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Willkommenskultur soll Jobchancen für Migranten erhöhen

11. Oktober 2011

Die Jobchancen für Menschen mit Migrationshintergrund steigen. Vor allem im Bereich Pflege- und Bildung. Neue Gesetze sollen es erleichtern, dass im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse anerkannt werden.

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Junger Mann an Werkbank (Foto: DW)
Jobangebote gibt es vor allem im Handwerk

Mergim hat es geschafft. Der 19-jährige Albaner aus Hannover wird eine Ausbildung bei der Polizei beginnen. Weit über 100 Bewerbungen hat Mergim nach seinem Realschulabschluss geschrieben und viele Absagen erhalten. Aber er hat nicht aufgegeben. Auch Sira, Tochter ägyptischer Eltern, hat trotz eines eher durchschnittlichen Hauptschulabschlusses eine Ausbildung und schließlich auch eine Arbeitsstelle als Goldschmiedin gefunden.

Sira und Mergim profitierten von Beratungsstellen, die mit staatlicher Unterstützung Hilfen bei der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen bieten. Diese Beratungsstellen sind in den letzten Jahren bundesweit ausgebaut worden.

Von Profi-Tipps profitieren

Mergim erfuhr vom Kompetenzzentrum für Integration (KfI), dass die Polizei verstärkt Menschen aus anderen Ländern sucht, weil sich die Polizeibehörden neben sprachlicher Hilfe auch ein besseres Verständnis bei Konflikten mit Landsleuten aus anderen Kulturkreisen versprechen. Sira erhielt den Kontakt zu einem marokkanischen Schmuckfabrikanten durch die Institution KAUSA. Diese Beratungsstelle koordiniert die Ausbildung in ausländischen Unternehmen. Fast 300.000 Betriebe mit Inhabern ausländischer Herkunft gibt es in Deutschland. Bisher bildeten sie noch zu wenig selbst aus. Dank etlicher staatlicher Initiativen hat sich diese Situation jedoch geändert.

Junge Menschen mit Migrationshintergrund in Kochuniformen (Foto: Gabriela Bernd)
Migrationshintergrund - immer öfter gefragtBild: Gabriela Bernd

Arbeitsmarkt verbessert sich

Vor allem der Konjunkturaufschwung in Deutschland und das stärkere Bemühen um Fachkräfte haben die beruflichen Möglichkeiten für Menschen mit Migrationshintergrund in den letzten beiden Jahren deutlich verbessert. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge werden jedes Jahr 200.000 Fachkräfte in Deutschland benötigt. Ohne verstärkt Personen mit Migrationshintergrund einzubinden, könnten diese Arbeitsplätze gar nicht besetzt werden.

Topchancen im Handwerk und im Einzelhandel

Deutsche Unternehmen sprechen von guten Arbeitschancen in den Bereichen Handwerk und Einzelhandel. "Je weltoffener sich vor allem mittelständische Unternehmen gestalten müssen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, umso mehr Möglichkeiten entstehen", bestätigt Stefan Hardege, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK).

Das hat bereits zur Folge, dass acht Prozent der Auszubildenden im Handwerk und rund sieben Prozent aller Auszubildenden im Industriebereich junge Leute mit Migrationshintergrund sind. Theoretisch kann jeder der rund 360 Berufe, für die es in Deutschland eine Ausbildung gibt, ergriffen werden. An der Spitze der Berufswünsche stehen immer noch Einzelhandelskaufmann oder -frau, Arzthelferin, Kfz-Mechaniker, Verkäufer sowie Maler und Installateur. Da diese Wünsche auch meist mit den erreichten Schulabschlüssen realistisch sind, könne ihnen häufig entsprochen werden, erzählen Berufsberater. Aber sie weisen auch darauf hin, den Blick für andere Bereiche zu erweitern.

Pflege und Bildung bieten weitere Möglichkeiten

Buchstaben auf einer Schultafel (Foto: Fotolia)
Sprachkurse gewinnen durch Migranten AkzeptanzBild: Fotolia/Lorelyn Medina

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestätigt, dass derzeit viele Menschen mit Migrationshintergrund gebraucht werden. Sie sollten mit ihren Erfahrungen Kinder von Migranten in der Schule, in Ausbildungseinrichtungen oder bei Behördengängen unterstützen.

Dasselbe gelte für den Bereich der Pflegeberufe. Der öffentliche Dienst habe auf diesen Feldern ein großes Nachholbedürfnis. Wie viel Spielraum in diesem Spektrum noch gegeben ist, zeigt ein Zahlenvergleich: Nur drei Prozent aller Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sind durch Menschen mit Migrationshintergrund besetzt. In Bremen hat bei Stellen-Ausschreibungen alleine schon ein kleiner Satz große Wirkung gezeigt. Da heißt es jetzt: "Wir begrüßen Bewerbungen von Personen mit Migrationshintergrund."

Hoffnung auf neues Gesetz

Allerdings haben auf dem deutschen Arbeitsmarkt immer noch viele meist ältere Menschen mit Migrationshintergrund das Nachsehen, wenn sie schulische oder berufliche Abschlüsse aus ihren Herkunftsländern mitbringen. Diese Abschlüsse werden in Deutschland oft nicht anerkannt. Vielen Arbeitgebern fehlen die entsprechenden Beurteilungskriterien.

Dieses Problem scheint jetzt von der Politik erkannt. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft entsteht bis Anfang 2012 ein Informationsportal für Personen mit ausländischen Berufsqualifikationen. Das sogenannte "Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz" soll allen Migranten ein Verfahren auf Anerkennung ihrer Abschlüsse gewährleisten. Schon jetzt vermittelt das bundesweite Netzwerk "Integration durch Qualifizierung" nähere Informationen.

Autor: Wolfgang Dick
Redaktion: Hartmut Lüning