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Indonesien Deutschland

30. September 2011

Deutsche Unternehmen sind in Asien vor allem in China aktiv. Doch auch Indonesien verzeichnet einen rasanten Aufschwung und wird so wieder interessant für deutsche Firmen. Allerdings müssen sie einige Hürden überwinden.

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Ein Leitz-Mechaniker poliert geschärfte Sägeblätter für die Holzindustrie. Foto: Thomas Latschan, DW
Das deutsche Unternehmen Leitz wächst in Indonesien beständigBild: DW

In einer kleinen Fabrikhalle im German Centre am Stadtrand von Jakarta stehen fünf Schleifmaschinen. Dazwischen arbeiten zwei Mechaniker und spannen immer wieder kreisrunde Sägeblätter in die dafür vorgesehenen Halterungen ein. Mit äußerster Präzision schärfen die Maschinen die Blattzähne: 25 dieser Sägeblätter werden hier jeden Tag repariert, verbessert oder ausgetauscht. Die Werkräume gehören der deutschen Leitz AG, einem mittelständische Unternehmen, das unter anderem hochspezialisierte Werkzeuge für die internationale Holzindustrie herstellt. Allein in Indonesien gehören rund 150 Holzfirmen zum Kundenkreis des deutschen Sägeherstellers.

Schlanke Strukturen, hochwertige Produkte

Leitz-Indonesien-Generaldirektor Bonifatius Bobby vor einer Schleifmaschine für Sägeblätter. Foto: Thomas Latschan, DW
Leitz-Indonesien-Generaldirektor Bonifatius Bobby vor einer Schleifmaschine für SägeblätterBild: DW

Leitz begann sein Indonesien-Geschäft im Jahr 2004 und kann mit dem dort erzielten Wachstum seitdem eigentlich ganz zufrieden sein. Was die Marktanteile angeht, befindet sich das Unternehmen in Indonesien ganz weit vorne, bestätigt Bonifatius Bobby, der Generalmanager von Leitz Indonesien. Und das, obwohl Leitz nur zwei kleine Niederlassungen im Lande besitzt: In Jakarta und in Surabaya arbeiten insgesamt gerade einmal 14 Leute.

Schlanke Strukturen und deutsche Qualitätsprodukte sind in Indonesien gefragt, und das nicht nur in der Holzindustrie. Insgesamt sind 250 bis 300 deutsche Firmen auf dem indonesischen Markt aktiv. "Deutschland ist da mit seinen Firmen sehr breit aufgestellt", erklärt Jochen Sautter vom German Centre for Industry and Trade in Jakarta. Deutsche Unternehmen liefern etwa Maschinen für Infrastrukturprojekte, sind in der Chemiebranche und im Produktionsgewerbe aktiv, und auch die deutsche Automobilindustrie ist hier gut vertreten – besonders im Luxussegment. So hat beispielsweise BMW ein großes Werk im Süden von Jakarta gebaut.

Erstaunlich krisenfest

Deutsche Automarken sind bei Indonesiern sehr gefragt: Indonesische Kunden in einem BMW-Salon in Jakarta. Foto: Thomas Latschan, DW
Deutsche Automarken sind bei Indonesiern sehr gefragt: ein BMW-Salon in JakartaBild: DW

In Indonesien lassen sich derzeit gute Geschäfte machen. Denn das Land zeigte sich in den letzten zehn Jahren im Gegensatz zu vielen anderen Staaten äußerst robust. Der Binnenkonsum boomt, eine immer größere Mittelschicht bildet sich heraus. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in den letzten zwölf Jahren von 2.100 auf 3.700 Dollar gestiegen. Ebenso zugenommen haben Direktinvestitionen aus dem Ausland. Für Jan Rönnfeld, den Leiter der deutsch-indonesischen Handelskammer EKONID in Jakarta, hat das vor allem drei Gründe: Erstens sei Indonesien als eine der wenigen großen Volkswirtschaften mit einem positiven Wachstum aus der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise gekommen. Zweitens wurde das Land in den Kreis der G20-Staaten aufgenommen. Und drittens verfolge das Land seit vielen Jahren und über mehrere Regierungen hinweg eine gute makroökonomische Politik.

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass das Inselreich noch am Boden lag: In der Asienkrise Ende der 1990er Jahre wäre fast das gesamte Bankensystem zusammengebrochen. Doch Indonesien hat erstaunlich schnell aus den Fehlern gelernt und steht heute viel besser da als vergleichbare andere Länder. So ist Indonesien das einzige G20-Land, das konsequent seine Staatschulden abbaut: Lag die Quote im Dezember 2000 noch bei 95 Prozent, so ist sie zehn Jahre später auf gerade einmal 26 Prozent gefallen.

Aus der Asienkrise zog das Land die Konsequenz, seine Finanzmärkte extrem zu regulieren: Hochspekulative Geschäfte sind hier nicht möglich. Außerdem kann Indonesien sich auf seinen extrem starken Binnenkonsum verlassen und ist daher nicht so abhängig von Schwankungen auf dem Weltmarkt. "Die Fundamentaldaten sind einfach gut", schwärmt EKONID-Leiter Rönnfeld. "Die Indonesier haben eher ein Problem damit, dass mittlerweile zuviel Geld ins Land will, und sie jetzt Schwierigkeiten haben, diese Geldzuflüsse zu managen."

Korruption, Fachkräftemangel, Infrastruktur

Indonesiens Verkehrsinfrastruktur zum Teil sehr schlecht: Eine Hauptstraße auf Sulawesi Foto: Thomas Latschan, DW
Die Infrastruktur in Indonesien ist zum Teil sehr mangelhaftBild: DW

Traumhafte Bedingungen also für deutsche Firmen? Nicht ganz. Denn trotz guter Wirtschaftsdaten hat Indonesien auch mit vielen Problemen zu kämpfen. Und die meisten davon sind hausgemacht. Zum einen, klagt Rönnfeld, gebe es in Indonesien einen Mangel an Fachkräften, der sich bis weit in den politischen Bereich zieht. Die Minister und die ersten ein bis zwei Hierarchieebenen darunter seien gut ausgebildet, doch auf der tatsächlichen Arbeitsebene fehle es vielen Ministerialbeamten am wirtschaftspolitischen Knowhow, so Rönnfeld. Und zum zweiten gebe es einen Engpass beim Ausbau der Verkehrs- und Transportwege: "Die Infrastrukturentwicklung hinkt der wirtschaftlichen Entwicklung sehr hinterher", so Rönnfeld, der davon zu berichten weiß, dass in Jakarta schon nach leichten Regenfällen der Verkehr für acht bis zwölf Stunden komplett zusammenbrechen kann.

Wer hier Waren transportieren will, muss Geduld mitbringen: LKW-Stau auf Sulawesi. Foto: Thomas Latschan, DW
Wer in Indonesien Waren transportieren will, braucht oft viel GeduldBild: DW

Zusammen mit der weit verbreiteten Korruption halte das noch immer viele deutsche Firmen von einer Investition in Indonesien ab. Hinzu kommt der große Konkurrenzkampf, dem sich die Unternehmen hierzulande stellen müssen. Nach der Asienkrise hatten viele deutsche und andere westliche Unternehmen Indonesien den Rücken gekehrt und sich lieber dem boomenden China-Geschäft zugewandt. Erst langsam kehrt das Vertrauen in das indonesische Wirtschaftswachstum zurück. Doch die vergangenen zehn Jahre hätten vor allem asiatische Unternehmen intensiv genutzt, um im Land Fuß zu fassen, so EKONID-Leiter Rönnfeld: Auf 50 bis 70 deutsche Firmen, die in Indonesien produzieren, kämen rund 4.000 koreanische und 3.500 japanische Unternehmen, von denen 70 bis 80 Prozent Fabriken in Indonesien besitzen. Ungleiche Verhältnisse also im Konkurrenzkampf um mehr Marktanteile.

Gestiegenes Interesse auch bei deutschen Unternehmen

Gemeinsames Bürogebäude von Mercedes-Benz und Deutscher Bank im Zentrum von Jakarta (links) . Foto: Thomas Latschan, DW
Gemeinsames Bürogebäude von Mercedes-Benz und Deutscher Bank im Zentrum von Jakarta (links)Bild: DW

Trotz dieser Schwierigkeiten zieht das deutsche Handelsvolumen mit Indonesien seit ein bis zwei Jahren wieder stark an. Das Land mit seinen immensen Wachstumschancen ist drauf und dran, aus dem noch immer übergroßen Schatten Chinas herauszutreten. Und auch den anderen Tigerstaaten Südostasiens gegenüber hat Indonesien einen klaren Vorteil, sagt Jochen Sautter vom German Centre in Jakarta - seine Verlässlichkeit beim Wirtschaftswachstum.

Der Grund: Das Land sei bei weitem nicht so sprunghaft wie beispielsweise Singapur, wo die Mieten innerhalb eines Jahres schon einmal erst um 40 Prozent steigen und dann wieder um 30 Prozent sinken können: "In Indonesien passieren radikale Änderungen ganz selten," so Sautter. "Man legt hier Wert auf Beständigkeit, auf Kontinuität. Wenn Indonesien sich jetzt auf einem Niveau von sechs bis sieben Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr einpegelt," ist sich der Wirtschaftsexperte sicher, "dann kann man eigentlich davon ausgehen, dass das Land sich auch eine Weile lang auf diesem Niveau halten kann."

Autor: Thomas Latschan, Jakarta

Redaktion: Henrik Böhme