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Dänemark kontrolliert wieder seine Grenzen

11. Mai 2011

Geht der Traum vom schrankenlosen Europa zu Ende? Während Frankreich neue Schengen-Regeln fordert, macht Dänemark gleich Nägel mit Köpfen. Die Regierung in Kopenhagen beugt sich damit dem Druck der Rechtspopulisten.

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Ein Zöllner kontrolliert an der deutsch-dänischen Grenze während des EU-Gipfels 2002 (Foto: AP)
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Kontrolle an der deutsch-dänischen GrenzeBild: AP

Dänemark will seine Grenzen zu den EU-Nachbarn Deutschland und Schweden wieder regelmäßig kontrollieren. Damit werde in zwei bis drei Wochen begonnen, sagte der dänische Finanzminister Claus Hjort Frederiksen am Mittwoch (11.05.2011) in Kopenhagen. Am Tag vor den EU-Beratungen über die Schengen-Regeln in Brüssel beteuerte der Minister, dass die Entscheidung im Einklang mit dem Grenzabkommen stehe. Demzufolge müssten sich Urlauber oder Pendler aus Deutschland bei ihrer Einreise nach Dänemark auf Kontrollen einstellen.

Kopenhagen: "Kriminelle und Flüchtlinge fernhalten"

Die Minderheitsregierung aus der rechtsliberalen Partei Venstre und der Konservativen Volkspartei beugt sich damit dem Druck der fremdenfeindlichen Dänischen Volkspartei DPP, auf deren Tolerierung sie angewiesen ist. Die Rechtspopulisten wollen mit Grenzkontrollen "Kriminelle" und Flüchtlinge fernhalten und haben dafür in Kopenhagen eine Parlamentsmehrheit hinter sich gebracht.

Blick vom Hafen in Kopenhagen (Foto: Stadt Kopenhagen)
Kopenhagen: "Grenzüberschreitender Kriminalität entgegenwirken"Bild: Morten Jerichau/Wonderful Copenhagen

Finanzminister Frederiksen sagte nun, in den vergangenen Jahren habe es eine Zunahme grenzüberschreitender Kriminalität gegeben, dem entgegengewirkt werden müsse. An der Grenze zu Deutschland werde es deshalb neue elektronische Kontrollvorrichtungen geben sowie Geräte zur Identifizierung von Nummernschildern. Auch die Grenze an der Öresund-Brücke zu Schweden solle kontrolliert werden.

Berlin: "Innen- und parteipolitische Gründe"

Dänemark gehört zu den Unterzeichnern des Schengen-Abkommens, das den freien Reiseverkehr in Europa begründet. Deshalb kann das Land auch keine umfassenden Grenzkontrollen einführen, aber beispielsweise Autos stichprobenartig von Zollbeamten kontrollieren lassen. Die EU-Kommission kommentierte den Beschluss zunächst nicht. Es seien noch genauere Informationen notwendig, hieß es. Auch die Bundesregierung reagierte gelassen. Aus Berliner Regierungskreisen verlautete, allen Anzeichen nach stelle Dänemark das Abkommen über den grenzfreien Schengen-Raum nicht generell infrage. Offensichtlich sei die Entscheidung aus innen -und parteipolitischen Gründen gefallen.

Der Beschluss aus Kopenhagen könnte jedoch die Debatte in der EU um Änderungen der Schengen-Regeln neu anfachen. Das Thema steht am Donnerstag bei einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel auf der Tagesordnung. Angesichts tausender Flüchtlinge aus Nordafrika, die sich seit Beginn der politischen Unruhen in ihren Heimatländern auf den Weg nach Europa gemacht haben, beraten die Innenminister über eine Neuausrichtung der EU-Flüchtlingspolitik.

Deutschland kontrollierte während der Fußball-WM

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström (Foto: AP)
EU-Innenkommissarin Malmström: "Zeitweilige Kontrollen erleichtern"Bild: dapd

Vor allem Frankreich hat sich für neue Schengen-Regeln stark gemacht. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hatte deshalb vorgeschlagen, die zeitweilige Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums zu erleichtern – etwa bei einem plötzlichen Flüchtlingsansturm oder wenn ein Land die EU-Außengrenze nicht kontrollieren kann. Deutschland hatte während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 die Schlagbäume heruntergelassen, um die Einreise von Hooligans zu verhindern.

Dem Schengenraum gehören bis auf Großbritannien, Irland, Bulgarien, Rumänien und Zypern alle EU-Staaten sowie die Schweiz, Norwegen und Island an, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind.

Autor: Rolf Breuch (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Sabine Faber