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Wieder Tote bei Foxconn

23. Mai 2011

Eine tödliche Explosion beim iPad-Produzenten Foxconn in der westchinesischen Stadt Chengdu sorgt erneut für Negativschlagzeilen. Beschäftigte beklagen seit langem die schlechten Arbeitsbedingungen.

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Haupteingang der Foxconn-Fabrik in der südchinesischen Stadt Shenzhen. (Foto: DW)
Foxconn ist einer der größten Auftragshersteller für AppleBild: Picture alliance/dpa

Wieder muss Apple-Lieferant Foxconn Todesfälle unter Arbeitern in China melden. Ende vergangener Woche starben drei Arbeiter im Foxconn-Werk in Chengdu, 15 weitere Beschäftigte wurden verletzt, erklärte der taiwanesische Konzern. Als Ursache gab die Firma an, dass staubförmiger Brennstoff in einer Leitung explodiert sei.

Vor rund einem Jahr hatten sich 13 Arbeiter und Arbeiterinnen im Foxconn-Werk in Shenzhen bei Hongkong das Leben genommen. Sie hatten sich aus den höheren Stockwerken der Fabrik in den Freitod gestürzt. Kritiker führen die Selbstmorde auch auf die harten Arbeitsbedingungen und die Perspektivlosigkeit der Beschäftigten zurück. Nach den Suiziden hatte Foxconn unter anderem den Lohn in Shenzhen nahezu verdoppelt und psychologische Berater eingestellt.

Baustelle und Produktionsstätte zugleich

Der aktuelle Unfall ereignete sich in der neuen Foxconn-Fabrik in Chengdu, etwa 1.500 Kilometer nördlich von Hongkong. Der Software-Gigant Apple läßt dort seine Ipads herstellen. Foxconn-Chef Terry Gou hatte sich anlässlich der Eröffnung gerühmt, das Werk sei in der "Weltrekord"-Zeit von nur 76 Tagen errichtet worden. Dies jedoch könnte auch ein Grund für die Probleme sein: Die Anlagen, in denen gegenwärtig rund 100.000 Menschen arbeiten, sind noch immer Baustelle und Produktionsstätte zugleich.

Im Interview mit DW-WORLD.DE klagten Foxconn-Beschäftigte unlängst über schlechte Arbeitsbedingungen. "Die Produktionshallen sind sehr schmutzig", sagte ein 25-jähriger Arbeiter, der in der Qualitätskontrolle der iPads tätig war. Ein Besuch der Fabrik bestätigt diesen Eindruck: Die Straßen zwischen den Hallen, in denen die Produktion bereits läuft, sind teilweise noch nicht asphaltiert, sondern Schlammpisten. An vielen Stellen liegen Stahlträger und anderes Baumaterial herum, weil weitere Hallen hochgezogen werden.

Familienangehörige trauern um ein Unfallopfer in Chengdu (Foto: Sacom)
Familienangehörige trauern um ein Unfallopfer in ChengduBild: Sacom

Dass aus diesem Nebeneinander von Bau und Produktion Sicherheitsprobleme resultieren können, glaubt auch die Hongkonger Organisation SACOM (Studenten und Wissenschaftler gegen das Fehlverhalten von Unternehmen). Auf die schlechte Lüftung und die hohe Staubbelastung in dem Teil der Fabrik, in dem nun offenbar die Explosion stattgefunden hat, hätten Kritiker bereits vor Monaten hingewiesen.

Außerdem halte der Aufbau der Sozialinfrastruktur mit dem Wachstum der Fabrik nicht Schritt. "Die Kantinen sind zu klein und überfüllt", berichteten Arbeiter gegenüber DW-WORLD.DE. Die Zimmer in den Wohnheimen außerhalb der Fabrik seien mit jeweils acht Personen überbelegt.

Foxconn-Manager räumt Verstoß gegen das Arbeitsgesetz ein

Foxconn-Manager Louis Woo bestätigte im Interwiew mit DW-WORLD.DE, dass seine Mitarbeiter mehr Überstunden leisten, als dies das chinesische Arbeitsgesetz erlaubt. Laut Gesetz ist die Zahl der monatlichen Überstunden auf 36 begrenzt, wohingegen Foxconn-Arbeiter 80 und mehr Überstunden pro Monat leisten. Woo führt dies auf die große Nachfrage nach Foxconn-Produkten zurück. Um die hohe Zahl der Überstunden zu reduzieren, "bauen wir mehr Fabriken, errichten in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden mehr Infrastruktur und stellen mehr Leute ein", rechtfertigt sich Woo.

Polizei und Feuerwehr haben den Unfallort in Chengdu weiträumig gesperrt. (Foto: Sacom)
Polizei und Feuerwehr haben den Unfallort in Chengdu weiträumig gesperrt.Bild: Sacom

Viele Arbeiter sind offenbar weniger begeistert. In den Fabriken herrsche oftmals eine fast militärische Disziplin. Die Beschäftigten dürften sich kaum miteinder unterhalten. Die Löhne reichten zwar knapp fürs Leben, ermöglichten aber nicht die Gründung einer eigenen Familie. Der 12-Stunden-Arbeitstag lasse wenig Platz für Freizeit. Und der Widerspruch zwischen dem eigenen kärglichen Dasein und dem umgebenden Reichtum des 21. Jahrhunderts erzeuge bei vielen Beschäftigten eine große Verbitterung.

Autor: Hannes Koch
Redaktion: Hao Gui