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Besetztes Kloster

21. September 2011

Schon vor einigen Jahren sollte das Kloster Maria Königin im kleinen Eifelort Zweifall aufgelöst werden. Schwester Regina und Schwester Katharina wehren sich bis heute gegen die Schließung. Jetzt droht die Zwangsräumung.

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Schwester Regina und Schwester Katharina vor dem Kloster Zweifall (Foto: DW/Christina Beyert)
Bild: DW/Christina Beyert

Auf einer kleinen Anhöhe, idyllisch umgeben von Wald und Wiesen, liegt das Karmelitinnenkloster Maria Königin. Es existiert seit 1955 und wurde damals von 30 Schwestern bezogen. Die Karmelitinnen waren 1945 nach Zweifall gekommen, nachdem sie von den Nationalsozialisten aus ihren Klöstern vertrieben worden waren. Eine im Ort ansässige Familie schenkte ihnen ein Grundstück und finanzierte den Bau des Klosters mit. Verändert hat sich seitdem nicht viel. Die Schwestern betreiben unter anderem einen kleinen Klosterladen, organisieren Ausstellungen, backen Hostien und kümmern sich um das Seelenheil der Zweifaller. Auch Messen finden im Kloster statt.

Vier Nonnen waren zuwenig

Allerdings wurde die Gemeinschaft immer kleiner. Vor sechs Jahren waren die Schwestern schließlich nur noch zu viert. Nach Ansicht des zuständigen Bistums in Aachen war ein geregeltes Klosterleben mit nur vier Nonnen nicht möglich. Daraufhin folgten Gespräche zwischen den Bistumsvertretern und den Schwestern. "Wir wurden damals, 2004, unter Druck gesetzt. Sechs Stunden lang", erzählt Schwester Regina. "Wir nahmen unser Hausrecht in Anspruch und erteilten mit Hilfe der Polizei den Bistumsvertretern Hausverbot."

Schwester Regina beim Hostienstanzen (Foto: DW/Christina Beyert)
Schwester Regina beim HostienstanzenBild: DW/Christina Beyert

Seitdem gab es noch mehrere Versuche, eine gütliche Lösung herbeizuführen. Die Schwestern weigerten sich jedoch, die Abtei zu verlassen. Daraufhin beantragte der zuständige Bischof beim Vatikan die Auflösung des Klosters. Der Antrag wurde bewilligt und seitdem existiert das Kloster offiziell nicht mehr. 2006 verstarb auch die Priorin des Klosters, es war damit ohne Leitung. Schwester Regina, die letzte verbliebene Nonne in Maria Königin, schrieb viele der weltweit 1200 Karmelitinnenklöster in der Hoffnung an, personelle Unterstützung zu bekommen. Schließlich wurde Schwester Katharina aus einer polnischen Abtei für Zweifall freigestellt und lebt nun seit einigen Jahren dort. Die beiden Ordensfrauen wollen das Kloster nicht verlassen. Die inzwischen 60-jährige Schwester Regina argumentiert unter anderem juristisch: Über eine Auflösung des Klosters hätten die Nonnen nie abgestimmt, das hätte aber bei einem eingetragenen Verein - ein solcher ist das Kloster - geschehen müssen. Auch müsste der vorherige Eigentümer des Grundstücks, eine Zweifaller Familie, oder deren Angehörige der Auflösung zustimmen. Das Entscheidende ist aber für Schwester Katharina: "Ich habe ein Ordensgelüde abgelegt und mich verpflichtet, hier in diesem Ort zu bleiben."

Was plant das Bistum Aachen?

Warum arbeitet das Bistum Aachen mit solch einer Hartnäckigkeit daran, die Abtei aufzulösen? Wirtschaftliche Gründe können es laut Aussagen der beiden Nonnen nicht sein. Jede Woche backen die Schwestern 80.000 Hostien für 200 katholische und evangelische Gemeinden in Deutschland. Sie verkaufen im Klosterladen verschiedene Produkte wie Honig und Rosenkränze, organisieren Kunstausstellungen in den klösterlichen Räumen und bieten Übernachtungsmöglichkeiten an. Natürlich erhalten sie auch Spenden. Schwester Katharina ist der Meinung, dass das Bistum das Kloster verkaufen will.

Das Karmelitinnenkloster Maria Königin aus dem Jahre 1954/55. (Foto: DW/Christina Beyert)
Kloster Stolberg-ZweifallBild: DW

Die Ordensfrauen kämpfen jedoch weiter um ihre Abtei. Ein Anwalt verfolgt ihre Interessen. Und die Einwohner des kleinen Ortes stehen ihnen bei. Sie wollen nicht darauf verzichten, sich bei den Schwestern Ratschläge in schwierigen Situationen zu holen. Wie einst ein Selbstmörder, der eine große Dosis Schlaftabletten eingenommen hatte und an die Pforte des Klosters klopfte. Schwester Regina, die ausgebildetete Krankenschwester ist, rettete ihn. Inzwischen hat sich im Ort ein Freundeskreis gebildet. Die Mitglieder unterstützen die Nonnen und halten das Klostergelände in Ordnung.

Schwester Hildegard vom Notvorstand (Foto: DW/Christina Beyert)
Schwester Hildegard soll den Konflikt lösenBild: DW/Christina Beyert

Auch das Bistum Aachen reagierte. Ende August wurde auf Initiative des Bistums ein Notvorstand eingesetzt. Dieser besteht aus den Schwestern Hildegard und Josua. Sie kommen aus einem benachbarten Karmelitinnenkloster. Die beiden informieren sich zunächst einmal über die finanzielle Situation des Klosters. Dann sollen Gespräche mit den rebellischen Nonnen geführt werden. So soll gemeinsam eine Lösung des Konfliktes gesucht werden. So könnten die beiden Nonnen zum Beispiel in einigen Räumen des Klosters bleiben und die restlichen Räumlichkeiten anderweitig genutzt werden. Oder Schwester Katharina kehrt nach Polen in ihr Kloster in Kattowitz zurück, und Schwester Regina würde in einem anderen Kloster untergebracht.

Der erste anberaumte Gesprächstermin wurde jedoch von Schwester Regina kurzfristig abgesagt, sagt Schwester Hildegard. Die beiden standhaften Nonnen haben nämlich Einspruch gegen den Beschluss des Amtsgerichts erhoben, einen Notvorstand einzusetzen. Und solange dieser Vorgang nicht entschieden ist, möchten die beiden keine Gespräche führen. Die Klosterbesetzung von Zweifall dürfte also noch eine ganze Weile andauern.

Autorin: Christina Beyert
Redaktion: Hans Spross