1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hollman Morris: Ein Journalist als Nachricht

24. September 2011

Der Nürnberger Internationale Menschenrechtspreis 2011 geht an den Kolumbianer Hollman Morris. Er ist ein kritischer Journalist, der in seiner Heimat bewundert, aber auch kritisiert wird.

https://p.dw.com/p/12fqy
Hollman Morris, kolumbianischer Journalist (Foto: dpa)
Hollman MorrisBild: picture-alliance/dpa

"Der lateinamerikanische Journalist Hollman Morris zeigt bewundernswerten Mut und geht ein hohes persönliches Risiko ein, um den Opfern des bewaffneten Konflikts in Kolumbien eine Stimme zu geben", so die Jury. Deshalb verdiene er es, dass die Stadt Nürnberg ihn am Sonntag (25.09.11) mit dem Internationalen Menschenrechtspreis 2011 auszeichne. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen wird und ist mit 15.000 Euro dotiert.

"Die Berichterstattung des Kolumbianers Hollman Morris trägt dazu bei, dass schreckliche Menschenrechtsverletzungen nicht ungestraft bleiben", sagte Martina Mittenhuber, Leiterin des Nürnberger Menschenrechtsbüros, im Gespräch mit der Deutschen Welle. Mittenhuber zufolge rücke der Preis in diesem Jahr "das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit in den Mittelpunkt. Eines der zurzeit am meisten bedrohten Menschenrechte, wie die Debatte über die neuen Medien zeigt."

Demokratiedefizite in Kolumbien

Samuel Ruiz García, mexikanischer Bischof (Foto: AP/dapd)
"Kämpfer für die Rechte der Indigenen": Der mexikanische Bischof Samuel Ruiz GarcíaBild: dapd

Allerdings lenkt das Nürnberger Menschenrechtsbüro die Aufmerksamkeit auch auf das gesamte Lateinamerika und auf die prekäre soziale Lage in Kolumbien. Hier seien sowohl die nicht-staatlichen Konfliktparteien - Guerilla und Paramilitärs, die beide in den Drogenhandel verwickelt sind - als auch die staatlichen Sicherheitskräfte "für systematische Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts verantwortlich", so Mittenhuber. Sie denkt dabei auch an die von den Terroristengruppen FARC und ELN Entführten, von denen einige schon seit über zehn Jahren gefangen gehalten werden.

Bislang ist nur ein Lateinamerikaner von der Nürnberger Jury ausgezeichnet worden: der mexikanische Bischof Samuel Ruiz García (1922-2011). Er war "Kämpfer für die Rechte der Indigenen" in Chiapas. Sowohl Ruiz als auch Morris sind in ihren Heimatländern umstritten.

Umstritten in der Heimat

Im Mittelpunkt seiner journalistischen Arbeit stehe, so Hollman Morris gegenüber der Deutschen Welle, "Menschenrechtsverletzungen anzuklagen sowie Menschenrechte und Demokratie einzufordern". Die Auszeichnung bedeute auch "Anerkennung für die Menschenrechtskämpfer in Kolumbien sowie für all jene, die unter der Kriminalisierung durch die Regierung Uribes (2006-2010) gelitten haben".

Mit seiner Fernsehsendung "Contravía" macht Morris sich sowohl Freunde als auch Feinde. Das Programm dokumentiert Fälle von Menschenrechtsverletzungen. "Contravía bringt die Nachrichten, die in den kommerziellen Medien nicht erscheinen", steht auf der Seite einer Facebook-Fangruppe. Doch während die Nürnberger Jury eben diese "Unabhängigkeit" lobt, ist die Fernsehsendung in den Augen einiger Kolumbianer ein "Instrument der FARC".

Kritische Stimmen

2009 ließ die FARC einige Entführte frei, die Morris kurz zuvor interviewt hatte. Nach ihrer Freilassung erklärten die FARC-Opfer, dass die Guerillagruppe sie "gezwungen hatte, Morris gegenüber Aussagen zu machen, die vorgefertigt in einem Heft standen". Die kolumbianische Zeitschrift Semana stellte in diesem Zusammenhang lapidar fest: "Sie wurden erpresst, dass sie nur dann freigelassen würden, wenn sie das sagten, was die Guerilleros von ihnen verlangten."

Morris soll auch die journalistische Ethik verletzt haben. "Er wird beschuldigt, angebliche Opfer der staatlichen Sicherheitskräfte dafür bezahlt zu haben, falsche Aussagen zu machen." Das sagte Ex-Guerilla-Kommandant Felipe Salazar der Deutschen Welle.

Fernsehdokumentation im Dienst der Versöhnung

Morris letzte journalistische Arbeit jedoch könnte sowohl seine Anhänger als auch seine Gegner wieder versöhnen. Die Fernsehdokumentation "Impunidad" (Straffreiheit) wurde in diesen Tagen im deutsch-französischen Fernsehsender Arte erstmals ausgestrahlt. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Juan José Lozano und berichtet von den Gerichtsprozessen im Anschluss an die Demobilisierung der Paramilitärs, die angeklagt wurden, Tausende Kolumbianer ermordet zu haben. Die Dokumentation erklärt die Hintergründe, erläutert die politischen und wirtschaftlichen Interessen hinter den Prozessen und spricht von der Gefahr, dass viele der Angeklagten nie für ihre Verbrechen werden büßen müssen.

Obwohl die Journalisten in Kolumbien bei weitem noch nicht frei arbeiten können, da sie immer noch Risiken ausgesetzt sind, gibt es positive Signale. Hollman Morris zitiert den Innenminister Germán Vargas Lleras, der nach der Amtseinführung des Präsidenten Juan Manuel Santos im vergangenen Jahr verkündete: "In Kolumbien wurde die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt."

Autor: José Ospina-Valencia
Redaktion: Pablo Kummetz/Tamas Szabo/Marko Langer