1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

US-Nahostgesandter Mitchell gibt auf

14. Mai 2011

Er hielt keinen Konflikt für unlösbar. Aber nach zwei Jahren Frust über den stockenden Friedensprozess wirft George Mitchell, der amerikanische Sondergesandte für den Nahen Osten, nun das Handtuch.

https://p.dw.com/p/11Fpo
George Mitchell (Foto: AP)
Hat genug von der Nahost-Diplomatie: George MitchellBild: AP

Mit George Mitchell, dem krisenerfahrenen ehemaligen Senator aus dem Bundesstaat Maine, verliert US-Präsident Barack Obama ein diplomatisches Schwergewicht. Mitchell sei einer der "besten Staatsdiener", die Amerika je gehabt habe, würdigte Obama den 77-Jährigen. Mitchell hatte dem Weißen Haus zuvor mitgeteilt, er werde sein Amt als Sondergesandter für den Nahen Osten am 20. Mai niederlegen. Ursprünglich habe er - so Mitchell - nur zwei Jahre als Sondergesandter dienen wollen. "Nun sind mehr als zwei Jahre vergangen, hiermit trete ich zurück", schrieb er an Obama. Weitere Gründe für seinen Entschluss nannte Mitchell nicht.

Unermüdlich

George Mitchell und Mahmud Abbas (Foto: AP)
Mitchell mit Palästinenser-Präsident Mahmud AbbasBild: AP

Bei seiner Berufung zum Nahost-Gesandten unmittelbar nach Obamas Amtsantritt 2009 hatte Mitchell noch erklärt: "Es ist meine Überzeugung, dass es keinen Konflikt gibt, den man nicht beenden kann." Doch in den vergangenen zwei Jahren hatte er vergeblich versucht, die eingeschlafenen Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern wieder richtig in Schwung zu bringen: Unermüdlich reiste der US-Diplomat zu Gesprächen mit den Protagonisten des Konflikts, bekniete die israelische Regierung und die palästinensische Autonomiebehörde.

Zwischenzeitlich konnte Mitchell sogar einen Erfolg verbuchen: Seine Bemühungen mündeten im September 2010 in die ersten direkten Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern seit fast zwei Jahren. Beide Seiten hatten aber zuvor bereits rote Linien gezogen: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verlangte von den Palästinensern einen Gewaltverzicht und die Anerkennung Israels als jüdischen Staat. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas machte einen völligen Siedlungsstopp im Westjordanland zur Bedingung. Am Siedlungsstreit scheiterten schließlich die Nahost-Gespräche nicht mal einen Monat später, nachdem Israel sich weigerte, ein Baumoratorium zu verlängern. Mitchell bemühte sich fortan weiter, doch sein Terminkalender wurde spürbar leerer.

Dabei kannte sich Mitchell mit schwierigen Aufgaben aus. So führte er einst Nordirland auf den Pfad des Friedens. In den 90er Jahren gelang es ihm dort mit Geduld, Toleranz und Pragmatismus, das Vertrauen von Katholiken und Protestanten gleichermaßen zu gewinnen. Nach Abschluss des sogenannten Karfreitagsabkommens sahen viele den damaligen Nordirland-Sondergesandten Mitchell sogar als würdigen Friedensnobelpreisträger - die Auszeichnung ging 1998 jedoch an die damals maßgeblichen nordirischen Politiker, David Trimble und John Hume.

Unparteiisch

George Mitchell und Benjamin Netanjahu (Foto: AP)
Im Gespräch mit Israels Premier Benjamin NetanjahuBild: AP

Später leitete Mitchell eine internationale Kommission, die die Ursachen der Gewalt im Nahen Osten beleuchtete. Kern des abschließenden "Mitchell-Berichts" war die Forderung nach einem israelischen Siedlungsstopp im Westjordanland und ein Vorgehen der Palästinenser gegen Terrorismus. Der Report erntete Lob für seine Unparteilichkeit und wurde zur Grundlage für Friedensinitiativen. Das US-Magazin "Time" setzte Mitchell 2008 auf die Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt.

Jetzt kommt sein Abgang als Sondergesandter zu einem Zeitpunkt, da die USA den Nahost-Konflikt wieder auf die Agenda setzen. An kommenden Donnerstag (19.05.2011) will Obama eine Rede zu den Umwälzungen in der arabischen Welt halten, einen Tag später empfängt er den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu im Weißen Haus. Doch nach zwei Jahren ohne durchschlagenden Vermittlungserfolg wollte Mitchell die neue Friedensinitiative Obamas wohl nicht mehr begleiten.

Autor: Christian Walz (dpa, afp, dapd)
Redaktion: Siegfried Scheithauer