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UN nehmen den Südsudan auf

14. Juli 2011

Der Weltsicherheitsrat hat der UN-Vollversammlung empfohlen, den Südsudan als 193. Staat in die Weltgemeinschaft aufzunehmen. Der letzte Schritt zum UN-Beitritt in der Vollversammlung gilt als Sicher.

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UN-Vollversammlung (Foto:AP)
Nur noch Formsache: Die UN-Vollversammlung nimmt den Südsudan in die Staatengemeinschaft aufBild: AP

Strahlende Gesichter und viel Händeschütteln an diesem Tag bei der südsudanesischen Delegation - und als der derzeitige Präsident des Sicherheitsrates, Bundesaußenminister Guido Westerwelle, den Beschluss verkündete, streckte die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice die rechte Faust triumphierend in die Luft. Westerwelle hatte schon am Morgen erklärt: "Das ist ein historischer Tag"

Ban, Westerwelle (Foto: dapd)
Deutscher Vorsitz im Weltsicherheitsrat: Außenminister Westerwelle (r.) und UN-Generalsekretär BanBild: dapd

Denn es kommt nicht allzu oft vor, dass ein neues Mitglied in die Staatengemeinschaft aufgenommen wird. Dem steht nun aber nichts mehr im Wege, nachdem der Sicherheitsrat, das mächtigste Gremium der UN, den Antrag der Südsudanesen auf Aufnahme geprüft und einstimmig befürwortet hat.

Deutschland hat als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates im Juli den Vorsitz im Sicherheitsrat inne und sich für die zügige Bearbeitung des Antrags der Südsudanesen eingesetzt. Damit ist der Weg frei für die UN-Vollversammlung am Donnerstag (14.07.2011), das vom Krieg gebeutelte Land, das erst am vergangenen Wochenende seine Unabhängigkeit vom Sudan erklärte, in die UNO aufzunehmen.

Staatengemeinschaft muss viel Hilfe leisten

Die Südsudanesen versprachen, die UN-Charta zu übernehmen und zu erfüllen. Vizepräsident Riek Machar Teny-Dhurgon, der an der Sitzung des Rates teilnehmen durfte, erklärte: "Die Republik Südsudan wird ein verantwortungsbewusstes Mitglied der internationalen Gemeinschaft sein und wird seinen internationalen rechtlichen Verpflichtungen nachkommen." Sein Land arbeite daran, sagte er weiter, "allen internationalen Konventionen und Verträgen so schnell wie möglich beizutreten", nicht zuletzt denen, die zur Achtung der Menschenrechte verpflichten.

Doch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der ebenfalls bei der Sitzung anwesend war, machte in seiner Rede klar, wie viel Arbeit den Südsudanesen in Bereichen wie staatliche Sozialleistungen, Gesundheits- und Bildungswesen noch bevorsteht. "Am Tag seiner Geburt steht der Südsudan bei nahezu allen Entwicklungskriterien am hinteren Ende der Skala", sagte Ban Ki Moon, und fuhr fort: "Wie jedes Neugeborene benötigt auch der Südsudan Hilfe." Die Völkergemeinschaft trage eine große Verantwortung und die Vereinten Nationen spielten eine zentrale, wenn auch komplizierte Rolle.

Noch immer Kämpfe, Tote und Flüchtlinge

Zeltplane, darunter Menschen (Foto: picture alliance/dpa)
Flüchtlinge im SüdsudanBild: picture alliance/dpa

Der Generalsekretär spielte dabei auf die UN-Friedensmissionen an. Die Zentralregierung des Sudan hat einer Verlängerung der bisherigen Mission im Südsudan nicht zugestimmt, sondern besteht auf den Abzug der Blauhelmtruppen. Die Mission wird durch eine neue ersetzt, außerdem gibt es noch eine UN-Mission in Abiyei. Denn die Kämpfe in dem durch einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg gebeutelten Land sind noch nicht zu Ende.

Die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam verwies darauf, dass im ersten Halbjahr 2011 mehr Menschen im Südsudan getötet wurden als im gesamten Vorjahr. Allein in den vergangenen Wochen flüchteten laut UN-Angaben mehr als 180.000 Menschen infolge der Kämpfe in Abiyei und Südkordofan. Außerdem streiten sich Norden und Süden über den genauen Grenzverlauf und die Verteilung der Öleinkünfte.

Alle Redner betonten an diesem Tag im UN-Sicherheitsrat, dass beide Länder, der Sudan und der Südsudan, an einer Lösung der Konflikte arbeiten müssten, an deren Ende eine friedliche Koexistenz stehen müsse. Außenminister Westerwelle zeichnete die Zukunft der mehr als acht Millionen Einwohner des neuen Staates positiv. Für die Menschen ändere sich viel: Sie bekämen eine eigene Währung, eine eigene Regierung und eine eigene Verwaltung, die nicht mehr nach Khartum sondern nach Juba ausgerichtet ist. "Es geht auch um die Verteilung enormer Reichtümer im Boden, Energiequellen beispielsweise, natürliche Rohstoffe", sagte der Außenminister. Mit einer "guten Regierungsführung" und "vernünftigen staatlichen Strukturen" würde für die Menschen "eine hervorragende Chance" geschaffen.

Deutsches Engagement

Westerwelle, der den Südsudan vor kurzem besucht hat, erklärte: "Mein Eindruck ist, dass sich durchaus auch für viele deutsche Unternehmen hier Wirtschaftschancen auftun. Man man sollte sich rechtzeitig gerade auch als ein Land wie Deutschland in Europa als Exportnation vernetzen." Von Anfang an dabei zu sein sei nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Politik "ein Gebot der politischen Klugheit".

Die Deutschen beteiligten sich, so der Außenminister, aber auch an der UN-Mission in Südsudan, und das habe einen guten Grund, denn die Vorkommnisse in Afrika gingen die Deutschen sehr wohl etwas an: "Deutschland lebt von der internationalen Vernetzung", betonte Westerwelle, "und wenn das größte Land Afrikas instabil wird, wenn dort Kriege stattfinden, dann destabilisiert das den afrikanischen Kontinent und wir sollten nie vergessen: Das ist unsere Nachbarschaft."

Die Aufnahme des Südsudan in die Vereinten Nationen gilt als Formsache und soll am Donnerstag per Akklamation geschehen. Im Anschluss daran wird dann vor dem UN-Gebäude am Hudson River die 193. Länder-Fahne aufgezogen. Durch die Gründung des Südsudan ist nun übrigens Algerien das größte Land des afrikanischen Kontinents.

Autorin: Christina Bergmann, New York
Redaktion: Thomas Grimmer / Herbert Peckmann