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Daniel Ortega klammert sich an die Macht

1. März 2011

Der Präsident von Nicaragua tritt bei den Wahlen im November erneut an. Seine Kandidatur ist jedoch nicht zulässig. Opposition, katholische Kirche, aber auch ehemalige Weggefährten warnen vor einem Verfassungsbruch.

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Der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega (Foto: AP)
Präsident Daniel Ortega will in Nicaragua weiterhin an der Macht bleibenBild: AP

Zumindest in den eigenen Reihen ist die Zustimmung ungebrochen: Per Akklamation bestimmten die 1119 Teilnehmer des Kongresses der linksgerichteten Sandinistischen Befreiungsfront in Managua Daniel Ortega zu ihrem Kandidaten für die anstehende Präsidentschaftswahl im Herbst in Nicaragua. Ortega will damit die Macht der regierenden "Frente Sandinista de Liberación Nacional" (FSLM) für eine weitere Amtsperiode sichern. Der frisch im Amt bestätigte Generalsekretär der Sandinisten kündigte an, seinen "anti-imperialistischen Weg" fortzusetzen. Von 1985 bis 1990 bekleidete Ortega schon einmal das Amt des Präsidenten in Nicaragua. Im November 2006 feierte er sein Comeback und wurde zum zweiten Mal in seiner politischen Karriere zum Präsidenten gewählt.

Empörung über verfassungswidrige Kandidatur

Anhänger der regierenden sandinistischen Partei FSLM schwingen Fahnen zum Zeichen der Unterstützung für Präsident Daniel Ortega (Foto: AP)
Anhänger der regierenden FSLM halten noch zu Daniel OrtegaBild: AP

Im ganzen Land ist die Entrüstung über das Vorgehen der Sandinisten groß. Die nicaraguanische Verfassung schließt eine erneute Kandidatur eigentlich kategorisch aus. "Nein zur Wiederwahl - Diktatur" pinselten Gegner des Präsidenten in großen Buchstaben auf die Mauer des Gebäudes, in dem der Oberste Wahlrat (CSE) in Managua seinen Sitz hat. Die Opposition kündigte für die nächsten Wochen Protestmärsche an.

Laut gültiger Verfassung dürfte Ortega beim für den 6. November angesetzten Urnengang nicht mehr antreten; eine zweite Präsidentschaft ist in den Bestimmungen ausdrücklich ausgeschlossen. Doch Ortega hatte bereits vor Wochen politisch vorgebaut und den entsprechenden Verfassungsartikel durch den von Sandinisten dominierten Wahlrat ändern lassen. Die Opposition tobte und warf dem Staatschef Verfassungsbruch vor. Eine durch das Parlament abgesegnete Verfassungsänderung wagte Ortega angesichts einer fehlenden Zwei-Drittel-Mehrheit nicht.

Kritik von einstigen Ortega-Getreuen

Vor allem die katholische Kirche geht auf Distanz zu Ortega. Der prominente Weihbischof Silvio Baez, vor wenigen Wochen von einer Tageszeitung zur "Person des Jahres" in Nicaragua gekürt, kritisierte die erneute Kandidatur des amtierenden Staatspräsidenten Daniel Ortega scharf. Dieser Schritt sei "illegal und verfassungswidrig", sagte Baez dem TV-Sender "Canal 12". Der Weihbischof von Managua verwies darauf, dass die nicaraguanische Bischofskonferenz bereits mehrfach kritisiert habe, dass eine zweite Kandidatur von der Verfassung nicht gedeckt sei. Noch drastischer hatte sich bereits zu Beginn der Debatte über eine Wiederwahl Ortegas Bischof Juan Abelardo Mata Guevara geäußert: "Die traurige Wahrheit ist, dass die Verfassung für die Regierenden nur noch ein Stück Toilettenpapier ist."

Auch bei ehemaligen Weggefährten stößt Ortegas erneute Kandidatur auf Kritik. Henry Ruiz, Ex-Vorstandsmitglied der FSLN, verurteilte Ortegas Ambitionen: “Die Verfassung schließt eine Wiederwahl aus. Ortega darf aus juristischer Sicht nicht wieder als Kandidat für seine Partei kandidieren. Dies zu missachten ist kriminell und nicht legitim.“

Nicaragua über Ortega zerstritten

Ortega vertieft mit seinem Schritt die Spaltung der nicaraguanischen Gesellschaft. Spätestens seit den umstrittenen Kommunalwahlen im November 2008 scheint die Kluft zwischen Anhängern und Gegnern der Sandinisten unüberbrückbar. Mit zweiwöchiger Verspätung gab der Oberste Wahlrat damals den höchst umstrittenen Sieg der regierenden Sandinisten bekannt. Nach Einschätzung unabhängiger Beobachter war es damals zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen. Oppositionsparteien sprachen offen von Wahlbetrug. Wochenlange Unruhen stürzten Nicaragua ins Chaos.

Trotz der Vorfälle veränderte Ortega die Zusammensetzung des obersten Wahlrats nicht und überlässt der nahezu unveränderten Führung des Gremiums die Organisation und die Überwachung der Präsidentschaftswahlen im November. Internationale Wahlbeobachter will Ortega dagegen nicht zulassen.

Ortega auf politischen Abwegen?

Daniel Ortega überreichte Margot Honecker 2008 den "Ruben Dario-Orden für kulturelle Unabhängigkeit" (Foto: AP)
Daniel Ortega überreichte Margot Honecker 2008 den "Ruben Dario-Orden für kulturelle Unabhängigkeit"Bild: picture-alliance /dpa

Ortega scheute es nicht, sich immer wieder hinter umstrittene Politiker zu stellen. Erst vor wenigen Tagen sagte er Libyens Machthaber Muammar Gaddafi öffentlich seine Unterstützung zu. Vor knapp zwei Jahren lud er die Ehefrau des ehemaligen Staats- und Parteichefs der DDR, Erich Honecker, nach Managua ein. Aus Anlass der Feierlichkeiten zum Sturz des Regimes von Diktator Anastasio Somoza erhielt Margot Honecker stellvertretend für ihren verstorbenen Mann den die "Rubén Diarío"-Medaille. Als Ortegas engster Verbündeter in Lateinamerika gilt Venezuelas Staatschef Hugo Chávez, der in den letzten Tagen ebenfalls seine Solidarität mit dem libyschen Revolutionsführer Gaddafi bekundet hatte.

Autor: Tobias Käufer

Redaktion: Mirjam Gehrke