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Iran Saudi-Arabien

14. Oktober 2011

Ein mutmaßliches iranisches Mordkomplott gegen den saudischen Botschafter in Washington sorgt für politische Spannungen. Das belastet das Verhältnis Irans zu den USA und dessen Verbündetem Saudi-Arabien.

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Symbolbild (DW)
Bild: DW Montage

Es herrscht Aufregung in Washington, nachdem dort ein angeblich geplantes Attentat iranischer Verschwörer gegen einen saudi-arabischen Botschafter aufgedeckt wurde. Dieser politische Wirbel hat vor allem mit der angespannten Lage am Persischen Golf zu tun. Denn das Verhältnis zwischen der schiitischen Vormacht Iran und dem überwiegend sunnitischen Saudi-Arabien ist schon seit langem angespannt - es birgt politische Sprengkraft. Das hat mit machtpolitischen Interessen, aber auch mit konfessionellen Konflikten zu tun. "Die Golf-Staaten fühlen sich von Iran bedroht", sagt Mehrdad Khonsari vom Center for Arab and Iranian Studies in London. "Iran hat immer wieder versucht, die schiitischen Minderheiten zu instrumentalisieren und damit Unruhe in den Golf-Staaten zu schüren."

Konkurrenz um die regionale Vormacht

Ayatollah Ali Khamenei (links) und Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi (rechts) mit Mahmud Ahmadinedschad (Foto: AP/dapd)
Die iranische Führung streitet sich mit Saudi-Arabien um die Vorherrschaft am GolfBild: dapd

Spätestens seit der Islamischen Revolution 1979 befinden sich Iran und Saudi-Arabien in einem Wettstreit um die geopolitische Vorherrschaft am Golf. Die Gründung des Golf-Kooperationsrats - zu dem neben Saudi-Arabien auch Kuwait, Qatar, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman gehören - wird oft als Antwort auf die Revolution in Iran interpretiert. Dadurch hat die saudische Monarchie ihren Einflussbereich seit 1981 stetig gefestigt. Denn das sunnitische Königshaus hat ganz andere Interessen als die schiitischen Mullahs - auch wenn es beiden Seiten vordringlich um Macht und Einfluss geht.

Das wurde zuletzt in den unterschiedlichen Reaktionen Irans und Saudi-Arabiens auf den sogenannten arabischen Frühling deutlich. Während die saudische Monarchie eher dazu tendierte, die etablierten politischen Systeme in der arabischen Welt aufrecht zu erhalten, versuchte die iranische Führung, die Revolution in Tunesien und Ägypten zu instrumentalisieren. Sie bezeichnete die überraschenden Regimewechsel sogar als "Islamische Revolution" und bezog ihn damit auf die eigene Geschichte. Die Politiker in Teheran unterstützen verbal auch die Libyer und Jemeniten, die gegen ihre Regierung auf die Straße gingen - ungeachtet der Tatsache, dass sie die Proteste der eigenen Bevölkerung im Sommer 2009 brutal unterdrückten, um an der Macht zu bleiben.

Der Feind meines Feindes ist mein Freund

Saudi-Arabiens König Abdallah (Foto: EPA/TANNEN MAURY)
Der saudische König Abdallah unterhält enge Beziehungen zu den USABild: picture alliance/dpa

Besonders viel Aufmerksamkeit schenkte das Mullah-Regime allerdings seinem Nachbarstaat Bahrain, auf den es wiederholt Anspruch erhoben hatte. Die Bevölkerungsmehrheit in Bahrain ist schiitisch, die Macht liegt aber seit mehr als zwei Jahrhunderten in den Händen des sunnitischen Königshauses. Als in Bahrain Hunderttausende gegen die Regierung demonstrierten, kritisierte die iranische Führung den Westen scharf dafür, die Demokratie-Bewegung nicht ausreichend zu unterstützen. Teheran forderte lautstark eine Regierung der Mehrheit in Bahrain - und das bedeutet: eine schiitische Regierung.

Diese Polarisierung zwischen Sunniten und Schiiten spielte auch eine wesentliche Rolle für die Mitte März 2011 erfolgte Intervention Saudi-Arabiens in Bahrain. Sie zielte nicht allein darauf ab, die sunnitische Monarchie in Bahrain zu stützen. Die Saudis wollten auch Teheran davon abhalten, auf der arabischen Seite des Golfs an Einfluss zu gewinnen - und konnten sich sicher sein, dass ihnen Washington dabei keinen Strich durch die Rechnung macht. Schließlich gelten die USA als enger Vertrauter des zuverlässigen Öl-Lieferanten Saudi-Arabien und unterhalten einen wichtigen Flottenstützpunkt in Bahrain.

Iranisch-syrisches Zweckbündnis

Karte vom Persischen Golf (Grafik: AP)
Der Persische Golf trennt Iran von den arabischen MonarchienBild: AP Graphics

Teheran sucht seine Verbündeten anderswo. "Iran unterstützt Syrien, die schiitische Aufstandsbewegung in Bahrain und die schiitische Minderheit in Saudi-Arabien", sagt der Journalist und Iran-Experte Ali Sadrzadeh. Die syrische Führung ist Irans einflussreichster Verbündeter in der arabischen Welt. Das ist auch der Grund, warum - anders als im Fall Bahrain - iranische Sicherheitskräfte das syrische Regime mit allen Mitteln unterstützen, während Saudi-Arabien zum Sturz von Präsident Assad aufruft.

Während sich Saudi-Arabien meist an den Interessen der USA orientiert, gilt Nordamerika der islamisch-iranischen Führung als Feind, seit der Schah gestürzt wurde und in den USA Zuflucht fand. Volker Perthes, Nahost-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, hält es dennoch für unwahrscheinlich, dass das Regime an dem mutmaßlichen Anschlag auf den saudischen Botschafter in den USA beteiligt war. "Der Iran hätte sich damit bewusst zu einer Eskalation mit den USA entschieden, die er in den vergangenen 30 Jahren vermieden hat", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Die US-Regierung ihrerseits hatte unter George W. Bush den Iran zum sogenannten Schurkenstaat erklärt und hat mehrfach internationale Sanktionen gegen das Land durchgesetzt, weil Teheran nach Überzeugung Washingtons heimlich ein militärisches Atomprogramm verfolgt.

Sollte sich der Verdacht der US-Regierung erhärten, dass die iranische Führung hinter dem Anschlag steckt, hätte das nicht nur Auswirkungen auf die Länder im Nahen Osten, sondern auf die Weltpolitik.

Autoren: Anne Allmeling und Shabnam Nourian
Redaktion: Beate Hinrichs