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Weitere Anschläge auf die Bahn

12. Oktober 2011

Die Serie von Anschlägen auf Einrichtungen der Deutschen Bahn in Berlin nimmt kein Ende. Auch am Mittwoch wurden erneut Brandsätze entdeckt. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen.

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Bundespolizisten mit Maschinenpistolen auf dem Berliner Hauptbahnhof (Foto: AP)
Bild: AP

Am dritten Tag der Serie von Brandanschlägen auf Strecken und Signaleinrichtungen der Deutschen Bahn ini Berlin hat am Mittwoch (12.10.2011) die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Ein Sprecher fügte hinzu, das Bundeskrimanalamt BKA sei mit den Ermittlungen beauftragt worden. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ist in der Regel für Terrorismus und Spionage zuständig, sie ermittelt vor allem bei erheblicher Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik.

Ein Polizeibeamter beobachtet die Gleise am Grünauer Kreuz in Berlin (Foto: dapd)
Ein Polizeibeamter beobachtet die GleiseBild: dapd

Am Mittwoch waren weitere Brandsätze entdeckt worden, von denen einer nach Polizeiangaben vermutlich explodiert sei. Er wurde in der Nähe des Bahnhofs Staaken im Westen Berlins gefunden. Weitere Funde gab es am Vormittag zwischen den Bahnhöfen Schöneberg und Südkreuz am Berliner S-Bahn-Ring.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bezeichnete die Anschläge als "verbrecherische, terroristische Ansätze einer neuen Dimension". Zugleich lobte er am Mittwoch in Berlin die Sicherheitsbehörden, weil sie die meisten Anschläge vereiteln konnten. Er setze darauf, dass es den Behörden gelinge, "diese Brandherde aufzudecken und zu beseitigen, egal, ob sie von Links- oder Rechtsextremen verübt" worden seien.

Wer sind die Täter?

Während eine bislang unbekannte linksextremistische Gruppe die Anschläge in einem Bekenerrschreiben als Protestaktion bezeichnet hatte, erklärte das Bundesinnenministerium am Mittwoch, es gebe bislang keine Anzeichen für eine neue Dimension des Linksterrorismus. Man habe keine Hinweise darauf, dass aus den linksextremistischen Strukturen bereits linksterroristische Vereinigungen im Sinne des Strafgesetzbuches geworden seien, sagte Ministeriumssprecher Jens Teschke am Mittwoch in Berlin.

Bereits am Montag und Dienstag waren Brandsätze am Berliner Hauptbahnhof und an der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Hamburg sowie an S- und Regionalbahnlinien nach Süden entdeckt worden. Sie sollten den Verkehr an wichtigen Knotenpunkt der Stadt lahmlegen.

Fahrgäste und S-Bahnzug im Berliner Berufsverkehr (Foto: dpa)
Lebensader: Berliner S-BahnBild: picture-alliance/dpa

Im Südosten Berlins waren innerhalb weniger Meter drei Brandsätze versteckt. Zwei davon waren an der S-Bahn-Strecke am Grünauer Kreuz zwischen den Gleisanlagen verborgen, ein dritter wurde in einem Trafo-Haus gefunden, teilte ein Polizeisprecher mit. Für die Dauer der Bergungsarbeiten waren der S-Bahn- und der Regionalverkehr für mehrere Stunden unterbrochen.

Am Dienstagabend wurden dann erneut drei Brandsätze an Bahngleisen entdeckt. Die Polizei teilte mit, im Bereich des S-Bahnhofs Bornholmer Straße seien sieben Flaschen gefunden worden. Weitere Funde habe es an den S-Bahnhöfen Gesundbrunnen und Schönhauser Allee gefunden. Man gehe davon aus, dass es sich um einen nicht gezündeten Brandsatz handelt, hieß es. Die Flaschen hätten sich in einem Kabelschacht befunden.

Nach ersten Erkenntnissen hat möglicherweise das feuchte Regenwetter die Zündung verhindert. Die Bauweise der sichergestellten Brandsätze lässt auf die gleiche Tätergruppe wie bei den Anschlägen vom Montag schließen.

Ziel sollte der Berliner Hauptbahnhof sein

Ober- und unterirdischer Bahnknotenpunkt Berlin-Hauptbahnhof (Foto: dpa)
Ober- und unterirdischer Bahnknotenpunkt Berlin-HauptbahnhofBild: picture-alliance/ dpa - Bildfunk

Eines der Ziele der am Montag gefundenen Brandsätze war der Berliner Hauptbahnhof. Im Nord-Süd-Tunnel des Bahnknotenpunktes in der Innenstadt hatten Bahnmitarbeiter bei Kontrollen mehrere Brandsätze entdeckt. Um sie zu entschärfen, musste der Zugverkehr für anderthalb Stunden komplett gesperrt werden. Bereits in den frühen Morgenstunden des Montag war an der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Hambug ein Brandsatz explodiert. Der ICE-Verkehr musste unterbrochen werden. Später wurde in unmitelbarerer Nähe noch ein zweiter Brandsatz gefunden, der aber nicht gezündet hatte. Die Folgen der Anschläge beeinträchtigen weiterhin den Bahnverkehr. Seit Montag verspäteten sich mehr als 300 Züge um teils weit mehr als eine Stunde, einige fielen komplett aus.

Betroffen waren hauptsächlich Züge in Berlin und Brandenburg sowie die Strecke Berlin-Hamburg. Durch einen "Dominoeffekt" kamen auch Fern- und Regionalzüge Richtung Westen und Süden nicht pünktlich an. Kleinere Störungen wird es nach Angaben der Bahn noch bis Mittwoch geben. Der Konzern verurteilte die Anschläge scharf und erklärte, die Bahn sei "Opfer extremistischer Täter". Ein Streckennetz von 34.000 Kilometern Länge lasse sich jedoch nicht lückenlos überwachen.

Offenbar linksextremistische Täter

Ein Ausflugsschiff auf der Spree vor dem Berliner Hauptbahnhof (Foto: picture-alliance/ZB)
Berlins Hauptbahnhof im StadtzentrumBild: picture-alliance/ZB

Im Internet kursierte auf linksextrmistischen Seiten ein Bekennerschreiben, in dem eine bislang unbekannte Tätergruppe mit dem Namen "Hekla-Empfangskomitee - Initiative für mehr gesellschaftliche Eruptionen" diverse "Sabotagehandlungen" ankündigte. Die Hauptstadt solle "in den Pausenmodus" gezwungen werden, um unter anderem auch gegen den Aghanistan-Einsatz der Bundeswehr sowie auch gegen deutsche Rüstungsexporte zu protestieren.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte, linksextremistische Gewalt besser zu bekämpfen. "Auch der RAF-Terror hat mit der verharmlosenden sogenannten Gewalt gegen Sachen begonnen", warnte GdP-Chef Bernhard Witthaut. "Später wurden Menschen ermordet."

In Berlin kämpft die Polizei seit Jahren vergeblich gegen Autobrandstiftungen, deren Urheber immer wieder in der linken Szene vermutet werden, aber nie dingfest gemacht werden konnten. Und die Berliner S-Bahn war bereits im November Ziel eines Brandanschlages geworden. Zu der Tat hatten sich Atomkraftgegner bekannt.

Autor: Hartmut Lüning/Ursula Kissel (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Arne Lichtenberg