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Nigeranier gegen Ölkonzern

20. April 2011

Vor einem Jahr löste ein Brand auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" eine gewaltige Ölpest in den USA aus. Auch an Nigerias Küste kommt es regelmäßig zu Ölverschmutzungen. Doch der Widerstand gegen die Konzerne steigt.

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Ölforderanlagen an der nigerianischen Küste mit Tanker im Vordergrund (Foto: dpa)
Ölförderanlagen an der nigerianischen KüsteBild: dpa

Ernst blickt der junge Fischer Alali Efanga in die Kamera. Die Landschaft hinter ihm ist mit Öl verschmutzt. "Meine einzige Lebensgrundlage waren diese Fischgewässer, aber all das wurde zerstört", klagt der Nigerianer. Das Video hat die niederländische Umweltorganisation "Milieudefensie" auf ihre Homepage gestellt. Sie will damit auf das Schicksal von vier Nigerianern aufmerksam machen, die seit Ende 2009 gegen den Ölkonzern Shell vorgehen.

Andere Standards für Afrika?

Bauern auf seinem Feld, dass von einer Ölschicht überzogen ist (Foto: dpa)
Ölschäden richten jedes Jahr enorme Umweltschäden in Nigeria anBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Der Vorwurf: Shell soll Schäden an mehreren Pipelines in Nigeria nicht rechtzeitig behoben haben. Dadurch sei wochenlang Öl ausgelaufen und habe die umliegenden Seen, Felder und auch das Trinkwasser verseucht. Geert Ritsema ist Mitarbeiter bei "Milieudefensie" und leitet die Kampagne. Er fordert, dass Ölkonzerne wie Shell ihre Anlagen in Afrika besser instand halten: "Wir haben nachgewiesen, dass Shell dort bei der Wartung niedrigere Standards anwendet als zum Beispiel in den USA und Europa." Deshalb komme es in Ländern wie Nigeria häufiger zu Schäden und Lecks and den Pipelines, so der Umweltaktivist.

Shell hingegen weist alle Vorwürfe zurück. Nicht fehlende Wartungsarbeiten sondern Sabotage habe zu den Ölverschmutzungen geführt. Näher wolle man sich aber nicht äußern, solange das Verfahren läuft. Und das kann dauern. Fast ein Jahr wurde verhandelt, ob das Gericht in Den Haag überhaupt zuständig ist. Im Mai soll nun entschieden werden, ob der Mutterkonzern Shell direkt für seine Tochterfirma in Nigeria verantwortlich ist.

Ein Kameramann filmt durch Öl zerstörte Mangrovenwälder (Foto: AP)
Ein Kameramann filmt durch Öl zerstörte Mangrovenwälder im Niger-DeltaBild: AP

Im Visier des Parlaments

Doch längst ist der Fall mehr als ein Gerichtsprozess: Shell ist auch ins Visier niederländischer Politiker gerückt. In einer ersten Anhörung im Januar diskutierte das Parlament darüber, wie es den international agierenden Konzern dazu bringen könnte, im Ausland verantwortlicher zu arbeiten. Sjoera Dikkers, Abgeordnete der Niederländischen Arbeiterpartei, ist der Meinung, dass die nigerianische Regierung ihre eigenen Bürger nicht ausreichend schütze: "Deshalb muss es jemand anderes tun. Und ich fühle mich verantwortlich, weil Shell eine niederländische Firma ist".

Siedlung an der Küste im Süden Nigerias (Foto: DW)
Trotz des Ölreichtums prägt Armut die Küste NigeriasBild: DW/Katrin Gänsler

Erste Vorschläge zum Schutz der nigerianischen Bevölkerung vor möglichen Umweltschäden gibt es bereits: Um das internationale Vorgehen von Ölkonzernen besser zu kontrollieren, sollen diese zukünftig alle Vorgänge offenlegen: Wann ist Öl aus einer der Pipelines gesickert? Wer wurde damit beauftragt, den Schaden zu beseitigen? Wie viel Geld erhält die nigerianische Regierung aus der Ölförderung? Nur anhand dieser Informationen könne nachvollzogen werden, ob die Konzerne ihre Menschenrechtsstandards auch in vollem Maße einhielten, sagt Sjoera Dikkers. Und der Druck scheint erste Wirkungen zu zeigen, denn für die Ölkonzerne geht es auch um ihr Image: "Sie werden sicherlich die Standards einhalten, wenn sie wissen, dass wir sie beobachten", so die niederländische Politikerin.

Auch andere europäische Länder wollen nicht mehr länger tatenlos zuschauen, wie heimische Großkonzerne in Afrika und anderswo Standards missachten: Norwegen und Großbritannien haben ebenfalls angefangen, über strengere Gesetze für Ölfirmen zu diskutieren.


Autorin: Elisabeth Jahn

Redaktion: Jan-Philipp Scholz