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"Kontaktgruppe" soll sich um Libyen kümmern

29. März 2011

Die Libyen-Konferenz in London hat ein internationales Gremium zur Beilegung der Krise in dem nordafrikanischen Land eingesetzt. Der Militäreinsatz soll weitergehen, solange die Zivilbevölkerung nicht geschützt ist.

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Politiker nach der Konferenz in London (Foto: AP)
Rund 40 Staaten und Organisationen waren in London vertretenBild: AP

Die militärische Intervention der westlichen Alliierten soll solange fortgesetzt werden, bis Machthaber Muammar al-Gaddafi die UN-Resolution zum Schutz der Zivilbevölkerung einhält. Darauf verständigte sich die Libyen-Konferenz in der britischen Hauptstadt, an der am Dienstag (29.03.2011) Vertreter von mehr als 40 Staaten und Organisationen teilnahmen.

Vereinbart wurde außerdem die Bildung einer sogenannten Kontaktgruppe, die in Zukunft die politischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts zwischen Gaddafi und den Aufständischen koordinieren soll. Über die genaue Zusammensetzung des Gremiums wurde zunächst nichts bekannt.

Die Kontaktgruppe soll sich eng mit den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Konferenz abstimmen. Zudem ist sie für Kontakte mit libyschen Parteien verantwortlich. Das erste Treffen der Gruppe soll so bald wie möglich in Katar stattfinden.

Gaddafi könnte ins Exil gehen

Lybiens Machthaber Muammar al-Gaddafi (Foto: AP/RTP TV)
Was passiert mit dem Diktator?Bild: AP/RTP TV

Umstritten ist weiterhin, wie nach einem möglichen Rücktritt Gaddafis mit dem Diktator umgegangen werden soll. Denkbar wäre ein Gang ins Exil. Als Aufnahmeländer kämen wohl vor allem afrikanische Staaten in Frage.

Während etwa Italien dafür ist, fordern die USA, Großbritannien und Frankreich, dass Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof der Prozess wegen Kriegsverbrechen gemacht wird. Vor der Konferenz hatten Washington und London noch signalisiert, dass für sie eine Exil-Lösung vorstellbar wäre.

Deutschland sagt Unterstützung zu

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte zu Beginn der Konferenz erklärt, die deutsche Regierung sei zu humanitärer Hilfe in Libyen bereit. Dass Deutschland sich nicht militärisch am derzeitigen NATO-geführten Einsatz beteilige, bedeute nicht, dass Berlin in dem Konflikt neutral sei. Man setze auf eine politische Lösung, betonte Westerwelle.

Die libysche Opposition ist nach Westerwelles Darstellung sehr an einem Engagement Deutschlands beim Wiederaufbau nach dem internationalen Militäreinsatz interessiert. Unmittelbar vor dem Londoner Treffen war der Außenminister mit dem Vorsitzenden des libyschen Übergangsrates, Mahmud Dschibril, zusammengekommen.

Dschibril hält sich zwar in London auf, er nahm aber nicht an der Konferenz teil. Außer Westerwelle traf er auch die Außenminister Großbritanniens und der USA, William Hague und Hillary Clinton.

Übergangsrat will demokratische Reformen

Der Übergangsrat der Regimegegner in Libyen veröffentlichte erstmals ein politisches Programm für die Zeit nach dem Abgang Gaddafis. Unter dem Titel "Eine Vision für ein demokratisches Libyen" heißt es in dem Dokument: "Aus den Kämpfen der Vergangenheit haben wir während der dunklen Tage der Diktatur gelernt, dass es keine Alternative gibt zum Aufbau einer freien und demokratischen Gesellschaft und zur Gewährleistung der Vorherrschaft des internationalen humanitären Rechts und der UN-Menschenrechtsdeklaration." Dies könne nur durch Dialog, nationalen Zusammenhalt und die "aktive Teilhabe aller Bürger" erreicht werden.

Der Übergangsrat ist eine Art provisorisches Parlament für das neue Libyen. Er bekennt sich in der Erklärung auch zur Ausarbeitung einer demokratischen Verfassung, freien Wahlen und dem Aufbau eines Rechtsstaats.

Die libysche Opposition hat in der katarischen Hauptstadt Doha einen eigenen Fernsehsender eingerichtet und will so über den Konflikt im eigenen Land berichten. Libya TV arbeitet nach Angaben seiner Initiatoren eng mit dem oppositionellen Nationalen Übergangsrat in Libyen zusammen und sollte in Kürze erstmals auf Sendung gehen. Der Sender werde von einer "Gruppe professionell arbeitender Libyer aus der ganzen Welt und anderer arabischer Experten" geführt, hieß es in der Erklärung der Initiatoren. Katar unterstützt die Opposition in Libyen und ist ebenso wie die Vereinigten Arabischen Emirate auch am internationalen Militäreinsatz in dem nordafrikanischen Land beteiligt.

Kampf um Sirte gilt als entscheidend

Schwer bewaffnete libysche Rebellen vor ihrem Fahrzeug (Foto: dpa)
Schwer bewaffnet schlagen sich die Aufständischen Richtung Westen durchBild: picture alliance/dpa

In Libyen selbst haben die Truppen Gaddafis den Vormarsch der Aufständischen vorerst aufgehalten. Die Soldaten eroberten am Dienstag den kleinen Ort Naufalija nach schwerem Artillerie- und Raketenbeschuss zurück. Damit wurde der Vorstoß der Rebellen auf die 120 Kilometer westlich gelegene Küstenstadt Sirte gestoppt. Sirte ist sowohl von strategischer als auch von symbolischer Bedeutung. Es handelt sich um die Geburtsstadt Gaddafis.

Ohne Luftunterstützung scheinen die Aufständischen derzeit nicht in der Lage zu sein, ihre Stellungen zu halten oder Geländegewinne zu machen. Nach Ansicht von Beobachtern wird sich bei der Schlacht um Sirte entscheiden, ob die Rebellen zu weiteren Vorstößen in Richtung Tripolis, dem Machtzentrum Gaddafis, in der Lage sind.

Heftige Kämpfe wurden auch aus der Rebellen-Enklave Misrata in dem von Gaddafi beherrschten Westen des Landes gemeldet. Regierungstruppen versuchen seit Tagen, die Oberhand über die drittgrößte Stadt des Landes zu gewinnen. Die US-Armee setzte nach eigenen Angaben drei libysche Schiffe außer Gefecht, die Frachtschiffe vor dem Hafen beschossen hatten.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Marko Langer