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EU pocht bei Warschauer Gipfel auf Demokratie

30. September 2011

Enttäuschung für Gastgeber Polen: Der Warschauer Gipfel sollte die engere Anbindung der Ex-Sowjetrepubliken an die EU vorantreiben. Doch die Menschenrechtslage in Weißrussland und der Ukraine dominiert das Treffen.

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Angela Merkel mit Ronald Tusk und Herman van Rompuy (Foto: dpa)
Die EU, Deutschland und Polen mahnen zur DemokratieBild: picture-alliance/dpa

Der Gipfel sollte das anhaltende Interesse der EU an Osteuropa unter Beweis stellen: Doch das zweitägige Zusammenkommen der Staats- und Regierungschefs der Östlichen Partnerschaft in Warschau machte am Freitag (30.09.2011) deutlich, dass Europa mit anderen Dingen beschäftigt ist: nämlich der eigenen Schuldenkrise und den Ereignissen in der arabischen Welt. Frankreich und Großbritannien, die einer engeren Anbindung Osteuropas skeptisch gegenüber stehen, blieben dem Treffen ganz fern. Und so war das eigentliche Thema der Tagesordnung, die engere wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit der sechs ehemaligen Sowjetrepubliken mit der EU, eher nebensächlich. Vielmehr standen die Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland und der Ukraine im Mittelpunkt der Diskussionen.

"Dies ist besonders evident in der Ukraine", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Beginn der Beratungen. Die EU hält den Prozess wegen Amtsmissbrauch gegen die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko für politisch motiviert. Eigentlich sollte die Zusammenarbeit mit der Ukraine als Vorbild für die Beziehungen mit den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken dienen. Doch ein Assoziierungsabkommen, das noch in diesem Jahr abgeschlossen werden sollte, steht nun auf der Kippe: Wird die Oppositionsführerin Timoschenko nicht entlassen, will Brüssel das Abkommen nicht unterzeichnen. Denn die Erwartungen der EU an Staaten, die sich um eine Annäherung bemühten, seien "sehr hoch", mahnte der polnische Regierungschef Donald Tusk. Als Gastgeber des Gipfels hatte er sich mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch getroffen.

Rückschritte in Weißrussland

Staats- und Regierungschefs in Warschau (Foto: AP/dapd)
Diskussionen ohne WeißrusslandBild: dapd

Auch Weißrussland musste scharfe Kritik über sich ergehen lassen. Bereits vor dem Treffen hatte der Außenminister Sergej Martynow seine Teilnahme abgesagt. Der Grund: Weißrussland verbiete sich jede Einmischung in innere Angelegenheiten. Wenig später sagte auch der weißrussische Botschafter in Polen seine weitere Teilnahme ab, nachdem er nach Diplomatenangaben nicht an einem Essen der versammelten Staats- und Regierungschef hinter verschlossenen Türen hatte teilnehmen dürfen. Fernsehaufnahmen vom Beginn der Gespräche zeigten den leeren Stuhl der weißrussischen Delegation.

Die polnische EU-Ratspräsidentschaft hatte dem wirtschaftlich angeschlagenen Weißrussland am Donnerstag ein Hilfspaket im Gegenzug für eine Demokratisierung des Landes angeboten. Voraussetzung sei aber, dass der seit 17 Jahren regierende Präsident Alexander Lukaschenko alle politischen Gefangenen freilasse und rehabilitiere, einen Dialog mit der Opposition aufnehme und freie Wahlen erlaube. Es werde kein Entgegenkommen geben, sagte Tusk. Auch Angela Merkel, die sich mit Vertretern der Opposition getroffen hatte, kritisierte das autoritäre Regime scharf: "Derzeit müssen wir in Weißrussland eher Rückschritte konstatieren. Ich bin nicht sehr optimistisch", sagte sie am Donnerstagabend mit Blick auf die Menschenrechtslage. Der Umgang mit der Opposition durch das Regime sei "völlig inakzeptabel". Merkel kündigte an, sich auf europäischer Ebene für gezielte Sanktionen gegen die weißrussische Regierung einzusetzen.

Keine Osterweiterung in Aussicht

Die EU und die Staaten der Östlichen Partnerschaft
Die EU und die Staaten der Östlichen Partnerschaft

Zu den Ländern der Östlichen Partnerschaft, die 2009 gegründet wurde, gehören neben der Ukraine und Weißrussland auch die Republik Moldau, Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Im Rahmen der Partnerschaft stellt Brüssel den sechs ehemaligen Sowjektrepubliken bis zum Jahr 2013 etwa 600 Millionen Euro zur Verfügung. Die Mittel fließen in verschiedene Projekte, etwa regionale Energiezusammenarbeit oder Sicherung der Staatsgrenzen. Im Mittelpunkt des Treffens stehen wirtschaftliche Zusammenarbeit und Reise- und Visa-Erleichterungen.

Der lettische Premierminister Valdis Dombrovskis hatte sich vor dem Treffen auf Twitter für eine "klare Perspektive einer EU-Integration" für die ehemaligen Sowjetstaaten ausgesprochen. Doch Frankreich und Deutschland haben bereits deutlich gemacht, dass sie den Staaten keine EU-Mitgliedschaft in Aussicht stellen wollen. Die Östliche Partnerschaft sei Teil der europäischen Nachbarschaftspolitik, nicht ein Instrument der Ostererweiterung, hieß nachdrücklich es aus diplomatischen Kreisen.

Autorin: Naomi Conrad (ap, dapd, dpa, rtr)

Redaktion: Martin Schrader