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Japan kämpft weiter gegen möglichen Super-Gau

19. März 2011

Die Japaner kämpfen weiter fieberhaft gegen einen drohenden Super-Gau im Atomkraftwerk in Fukushima. Die große Frage bleibt, ob die komplizierten Kühlkreise der Reaktoren wieder in Gang kommen.

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Luftaufnahme des havarierten Atomkraftwerks Fukushima (Foto: AP)
Kommt es in Fukushima zum größten anzunehmenden Unfall?Bild: AP

In dem schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 ist es Technikern gelungen, eine Stromleitung zum Kühlsystem von Reaktor 2 zu verlegen. Sollten keine weiteren Probleme auftauchen, könne das Kühlsystem am Sonntagmorgen ans Stromnetz angeschlossen werden, sagte ein Sprecher der japanischen Behörde für Atomsicherheit am Samstagabend (19.03.2011, Ortszeit). Anschließend könnten dann die Blöcke 3 und 4 folgen.

Der Reaktorblock 3 gilt als besonders problematisch, weil er Plutonium enthält, das zu den gefährlichsten radioaktiven Stoffen gehört. Japans Regierung teilte am Samstagmittag (Ortszeit) mit, an dem Reaktor sei eine Verbesserung zu beobachten. "Wir glauben derzeit, dass sich die Situation stabilisiert hat", sagte Regierungssprechers Yukio Edano. Die Kühlaktionen von außen hätten eine Wirkung gehabt. Es sei mehr Wasser in Reaktor 3 festgestellt worden. Zuvor hatte bereits die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) von einer gewissen Stabilisierung der Lage in Fukushima gesprochen. "Es ist weiterhin sehr ernst, aber es ist nicht bedeutend schlimmer geworden", sagte IAEA-Experte Graham Andrew am Freitag.

Strahlungs-Limit für Arbeiter erhöht

Feuerwehrautos auf dem Gelände des Atomkraftwerks Fukushima (Foto: AP/Kyodo News)
Wasserwerfer der Feuerwehr waren in den vergangenen Tagen permanent im EinsatzBild: AP/Kyodo News

Die Betreiberfirma Tepco erhöhte dennoch die Obergrenze für die Strahlenbelastung der Arbeiter erneut auf nun 150 Millisievert pro Noteinsatz. Davor waren 100 Millisievert pro Schicht das Limit gewesen. Zum Vergleich: In Deutschland gelten 150 Millisievert über eine Spanne von 150 Jahren als gerade noch verträglich.

Insgesamt setzt die Betreiberfirma Tepco etwa 120 Arbeiter in der havarierten Anlage ein. Darunter sind nach Angaben von Unternehmenssprecher Naoki Sunoda auch erfahrene Spezialisten anderer Stromkonzerne.

Was sich genau in dem Kraftwerk abspielt, wird nicht bekanntgegeben. Nach einem Treffen mit dem Generaldirektor der IAEA, Yukiya Amanoan, kündigte der japanische Ministerpräsident Naoto Kan an, er wolle der internationalen Gemeinschaft künftig mehr Informationen zur Verfügung stellen.

Betonhülle wie in Tschernobyl?

Offenbar gibt es bei den Behörden auch erste Überlegungen, die Atomruine Fukushima zu einem späteren Zeitpunkt mit Sand und Beton einzuhüllen. Unter einem solchen "Sarkophag" war das Atomkraftwerk in Tschernobyl nach der Reaktorkatastrophe vom April 1986 begraben worden.

Im Moment sei dies allerdings keine realistische Option, erklärte die NISA. Der Reaktor ist noch so heiß, dass aus Sand theoretisch Glas werden könnte und die Aufschüttung einer stabilen Betonhülle damit für Wochen oder Monate unmöglich würde. Allein das Nachdenken über einen Sarkophag könnte aber ein Hinweis darauf sein, dass mit einem Scheitern aller Rettungsversuche gerechnet wird.

Notaufnahmelager in der Provinz Miyagi (Foto: AP)
Notaufnahmelager in der Provinz MiyagiBild: AP

Ein banger Blick richtet sich auf das Wetter in Japan: Zu Beginn der kommenden Woche könnte der Wind die gefürchtete Strahlung von Fukushima in Richtung der Hauptstadt Tokio treiben. Wie weit sich die Radioaktivität tatsächlich ausbreiten kann, lässt sich Meteorologen zufolge noch nicht einschätzen.

Mehr als 7000 Tote geborgen

Die offizielle Zahl der Opfer des für den AKW-Unfall mit verantwortlichen Erdbebens vor acht Tagen und des darauf folgenden Tsunamis steigt derweil stetig an. Die Polizei bezifferte die Toten inzwischen auf fast 7200. Außerdem würden immer noch fast 11.000 Menschen vermisst

Damit hat die Katastrophe mehr Menschenleben gefordert als das Erdbeben, das am 17. Januar 1995 die japanische Hafenstadt Kobe verwüstete. Damals starben etwa 6400 Menschen.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, rtr, dapd, dpa)
Redaktion: Martin Schrader