen wollen". Rumänien mit seinen knapp 20 Millionen Einwohnern ist laut Internationalem Währungsfonds (IWF) zurzeit das ärmste Land der Europäischen Union, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf.

Der Euro ist aber auch ein Projekt der Politik. Zum wiederholten Mal hat der rumänische Präsident Traian Basescu von der Mitte-Rechts-Partei PDL sein Bekenntnis zum Beitritt kundgetan, "weil das für alle ein Ansporn ist", so Basescu im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Das Land wolle 2013 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Dies werde gelingen, "weil die Leute über unsere Sparmaßnahmen zwar nicht glücklich sind, aber ihre Notwendigkeit zu verstehen beginnen". Diese Sparmaßnahmen umfassen unter anderem die Schließung von 70 Krankenhäusern, die Kürzung der Gehälter im Öffentlichen Dienst um 25 Prozent, die Streichung von 185.000 Stellen und die Reduzierung der Sozialleistungen um 15 Prozent.

Konsolidierung durch harte Sparmaßnahmen

Diese Sparmaßnahmen seien aber nur zum Teil den Euro-Plänen geschuldet, erläutert Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft gegenüber DW-WORLD.DE: "Infolge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise war Rumänien bereits 2008 in eine Leistungsbilanzkrise und eine kleine Währungskrise geraten, in deren Folge die EU zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds mit einem Hilfspaket eingriffen." Knapp 13 Milliarden Euro wurden damals in einem zweijährigen Stand-by-Kredit bereitgestellt, dazu fünf weitere Milliarden aus dem Notfallfonds der Europäischen Kommission und zwei Milliarden von weiteren internationalen Organisationen, um die rumänische Wirtschaft wieder auf eine gesunde Basis zu stellen.

Der Euro als Schutz vor Spekulanten

Ein Krankenwagen passiert ein Pferdefuhrwerk auf einer Strasse nahe Agighiol, Rumänien (Bild: AP)
Rumänien ist zurzeit das ärmste Land der EUBild: AP

Auch wenn es momentan auf den ersten Blick widersinnig scheinen mag, dass ein weiteres Land den Euro einführen möchte, kann Jürgen Mathes dieses Vorhaben durchaus nachvollziehen: "Wir haben gesehen, dass es in Rumänien und anderen osteuropäischen Staaten, die noch eine eigene Währung haben, Währungskrisen gab und dann plötzlich, wenn das Kapital aus dem Land flieht, die Währung massiv abgewertet wird, was zu großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten führt." Zudem wolle man Unternehmen aus der Eurozone dazu bringen, in Rumänien zu investieren, um wiederum die heimische Wirtschaft zu unterstützen.

Peter Janku bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel: "Das gesamte Bankensystem in Rumänien ist durch Griechenland ins Wackeln gekommen." Griechische Banken seien an rumänischen beteiligt, andererseits hielten rumänische Banken griechische Staatsanleihen. "Das macht uns große Sorgen." Und genau diesbezüglich scheint sich Basescu Hoffnungen zu machen, wenn er sagt, dass sich in der Krise zeige, was die Eurozone ausmacht. "Es geht nicht um die Maastricht-Kriterien,sondern um eine leistungsfähige Wirtschaft", wird er in der FAZ zitiert.

Gute Zahlen als Voraussetzung für den Beitritt

Das Parlamentsgebäude in Bukarest (Bild: Cristian Stefanescu)
Das Parlamentsgebäude im Bukarest

Immerhin hat es Rumänien unter Präsident Basescu schon geschafft, die Inflationsrate für das laufende Jahr von 4,6 auf 3,3 Prozent zu senken. Für 2012 dürfte die Preissteigerung sogar auf unter drei Prozent sinken. Und auch bei der Neuverschuldung gibt es erste Erfolgsmeldungen: Lag die im vorigen Jahr noch bei 6,5 Prozent, liegt das Ziel für 2011 bei 4,4 Prozent und 2012 bei 1,9 Prozent. "2013 wollen wir einen ausgeglichenen Haushalt erreichen", sagte Basescu der FAZ.

Die Einführung des Euro wäre ein weiterer Schritt auf einem Weg, den Rumänien seit 1989 konsequent beschreitet: Das Land sucht seither zunehmend die Nähe zum Westen. Seit 2004 ist es in der NATO und seit 2007 in der Europäischen Union. Aber nach wie vor gilt die Korruption als eines der größten Hindernisse für eine Steigerung der Wirtschaftskraft. Gut möglich, dass es auch an dieser Korruption liegt, dass der Euro für die meisten Rumänen kein Thema ist. Und für viele sei die Problematik schlichtweg "zu komplizert", so Peter Janku von der Deutschen Welle. "Aber das ist ja auch hier in Deutschland bei vielen der Fall."

Autor: Tobias Oelmaier
Redaktion: Anne Allmeling