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Abschaffung der Todesstrafe kommt voran

28. März 2011

Weniger Hinrichtungen weltweit und mehr Staaten, die die Todesstrafe nicht vollstrecken - das ist die jüngste Bilanz der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Aber es gibt auch Rückschritte.

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Symbolbild Galgen (Archivfoto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sie verstößt gegen das Recht jedes Menschen auf Leben, das es auch dann zu wahren gilt, wenn es sich um einen verurteilten Schwerverbrecher handelt. Die Todesstrafe soll kein Mittel des Staates zur Bestrafung sein - das fordern nicht nur Menschenrechtsorganisationen und Politiker, sondern auch Wissenschaftler. Die Abschreckung vor weiteren Gewalttaten, die von Anhängern der Todesstrafe immer wieder vorgebracht wird, ist wissenschaftlich längst widerlegt. 139 Staaten haben sie deshalb inzwischen per Gesetz abgeschafft oder in der Praxis ausgesetzt, wie jüngst Gabun und die Mongolei. "Wer im 21 Jahrhundert noch Menschen hinrichtet oder zum Tode verurteilt, ist international zunehmend isoliert", sagt Oliver Hendrich von Amnesty International.

Infografik Todesstrafe weltweit (Grafik: DW)

Weiterhin dramatische Lage in einigen Ländern

Dennoch hat die international tätige Menschenrechtsorganisation auch im vergangenen Jahr mindestens 527 Hinrichtungen in 23 Ländern dokumentiert. Nicht mitgerechnet ist in dem am Montag (28.03.2011) veröffentlichten Jahresbericht China, das seine Angaben zur Todesstrafe geheim hält. Nach Schätzungen sind jedoch mehrere tausend Menschen im Jahr 2010 im Auftrag des Staates getötet worden.

Auch im Iran schätzt Amnesty die Lage dramatisch ein. Bei der bekannt gewordenen Anzahl von 252 Hinrichtungen handele es sich um eine Mindestangabe, vermutlich seien es mehr. Hier liegen die Hoffnungen auf dem in der vergangenen Woche vom UN-Menschenrechtsrat in Genf erstmals eingerichteten Sondermandat für den Iran. Interne Beobachter erwarten, durch erhöhten internationalen Druck eine Verbesserung der Menschenrechtslage erreichen zu können.

Infografik Hinrichtungen im Auftrag des Staates (Grafik: DW)

Weißrussland kehrt zur Todesstrafe zurück

Trotz des ansonsten weltweit wachsenden Trends zur Abschaffung der Todesstrafe nennt Amnesty in seinem aktuellen Bericht auch Rückschritte. In Europa, das mit einer Ausnahme in allen Ländern inzwischen auf die drastische Strafe per Gesetz verzichtet, nahm als einziges Land Weißrussland die menschenrechtswidrige Praxis wieder auf. In seinen Gefängnissen droht derzeit drei Menschen die Hinrichtung.

Aber auch andere Staaten machten frühere Entscheidungen gegen die Todesstrafe wieder rückgängig. In Pakistan droht sie seit 2008 für sogenannten Cyber-Terrorismus, also Straftaten mit Hilfe von Computern gegen die nationale Sicherheit und bei denen Menschen ums Leben kommen. Und auch in sechs Bundesstaaten in Nigeria wurde als Reaktion auf die angespannte Sicherheitslage im Nigerdelta 2009 die Todesstrafe auf Entführungen ausgeweitet.

Hinrichtungen wegen Drogenhandels

In Thailand wurden nach fast sechsjähriger Unterbrechung im August 2009 wieder zwei Menschen hingerichtet. Auch in Taiwan und im palästinensischen Gazastreifen wurden laut Amnesty 2010 wieder Menschen exekutiert.

Todesurteile werden nicht nur wegen gewalttätiger Verbrechen, sondern zunehmend auch wegen Drogenhandels, Korruption und Steuerhinterziehung ausgesprochen, so lautet eine weitere Beobachtung von Amnesty International. So zum Beispiel in Südost-Asien und China, aber auch in Ägypten. In Saudi-Arabien kann sogar Homosexualität mit dem Tode bestraft werden.

Todesstrafe für politische Gegner

Besonders besorgt zeigt sich die internationale Menschenrechtsorganisation angesichts der für politische Zwecke eingesetzten Todesstrafe. Um politische Gegner zum Schweigen zu bringen oder um politische Ziele durchzusetzen, seien vor allem in China, im Iran und im Sudan viele Menschen hingerichtet worden, nach ihrer Verurteilung in zum Teil grob unfairen Gerichtsverfahren. Die international anerkannten Mindeststandards seien nicht eingehalten worden.

Opfer solcher Praktiken waren laut Amnesty International in den genannten Ländern, aber auch anderswo, überdurchschnittlich oft arme Menschen ohne das nötige Geld, um sich juristisch gegen unfaire Verfahren wehren zu können. Besonders oft betroffen waren nach Amnesty Angaben auch solche, die in ihren Gesellschaften aufgrund ihrer Hautfarbe, Nationalität oder Religion diskriminiert würden.

Autorin: Ulrike Mast-Kirschning
Redaktion: Frank Wörner